FAQ
Längere Liste - per Verordnung:Sichere Herkunftsländer: Das plant Schwarz-Rot
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Die Regierung will die Liste sicherer Herkunftsstaaten verlängern - und das künftig per Verordnung, ohne Bundesländer. Der Bundestag befasst sich heute mit den Plänen.
Im Zuge ihrer verschärften Migrationspolitik will die Koalition auch die Liste sicherer Herkunftsländer ausweiten. Das soll künftig per Verordnung möglich sein, ohne Parlamentsbeschluss. Der Bundestag befasst sich am Donnerstag erstmals mit den Plänen. Darum geht's:
Was sind sichere Herkunftsstaaten?
Als sichere Herkunftsstaaten gelten laut Asylgesetz Länder, in denen angesichts der allgemeinen Lage davon ausgegangen werden kann, dass dort keine Verfolgung zu befürchten ist. Derzeit sind zehn Länder als sichere Herkunftsstaaten festgelegt: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Moldau, Montenegro, Senegal und Serbien.
Was bedeutet das für Geflüchtete?
Anträge auf Asyl oder Schutz in Deutschland sind bei Menschen aus diesen Staaten als "offensichtlich unbegründet abzulehnen" - außer die Betroffenen können das Gegenteil beweisen. Das Recht auf eine individuelle Prüfung eines Asyl- oder Schutzgesuchs bleibt deshalb unberührt.
Die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten führe "zu beschleunigten Asyl- und Asylgerichtsverfahren", heißt es im Gesetzentwurf. Wird der Antrag zurückgewiesen, sind etwa Rechtsbehelfsfristen verkürzt, Rückführungen können schneller stattfinden. Zudem gelten für die Betroffenen strengere Wohnsitzverpflichtungen und Arbeitsverbote während des Asylverfahrens.
Was plant die Regierung?
Der Koalitionsvertrag sieht eine Erweiterung der Liste vor. "Wir beginnen mit der Einstufung von Algerien, Indien, Marokko und Tunesien", heißt es. "Insbesondere Staaten, deren Anerkennungsquote seit mindestens fünf Jahren unter fünf Prozent liegt, werden als sichere Herkunftsstaaten eingestuft."
Wer legt die Herkunftsländer fest?
Bislang befinden darüber Bundestag und Bundesrat - in der Länderkammer hatte es aber häufig Widerstand vor allem von grün-mitregierten Ländern gegeben. Die Bundesregierung will die Festlegung künftig per Rechtsverordnung ermöglichen und geht nicht davon aus, dass der Bundesrat dieser Änderung zustimmen muss. Die bisherige Regelung bleibe unangetastet, so die Argumentation, denn: Es gehe um Staaten, bei denen in der Regel kein Asyl gewährt werde, sondern bestenfalls ein Schutz nach internationalem Recht. In diesen Fällen könne das Verfahren zur Festlegung sicherer Herkunftsstaaten auch abweichen.
Kritiker werfen der Regierung vor, sie wolle das Grundgesetz umgehen. Im Verfassungsartikel 16a sei ausdrücklich festgelegt, dass die Festlegung sicherer Herkunftsländer "der Zustimmung des Bundesrates bedarf". Pro Asyl kritisiert, die Bundesregierung wolle sich "eines unliebsamen politischen und vor allem demokratischen Prozesses" entledigen.
Worum geht es in dem Gesetzentwurf noch?
Mit dem Gesetzentwurf soll auch die unter Rot-Grün eingeführte Regelung aufgehoben werden, die eine verpflichtende Bestellung eines Rechtsbeistands in Fällen von Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam vorsieht. Der entsprechende Passus im Aufenthaltsgesetz soll gestrichen werden. Ziel sei die "Steigerung der Zahlen der Rückführung ausreisepflichtiger Personen", heißt es im Gesetzentwurf.
Was sagen Migrantenorganisationen?
Die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen kritisiert, das Konzept sicherer Herkunftsstaaten widerspreche dem Kern des Asylrechts. "Schutz ist ein individuelles Menschenrecht - keine Frage des Herkunftsstaates." Wer zudem Menschen inhaftiere, ohne ihnen einen Anwalt zur Seite zu stellen, verlasse "den Boden des Rechtsstaats"
Welche Maßnahmen verfolgt die Regierung darüber hinaus?
Die Zahlen sprächen für sich, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt im Bundestag mit Blick auf die gesunkene Zahl an Asylanträgen. Die nationalen Projekte der Regierung spielten dabei eine entscheidende Rolle: die Zurückweisungen an den Grenzen, die Aussetzung des Familiennachzugs für Menschen mit einem niedrigeren Schutzstatus und das Ende einer Schnell-Einbürgerung. "Wir gehen diesen Weg ganz konsequent weiter", sagte der der CSU-Politiker unter anderem mit Blick auf die Herkunftsstaaten-Pläne.
Quelle: AFP, KNA, Reuters, dpa, epd
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