Flüchtlinge in Deutschland:Für wen Familiennachzug ausgesetzt werden soll
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Der Bundestag soll heute die Aussetzung des Familiennachzugs für bestimmte Flüchtlinge beschließen. Wer davon betroffen ist und was hinter dem Gesetzentwurf steckt.
Der Bundestag soll heute die zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge ohne Asylstatus beschließen. Dies ist eine von mehreren Maßnahmen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), um die Migrationszahlen in Deutschland zu senken. Worum es geht und warum das Vorgehen umstritten ist:
Um welche Flüchtlinge geht es?
Es geht um Familienangehörige von sogenannten subsidiär Schutzberechtigten. Dies sind Menschen, die in Deutschland weder im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention noch als Asylberechtigte anerkannt wurden, aber aus anderen Gründen bleiben dürfen. Dies ist der Fall, wenn ihnen im Heimatland Folter, Todesstrafe oder unmenschliche Behandlung drohen. Betroffen sind häufig Bürgerkriegsflüchtlinge.
Wie wurde der Familiennachzug bisher genutzt?
Über den Familiennachzug können sehr enge Angehörige, also Ehegatten, minderjährige ledige Kinder und Eltern von minderjährigen Kindern, ein Visum beantragen. Zuletzt gab es ein Kontingent von bis zu 1.000 solchen Zuzügen pro Monat.
Die Vergabe der Plätze erfolgt über das Visumverfahren, die Anträge müssen also bei den deutschen Botschaften oder Generalkonsulaten im Ausland gestellt werden. Diese und die in Deutschland zuständige Ausländerbehörde prüfen dann, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Wurde das Kontingent ausgeschöpft?
Ja. Im vergangenen Jahr seien weltweit rund 12.000 Visa über das Instrument des Familiennachzugs ausgestellt worden, heißt es im Gesetzentwurf, 2023 waren es demnach 11.630. Wie es aus dem Auswärtigen Amt hieß, waren es im laufenden Jahr bisher rund 5.760 - im vergangenen Jahr im gleichen Zeitraum 6.148. Die meisten davon kamen 2024 und 2025 aus Syrien, Somalia, Jemen, Afghanistan und Eritrea.
Familiennachzug: Visa für Angehörige
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Wie viele Menschen in Deutschland sind von der Aussetzung betroffen?
Zum Stichtag 31. März 2025 lebten insgesamt 388.074 Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis zum subsidiären Schutz in Deutschland, die meisten davon aus Syrien. Sie könnten grundsätzlich Familienangehörige nachholen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Asylanträge pro Jahr
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"Wie viele dieser Personen bereits in der Kernfamilie in Deutschland leben und keinen Familiennachzug mehr geltend machen können, ist nicht bekannt", steht im Gesetzentwurf. Demnach wird angenommen, dass sich pro Jahr 50.000 Menschen auf Wartelisten für den Familiennachzug registrieren.
Was spricht für und was gegen den Familiennachzug?
Der ursprüngliche Gedanke beim Familiennachzug war ein humanitärer: Kinder sollten nicht von ihren Eltern getrennt aufwachsen, Ehepaare nicht dauerhaft in unterschiedlichen Ländern leben müssen. Die Befürworter sehen darin auch einen Beitrag zur Integration von Geflüchteten in Deutschland: Wer sein direktes familiäres Umfeld nah bei sich hat, könnte sich der Gesellschaft und dem Staat eher zugehörig fühlen als diejenigen, die ganz ohne Familie hier leben.
Entscheidungen über Asylanträge
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Gegner des Familiennachzugs weisen aber darauf hin, dass die Kapazitäten für Wohnraum und Integrationsprogramme in den Kommunen ausgeschöpft sind. Zudem halten Kritiker das Instrument für einen sogenannten Pull-Faktor, der weitere Anreize zur Migration nach Deutschland aus Bürgerkriegsländern schafft.
Soll es Ausnahmen geben?
Ausnahmen für Härtefälle soll es fortan weiterhin geben. Dobrindt nannte etwa Situationen, in denen Familienangehörige "dringende medizinische Versorgung brauchen, die ihnen in ihrem Heimatland nicht gewährt werden kann".
Das Deutsche Institut für Menschenrechte kritisiert jedoch, dass es keine Übergangsregelung für Menschen gibt, "die bereits in einem laufenden Visumverfahren sind oder seit Monaten auf Terminwartelisten bei den Botschaften stehen. Für sie würde das Verfahren abgebrochen und für mindestens zwei Jahre auf Eis gelegt."
Wie hoch sind die erwarteten finanziellen Einsparungen?
Mit der Aussetzung des Familiennachzugs fallen Kosten für Unterkunft, Versorgung oder auch Integrationskurse weg. Im Gesetzentwurf werden die Einsparungen für das laufende Jahr auf 3,2 Millionen Euro geschätzt, für 2026 dann auf 26,8 Millionen Euro und für 2027 auf 46,2 Millionen Euro. Einsparungen bei der Grundsicherung "in geringer Höhe" wurden dabei noch nicht eingerechnet, sie können demnach nicht beziffert werden.
Quelle: AFP
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