Junge Union und Rente: Der Scherbenhaufen des Friedrich Merz

Analyse

Deutschlandtag der Jungen Union:Der Scherbenhaufen des Friedrich Merz

Mathis Feldhoff

von Mathis Feldhoff

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Ein beschädigter Kanzler Merz, eine verärgerte Parteijugend und ein stichelnder Markus Söder - was bleibt nach dem Rentenstreit vom Deutschlandtag der Jungen Union? Eine Bilanz.

Ein Teilnehmer hält beim Deutschlandtag der Jungen Union ein Plakat zum Rentenpaket hoch.

Anfang Dezember soll das Rentenpaket in den Bundestag. Doch nach dem Widerstand der Jungen Union nimmt auch in der CDU die Kritik zu.

16.11.2025 | 1:49 min

Am Tag nach dem großen Krach in der Debatte über das Rentenpaket der Koalition verzieht sich der Pulverdampf zwar langsam, mehr Durchblick gibt es allerdings kaum. Noch immer rätselt die Junge Union darüber, was Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eigentlich dazu bringt, sich auf die Seite der Sozialdemokraten zu stellen, und wie er - den sie sonst frenetisch feiern - sich so herablassend gegenüber seiner eigenen Jugendorganisation verhalten kann.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) auf der Bühne.

Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union wirbt Kanzler Merz für das Rentenpaket der Koalition. Doch die JU droht mit einer Blockade.

15.11.2025 | 2:47 min

Was bleibt, ist ein kollektives Kopfschütteln. In bisher nicht gekannter Form hatte Merz die Delegierten am gestrigen Samstagmorgen abgewatscht, ihnen falsche Zahlen vorgehalten und gefragt, ob das jetzt ein "Unterbietungswettkampf" um das niedrigste Rentenniveau werden solle. Sichtlich verärgert rief der Kanzler in den Saal:

Das kann doch wohl nicht euer Ernst sein.

Friedrich Merz, Bundeskanzler

Schaltgespräch zwischen D. Hayali und M. Feldhoff

"Es könnte sein, dass diese Koalition jetzt in eine Krise schlittert", sagt ZDF-Korrespondent Feldhoff zum Streit über das Rentenpaket zwischen Kanzler Merz und der Jungen Union.

15.11.2025 | 1:06 min

Winkel: Wer das beschließt, braucht keine Rentenkommission

Dabei hatte die Junge Union in der Debatte weder mit einem deutlich sinkenden Rentenniveau argumentiert noch mit Phantomzahlen hantiert. Sie kritisierte lediglich einen Passus im vorliegenden Rentenpaket der Koalition: die ihrer Meinung nach nicht vom Koalitionsvertrag gedeckte Fortschreibung des Rentenniveaus, das auch nach 2031 bei 48 Prozent liegen soll, und die daraus resultierenden Folgekosten von 120 Milliarden Euro aus der Steuerkasse. Laut geltender Gesetzeslage würde das Rentenniveau ohne diese Fortschreibung auf 47 Prozent sinken - ein bereits verankerter Dämpfungsfaktor.

Wer die Nicht-Absenkung jetzt schon zementiere, brauche keine Rentenkommission mehr, meint JU-Chef Johannes Winkel. Diese geplante Kommission soll eigentlich einen Vorschlag für eine generationengerechte Rente nach 2031 entwickeln. Wahrscheinlich wäre der Streit deutlich weniger dramatisch, wenn die 18 jungen Abgeordneten nicht mit einem "Nein" zum Rentenpaket im Bundestag drohen und damit die Mehrheit der Koalition gefährden würden.

Themenfoto zum Gesetzentwurf im Kabinett: Wie die Rente stabil bleiben soll

Die jungen Abgeordneten der Union drohen, das Rentenpaket im Bundestag zu blockieren. Sie kritisieren vor allem hohe Folgekosten.

14.10.2025 | 1:35 min

Ein Scherbenhaufen und eine vergrätzte Parteijugend

Friedrich Merz hinterlässt mit seinem Auftritt einen Scherbenhaufen. Nicht nur, dass er aus Sicht der Jungen eine falsche SPD-Position verteidigt, sondern er vergrätzt damit ausgerechnet die Parteijugend, die bisher zu seinen treuesten Fans gehörte.

Dass es auch anders geht, zeigt der zweite Parteivorsitzende der Union, CSU-Chef Markus Söder. Als der ziemlich genau 24 Stunden nach Merz zu den Delegierten des Deutschlandtages spricht, ist zwar die Ausgangslage unverändert, aber Söder weiß, dass er sich hüten muss.

Johannes Winkel (l), Bundesvorsitzender der Jungen Union, und Pascal Reddig, stellvertretender Vorsitzender

Wenn die 18 Rebellen aus den Reihen der Union tatsächlich gegen das Rentenpaket stimmen, könnte das die Koalition die nötige Mehrheit kosten.

19.10.2025 | 4:01 min

Der JU-Vorsitzende Winkel erinnert den Bayern noch mal: "Die Stimmung bei der Begrüßung ist gut, entscheidend ist, wie die Stimmung nach der Diskussion ist." Söder sagt zwar gleich zu Beginn, dass er Merz nicht in den Rücken fallen werde, aber:

Wenn wir keine Kritik mehr ertragen, wenn wir alles nur als Majestätsbeleidigung empfinden, werden wir keinen Erfolg haben.

Markus Söder, CSU-Chef

Für diese Worte bekommt Söder Applaus - der Liebesentzug, den der Kanzler ertragen musste, bleibt ihm erspart.

Söder stichelt gegen Merz

Söder ist ein Meister der kleinen Sticheleien. Jeder im Saal versteht, dass er Friedrich Merz und dessen vermeintliche Rücksicht auf die SPD meint, wenn er sagt: "Wir haben die Wahl gewonnen. Wir geben die Richtung vor."

Wir sind nicht der kleinere Koalitionspartner.

Markus Söder, CSU-Chef

Im Klartext: Merz müsse halt mal auf den Tisch hauen. "So ein reines SPD-Basta von der Seite geht nicht", setzt Söder noch hinzu. Dass auch seinem Lieblingsprojekt, der Mütterrente, das Aus droht, wenn das Rentenpaket im Bundestag scheitert, lässt er unerwähnt.

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Immer mehr Unterstützung für Junge Union

Unterdessen sammeln sich immer mehr Kritiker des Rentenpakets um die jungen Abgeordneten. Sowohl die Arbeitnehmergruppe als auch Mittelstandspolitiker in der Bundestagsfraktion von CDU und CSU sollen JU-Chef Winkel und seinen Mitstreitern ihre Solidarität zugesagt haben, ist auf dem Deutschlandtag zu hören. Und mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche signalisiert auch das erste Kabinettsmitglied, dass die Junge Union im Recht sei.

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