Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt: Prozess beginnt

46 Verhandlungstage angesetzt:Magdeburg: Prozess um Anschlag auf Weihnachtsmarkt beginnt

von Leon Fried

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Kurz vor Weihnachten 2024 war Taleb A. in Magdeburg mit dem Auto in eine dichte Menschenmenge gerast. Nun beginnt vor dem Landgericht Magdeburg die juristische Aufarbeitung.

Todesfahrer von Magdeburg vor Gericht

Fast elf Monate nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt kommt der Todesfahrer vor Gericht. Damals starben sechs Menschen, mehr als 300 Menschen wurden verletzt.

10.11.2025 | 2:36 min

Rund zehneinhalb Monate nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt, bei dem sechs Menschen starben und mehr als 300 verletzt wurden, beginnt an diesem Montag der Strafprozess gegen den Täter.

Magdeburg: "Ein Mammutprozess"

Der Prozess um den Weihnachtsmarkt-Amokfahrer Taleb A. beginnt. Es werde ihm "sechsfacher Mord und versuchter Mord in mehr als 300 Fällen vorgeworfen", berichtet ZDF-Reporter Leon Fried.

10.11.2025 | 2:50 min

Vor dem Landgericht Magdeburg muss sich der 51-jährige Taleb A. verantworten. In einem eigens errichteten Justizgebäude startet ein Mammutverfahren mit knapp 180 Nebenklägern und ihren Anwälten.

Anklage: Sechsfacher Mord, versuchter Mord in 338 Fällen

Die Tat hatte ganz Deutschland erschüttert: Am 20. Dezember 2024 hatte Taleb A. einen mit 340 PS motorisierten Mietwagen in den stark besuchten Weihnachtsmarkt gesteuert. Mit bis zu 48 Stundenkilometern raste er damals durch die Menschenmenge und erfasste während der etwa einminütigen Fahrt zahlreiche Marktbesucher. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem sechsfachen Mord sowie versuchten Mord in 338 Fällen vor.

Experte kritisiert neues Gutachten

Ein Gutachten zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt kritisiert erhebliche Sicherheitsmängel. Terrorabwehr-Experte Schneider kritisiert aber auch das Gutachten selbst.

29.08.2025 | 16:31 min

Taleb A. wurde unmittelbar nach der Tat festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Der 51-Jährige stammt aus Saudi-Arabien und ist Mediziner. Im Jahr 2006 war er nach Deutschland gekommen, um hier eine Facharztausbildung zu absolvieren. Seit März 2020 betreute er als Psychiater in Bernburg in Sachsen-Anhalt suchtkranke Straftäter.

Täter war schon früher auffällig

Immer wieder wurde Taleb A. hierzulande allerdings auffällig. So stritt er in den Jahren 2012 und 2013 mit der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern über die Zulassung zur Facharztprüfung. A. hatte sich geweigert, erforderliche Dokumente einzureichen. Am Telefon drohte er einer Mitarbeiterin der Ärztekammer, dass etwas passieren werde, "was international Beachtung findet". Sie bringe sich "in die gefährlichste Situation ihres Lebens", wenn sie ihn nicht zur Prüfung zulasse.

Blick über die mehreren hundert Plätze für die Nebenkläger im Verhandlungssaal im Interims-Gerichtsgebäude für den Prozess gegen den Todesfahrer vom Magdeburger Weihnachtsmarkt, im Hintergrund eine schusssichere Glaskabine für den Angeklagten.

In einem Interims-Gerichtsgebäude soll der Prozess gegen Taleb A. stattfinden.

Quelle: dpa

Das Amtsgericht Rostock verurteilte ihn in der Folge zu einer Geldstrafe. Später schickte er auch Morddrohungen an zwei Richter sowie Beleidigungen an die Generalstaatsanwaltschaft Rostock.

Bekannt geworden sind nach dem Anschlag von Magdeburg auch Falschbehauptungen A.s über eine Kölner Flüchtlingshilfsorganisation. Ihr warf er vermeintliche sexuelle Übergriffe sowie Spendenbetrug vor. Im Jahr 2023 urteilte das Kölner Landgericht, dass A. diese Aussagen nicht wiederholen darf.

Trauer in Magdeburg

Der Täter von Magdeburg, Taleb A., hat aus der Untersuchungshaft Kontakt mit fünf Opfern seiner Amokfahrt aufgenommen, per Brief. Die Politik zeigt sich empört und fordert, Opfer besser zu schützen.

06.08.2025 | 2:38 min

Hintergründe der Tat sind umstritten

Auffällig ist auch A.s ideologische Ausrichtung: In den sozialen Medien hatte er sich vor der Tat als Islamkritiker positioniert. Wegen kritischen Äußerungen zum Islam und der saudischen Herrscherfamilie erhielt er im Jahr 2016 politisches Asyl, weil ihm aufgrund dieser Aussagen nach Ansicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in seiner Heimat Folter sowie eine Gefängnis- oder Todesstrafe droht.

Aus seiner islamkritischen Haltung heraus entwickelte Taleb A. offenbar auch Hass gegen Deutschland. "Deutschland will Europa islamisieren", schrieb er etwa in einem Post auf dem Kurznachrichtendienst X. Die deutsche Polizei sei ein "Treiber des Islamismus in Deutschland", in einem anderen.

Gutachten: Taleb A. handelte aus Kalkül

Ein Gutachten des Radikalisierungsforschers Hans Goldenbaum, das dem ZDF vorliegt, legt nahe, dass Kritik an Deutschlands Positionierung gegenüber dem Islam auch Antrieb für den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt gewesen sein könnte.

Nach Auswertung von knapp 2.000 Internetposts des Attentäters kommt Goldenbaum zu dem Schluss: Taleb A. handelte mit dem Kalkül, internationale Aufmerksamkeit für die vermeintliche "Agenda der Islamisierung" in Deutschland zu erregen. Zudem habe A. das Ziel verfolgt, die "deutsche Nation" für eben jene behauptete Islamisierung zu bestrafen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier legt einen Kranz vor der Johnanniskirche in Magdeburg nieder.

Im Innen-Ausschuss wurden neue Details zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt bekannt. Zeitgleich besuchte Bundespräsident Steinmeier die Stadt, um den Menschen Trost zu spenden.

16.01.2025 | 1:46 min

Bundesanwaltschaft lehnte Übernahme des Falles ab

Die Anklagebehörden schließen ein politisches Motiv dagegen aus. Die Bundesanwaltschaft - zuständig für die Ermittlungen in Fällen von Terrorismus - hatte nach dem Anschlag darauf verzichtet, die Sache an sich zu ziehen. Selbst nachdem das Landgericht Magdeburg eine Übernahme des Falles durch die Bundesanwaltschaft angeregt hatte, erklärte sich diese für unzuständig.

Schon im Januar hatte Generalbundesanwalt Jens Rommel dies gegenüber dem SWR damit begründet, dass die Tat aus seiner Sicht den "Charakter einer Amokfahrt aus persönlicher Frustration" habe und nicht den "einer Terrorismustat, die gegen die Bundesrepublik oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet ist".

46 Verhandlungstage angesetzt

Das zeigt, dass es zu den Motiven des Attentäters unterschiedliche Auffassungen gibt. Aufklärung könnte das bevorstehende Strafverfahren bringen: Um herauszufinden, was Taleb A. bei seiner mörderischen Tat antrieb, hat sich das Landgericht Magdeburg mindestens 46 Verhandlungstage Zeit gegeben.

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