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Analyse
Merz und Pistorius in Vilnius:Bundeswehr: Was die Litauen-Brigade zeigen soll
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Der Kanzler und der Verteidigungsminister sind zur Aufstellung der Litauen-Brigade der Bundeswehr in Vilnius. Es soll ein Signal an Moskau sein, doch es gibt auch Kritik.
"Eines der komplexesten und ambitioniertesten Vorhaben der Bundeswehrgeschichte" - so bezeichnet das Verteidigungsministerium die dauerhafte Stationierung einer Bundeswehr-Brigade in Litauen. Gemeinsam mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) reiste Ressortchef Boris Pistorius (SPD) zum offiziellen Aufstellungsappell in die litauische Hauptstadt Vilnius.
Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Bundeswehr eine kampfbereite Brigade dauerhaft im Ausland stationiert. Rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Mitarbeiter werden dafür bis 2027 entsendet.
Den Fahrplan für die Stationierung hatten die deutsche und die litauische Regierung schon 2023 vereinbart. Im April 2024 machte sich zunächst ein Vorkommando auf den Weg nach Litauen, um den Aufbau der Brigade vorzubereiten. Inzwischen sind rund 400 Bundeswehrangehörige vor Ort. Anfang April wurde die Brigade formal in Dienst gestellt. Sie soll schrittweise aufgebaut werden, Mitte 2026 wird mit rund 2.000 Soldaten geplant.
Voll einsatzfähig soll die Brigade im Jahr 2027 sein. Vorgesehen ist, dass sich ein Panzergrenadierbataillon aus dem bayerischen Oberviechtach und ein Panzerbataillon aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen beteiligen.
Auch die Soldaten des von der Bundeswehr geführten multinationalen Nato-Kampfverbandes in Litauen werden in die Brigade eingegliedert. Als Reaktion auf die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim hatte die Nato bereits 2017 mehrere sogenannte Battlegroups an die Ostflanke verlegt.
(Quelle: AFP)
Voll einsatzfähig soll die Brigade im Jahr 2027 sein. Vorgesehen ist, dass sich ein Panzergrenadierbataillon aus dem bayerischen Oberviechtach und ein Panzerbataillon aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen beteiligen.
Auch die Soldaten des von der Bundeswehr geführten multinationalen Nato-Kampfverbandes in Litauen werden in die Brigade eingegliedert. Als Reaktion auf die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim hatte die Nato bereits 2017 mehrere sogenannte Battlegroups an die Ostflanke verlegt.
(Quelle: AFP)
Bundesregierung: Klares Bekenntnis zu Nato-Verpflichtungen
Mit der Brigade in Litauen will die Bundesregierung nach eigenen Angaben ein klares Bekenntnis zur Nato und zu den Bündnisverpflichtungen abgeben. "Wir stellen diese Brigade auf, um die gesamte Ostflanke der Nato zu schützen", sagte Merz beim Besuch in Vilnius. Man sei entschlossen, "das Bündnisgebiet gegen jede Aggression zu verteidigen".
Litauen und die beiden anderen Baltenstaaten Lettland und Estland fürchten, sie könnten von Russland ins Visier genommen werden, da Präsident Wladimir Putin sie als Teil der russischen "Einflusssphäre" betrachtet. Russlands "aggressiver Revisionismus" bedrohe nicht nur die Sicherheit der Ukraine, sondern auch die Sicherheit in Europa und im euro-atlantischen Raum, sagte Merz im Beisein des litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda.
Die Sicherheit unserer baltischen Verbündeten ist auch unsere Sicherheit.
Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Litauen: Eingekeilt zwischen Kaliningrad und Belarus
Die kleine Republik Litauen liegt eingekeilt zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und Russlands Verbündetem Belarus. Die sogenannte Suwałki-Lücke, die polnisch-litauische Grenze, ist die einzige Landverbindung zwischen dem Baltikum und dem übrigen Nato-Gebiet. Damit ist Litauen nach Einschätzung des Bundesverteidigungsministeriums "der gefährdetste Staat an der Ostflanke der Nato".
In Rukla ist bereits eine multinationale Kampfgruppe unter deutscher Führung stationiert. Die neue Brigade hat ihren Hauptstandort in Rudninkai.
Quelle: ZDF
"Es gilt natürlich, diese Landverbindung offen zu halten", sagt Christoph Huber, Brigadekommandeur der Panzerbrigade 45 im Interview mit dem ZDF auslandsjournal. "Sie ist wichtig für uns in logistischer Hinsicht, für die Verlegung von Truppenteilen."
Kommandeur: Spüren, dass wir "gebraucht werden"
Die Bundeswehr habe in Litauen einen "Abschreckungsverteidigungsauftrag", sagt Huber. Diesen Auftrag, "jeden Zentimeter des Nato-Bündnisgebietes zu verteidigen", nehme man ernst. In der litauischen Bevölkerung komme die deutsche Präsenz zudem gut an. Die Soldatinnen und Soldaten würden spüren, "dass sie hier gebraucht werden".
Wenn sie in deutscher Uniform durch die Straßen gehen, hören sie sehr oft ein 'thank you for your service'. Die Menschen freuen sich, dass wir hier sind, sie bedanken sich dafür.
Christoph Huber, Brigadekommandeur der Panzerbrigade 45
Herausforderungen: Material, Personal, Umsiedeln
Für die Bundeswehr bedeutet die Stationierung in Litauen jedoch einen Kraftakt. In der Truppe fehlt es vielerorts an Material und Personal. Das Dauer-Engagement im Baltikum, so die Befürchtung, könnte die Bundeswehr überfordern.
Unklar ist zudem, inwieweit Familienangehörige von Soldaten bereit sind, dauerhaft nach Litauen umzusiedeln. Überzeugen sollen dabei Wohnsiedlungen, Arbeitsmöglichkeiten, Kitas, Schulen und Freizeitangebote, die für Ehepartner und -partnerinnen sowie Kinder in den Großstädten Vilnius und Kaunas geschaffen werden.
Linken-Politiker van Aken: Zweifel an Litauen-Brigade
Der Linken-Politiker Jan van Aken nennt die Litauen-Brigade der Bundeswehr derweil "Symbolpolitik", die "natürlich auch wichtig" sei. Gegenüber dem ZDF zeigt er zwar Verständnis für die baltischen Staaten, die sich durch den großen Nachbarn bedroht fühlen - schließlich habe Russland "gerade einen Nachbarn überfallen". Doch der Aufbau der Brigade gehe "gerade ein bisschen auf Kosten der Soldaten".
Stellen Sie sich vor, Russland greift wirklich Litauen an. Dann sitzen da 5.000 Soldaten auf dem Präsentierteller, können gar nichts ausrichten, sind Kanonenfutter und fehlen am Ende für die Verteidigung der EU.
Jan van Aken, Linke
Zudem sei die Stationierung für den Friedensprozess mit Russland hinderlich, wenn "ständig Manöver abgehalten" würden. Direkt an der russischen Grenze sei das "keine gute Idee", so van Aken.
Anders klingt das bei Grünen-Parteichefin Franziska Brantner. Sie spricht von einem "Meilenstein für die europäische Verteidigungsfähigkeit" und einem "Bekenntnis zur verstärkten transatlantischen Lastenteilung". Damit zeige Deutschland, dass es seine Bündnisverpflichtungen ernst nehme und "unserer Solidarität mit den osteuropäischen Nachbarn Taten folgen".
Quelle: ZDF, AFP, Reuters und dpa
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