Debatte bei "Lanz": Palmer: Klimaschutz und Wirtschaft verbinden

Debatte bei "Lanz":Palmer: Klimaschutz und Wirtschaft verbinden

von Bernd Bachran
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Tübingens Oberbürgermeister Palmer plädiert bei "Lanz" für Klimaschutz, der der Wirtschaft nicht schadet. Er kritisiert: Bürokratie gefährde echten Fortschritt.

Markus Lanz und Boris Palmer
Sehen Sie hier die ganze Sendung "Markus Lanz" vom 10. Juli.10.07.2025 | 74:23 min
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat am Mittwoch im Bundestag erklärt, die Bundesregierung stehe zu den national, europäisch und international vereinbarten Klimaschutzzielen. Es gebe hierzu keinen Dissens, lediglich die Frage, ob die Ziele tatsächlich wie vorgenommen erreicht werden könnten. Man werde alles tun, um dies zu ermöglichen.
Er verwies allerdings auch darauf, dass Deutschland nur ungefähr ein Prozent der Weltbevölkerung stelle und ungefähr zwei Prozent des Problems darstelle, was CO2-Emissionen betreffe.

Selbst, wenn wir alle zusammen morgen am Tag klimaneutral wären in Deutschland, würde keine einzige Naturkatastrophe auf dieser Welt weniger geschehen.

Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler

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Palmer: "Ein Prozent der Weltbevölkerung, zwei Prozent Emissionen"

Auf diese Aussage von Friedrich Merz angesprochen, gab der mittlerweile parteilose Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, dem Bundeskanzler im ersten Punkt recht: "Mathematisch richtig. Ein Prozent der Weltbevölkerung, zwei Prozent Emissionen."
Zur Debatte "Klimaschutz versus Wirtschaft" sagte Palmer: "Die Klimaschutzbewegung hat seit langem erkannt, dass langfristiges Wirtschaften nicht funktioniert, wenn man das Klima zerstört. (…) Was sie noch akzeptieren muss, ist, dass langfristiger Klimaschutz nicht funktioniert, wenn er der Wirtschaft schadet."

Wir müssen es schaffen, dass Wirtschaft, Lebensqualität, Wohlstand und Klimaschutz gemeinsam vorankommen.

Boris Palmer (parteilos), Oberbürgermeister von Tübingen

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Politikökonomin Maja Göpel sah es ähnlich, verband dies allerdings direkt mit Kritik an Politik und Medien. Dass die Menschen glaubten, Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit ließen sich nicht miteinander vereinbaren, liege am öffentlichen Diskurs und nicht daran, dass es tatsächlich nicht möglich sei. Es sei Aufgabe der Politik und der Medien, dem entgegenzuwirken.

Wir dürfen nicht mehr 'Klientelpolitik in einen Sack geschmissen' mit gutem Regieren verwechseln.

Maja Göpel, Politikökonomin

Klimatologe: Auch Katastrophenschutz ist wichtig

Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, sprach davon, dass es Einzelereignisse wie gerade die Flutkatastrophe in Texas immer geben wird, aber "wenn es um ein Einzelereignis wie jetzt diese Flut geht, dann ist es wichtig, sich um den Katastrophenschutz zu kümmern und sich nicht hinter globalem Klimaschutz zu verstecken."
Trotz aller Debatten über notwendige Klimaschutzmaßnahmen, drohende Auswirkungen und die vermeintliche Wirkungslosigkeit einiger Forderungen war für den Klimaforscher eines unbestreitbar:

Es ist ausgeschlossen, dass die Menschheit sich auf Dauer an diesen Klimawandel anpassen kann.

Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie

Texas: Schäden von Unwetter, Bergungsarbeiten
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Die Stadt Tübingen hat sich zum Ziel gesetzt, 2030 klimaneutral zu sein, und ist laut Boris Palmer auf dem besten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Dieses Ziel werde unter anderem dadurch erreicht, dass die Stadt eine Verpackungssteuer eingeführt und pro Kopf 90 Euro in die Radinfrastruktur investiert hat.
Zudem subventioniert Tübingen das Deutschlandticket mit städtischen Geldern auf 45 Euro, finanziert durch Einnahmen aus Anwohnerparkgebühren. Palmer:

Tatsächlich kostet ein SUV in Tübingen heute 300 Euro im Jahr, wenn Sie ihn an die Straße stellen wollen.

Boris Palmer (parteilos), Oberbürgermeister von Tübingen

Isabelle Schaefers im Gespräch mit ZDF-Mima-Moderatorin Mirjam Meinhardt
Seit die EU-Kommission ihren Vorschlag zu den Klimazielen 2040 vorgestellt hat, "ist der Klimaschutz in der EU immer weiter in den Hintergrund gerückt", so ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers.02.07.2025 | 1:29 min

Hubschrauber gegen Windräder

Aber auch in Tübingen stößt notwendiger und gewollter Klimaschutz auf bürokratische Hürden. Boris Palmer berichtete von einem geplanten Windrad an einem idealen Standort. Die Genehmigung sei fast erteilt gewesen, doch in letzter Sekunde habe die Bundeswehr Einspruch erhoben, da sie dort mit Hubschraubern fliege.

Jetzt frage ich mich, ob wir gegen Russland bestehen werden, wenn unsere Hubschrauber nicht in der Lage sind um Windräder herum zu fliegen.

Boris Palmer (parteilos), Oberbürgermeister von Tübingen

Palmer habe daraufhin Hilfe beim damaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gesucht und diesen gebeten, sich den Vorgang doch einmal anzuschauen. Darauf habe Habeck gesagt, dass er über diesen Sachverhalt mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) reden wolle.

Und wissen Sie, was dann passiert ist? Die Ampel ist leider zusammengebrochen.

Boris Palmer (parteilos), Oberbürgermeister von Tübingen

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