Guttenberg bei "Lanz": AfD-Wähler gehören nicht hinter Brandmauer

Debatte bei "Lanz":Guttenberg: AfD-Wähler gehören nicht hinter Brandmauer

von Felix Rappsilber

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Die Diskussion über den politischen Umgang mit der AfD reißt nicht ab. Bei "Lanz" fordert CSU-Politiker Guttenberg eine "offene Auseinandersetzung mit ebenso offenem Visier".

Markus Lanz, Karl-Theodor zu Guttenberg

Sehen Sie hier die Sendung Markus Lanz vom 6. November 2025.

06.11.2025 | 74:00 min

Der frühere Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat bei "Markus Lanz" den Umgang mit der AfD und ihren Wählern kritisiert. "Hinter die Brandmauer gehören die Extremisten, gehören die Neonazis, gehören die Funktionäre einer AfD, die mit jedem Zynismus ihr Programm bespielen", sagte Guttenberg und mahnte:

Das Problem ist, dass die Brandmauer oftmals um die Wähler mit herum gezogen wird.

Karl-Theodor zu Guttenberg, früherer Verteidigungsminister

Unter Berufung auf ein "Stern"-Interview war Guttenberg falsch wiedergegeben worden und hatte am 19. Oktober gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärt: "Entgegen mancher falschen Darstellung bin ich an keiner Stelle für eine Aufweichung der sogenannten Brandmauer gegenüber der AfD eingetreten. Im Gegenteil. Ich habe mich im 'Stern'-Interview der vergangenen Woche ausdrücklich für das Beibehalten des Unvereinbarkeitsbeschlusses gegenüber der AfD ausgesprochen."

Guttenberg fordert offene Auseinandersetzung mit der AfD

Bei "Lanz" konkretisierte der ehemalige Verteidigungsminister seine Aussagen: "Was ich für falsch halte, ist, dass man glaubt, durch einen Boykott eine Entzauberung vollziehen zu können."

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Guttenberg forderte auf politischer Ebene eine "offene Auseinandersetzung mit ebenso offenem Visier", vor der sich viele Politiker noch immer scheuen würden: "Es gibt Kollegen, die sagen: 'Wir können denen doch kein Podium bieten.' Das Podium haben die aber längst [...] in ihren Bubbles."

Der CSU-Politiker sagte:

Es ist kein Hexenwerk, argumentativ den einen oder anderen [...] intellektuellen Flachwurzler von denen - da gibt es auch ein paar Klügere, ohne Frage - auszuhebeln.

Karl-Theodor zu Guttenberg, früherer Verteidigungsminister

In der politischen Mitte finde eine "Beschäftigung mit sich selbst" statt. Doch es sei "kein großes Kunststück", sich der AfD "über die Parteigrenzen hinweg" zu stellen: "Im Grunde ist man sofort aus der ganzen Brandmauer-Diskussion draußen. Es ist eine harte, klare Konfrontation."

Amann: AfD will keine Auseinandersetzung

Journalistin Melanie Amann widersprach: "Auseinandersetzung suchen setzt voraus, dass du auf der anderen Seite jemanden hast, der [...] mit dir in den argumentativen Nahkampf gehen will, aber bei der AfD ist das nicht so."

Argumente gegen die AfD würden nicht durchdringen, weil die AfD nur ihre Social-Media-Clips vermarkte. Amann sagte: "Die Union soll sich erst mal darauf besinnen, was sie selber will: Was ist ihre Story? Was ist ihr Sound? Was ist ihr Gemeinschaftsgefühl? Was ist ihre Botschaft?"

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Auf politischer Ebene müsse eine Auseinandersetzung mit der AfD stattfinden, beharrte Guttenberg, "auch wenn sie redundant ist, auch wenn immer wieder falsche Versatzstücke heraus genommen werden".

Er warb für einen "offenen Diskurs bis hin zur Familie" und betonte:

Die anderen Parteien müssen auch mal lernen, wie man tatsächlich politisch heute kommuniziert. Da ist ihnen die AfD teilweise Lichtjahre voraus.

Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU-Politiker

Auch auf Kreis- und Ortsebene müssten Politiker anderer Parteien den Menschen zuhören: "Das Gespräch in den Vordergrund zu stellen und das Überzeugen-Wollen, das Überzeugen-Können ist etwas, was [...] der erste Schritt sein sollte."

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Bei der CDU-Präsidiumsklausur ging es um den Umgang mit der AfD in Hinblick auf die Landtagswahlen 2026. Mathis Feldhoff berichtet.

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Grünewald: Krise der Verbundenheit

Eine Verbundenheitsstudie, die das "Rheingold Institut" Anfang dieses Jahres durchgeführt hatte, deutet darauf hin, dass sich die Debattenkultur in Deutschland gewandelt hat. Stephan Grünewald, Psychologe und Gründer des "Rheingold Instituts", zeigte sich angesichts der Ergebnisse "alarmiert":

Die Menschen beschreiben uns in den Tiefeninterviews, dass sie anfangen, all diejenigen in ihrem Bekanntenkreis, die eine andere Meinung haben, die anstrengend sind, auszusortieren.

Stephan Grünewald, Gründer des "rheingold Instituts"

Dadurch entstehe eine immer größere "Wagenburg-Mentalität": "Man kann durchaus schon von sozialen Brandmauern sprechen, die errichtet werden."

Berlin: Ein doppelter Schatten ist unter dem Schriftzug „"Demokratie"“ zu sehen.

Die Studie von Uni Bielefeld und der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt: Offener Rechtsextremismus nimmt ab, doch rechtes Gedankengut dringt stärker in die gesellschaftliche Mitte vor.

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Grünewald warnte vor einer "Krise der Verbundenheit": 89 Prozent der Studienteilnehmer hätten das Gefühl, dass sich die Aggressivität im Miteinander steigere und unsere Gesellschaft entzweit sei.

Nur noch neun Prozent hätten die Hoffnung, dass sich das Gemeinschaftsgefühl in den nächsten zehn Jahren verbessern werde.

Guttenberg: Diskursangst und grassierende Streitlust

In weiten Kreisen, so Guttenberg, herrsche eine "Diskursangst - zu sagen, was man denkt und sich in eine Auseinandersetzung hinein zu begeben, die möglicherweise selbst in der Familie zu einer Spaltung führen könnte".

Gleichzeitig gebe es eine "grassierende Streitlust" in einem anderen Teil der Bevölkerung, der "möglichst laut, möglichst schrill, möglichst brüllend" seine Meinung kundtue.

Dies finde nicht in den Gesprächen, sondern in Social-Media-Kanälen statt, erklärte Grünewald und bezeichnete dieses Verhalten als "Affektmasturbation": "'Mir begegnet etwas, was mir nicht passt und dann haue ich einen raus und habe das Gefühl: Boa, ich habe wahnsinnig was bewegt.' Das kühlt erst mal das Mütchen, vertieft aber die Gräben."

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