Merz zum Wehrdienst für Frauen: "Ich kann es mir vorstellen"

Zur Stärkung der Bundeswehr:Merz: Kann mir Wehrdienst für Frauen vorstellen

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Ein Wehrdienst auch für Frauen? Die Debatte zur Stärkung der Bundeswehr in Deutschland hält an. Bundeskanzler Merz schließt eine Pflicht für Frauen nicht aus.

Soldatin der Bundeswehr salutiert bei Gelöbnis

Sollten Frauen auch einen Wehrdienst leisten - darüber diskutieren Politik und Gesellschaft.

Quelle: ddp

In der Debatte um eine deutliche Stärkung der Bundeswehr kann sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) mittelfristig auch einen Wehrdienst für Frauen vorstellen.

"Das Grundgesetz hat hier eine klare Formulierung, dass nur Männer zum Wehrdienst herangezogen werden dürfen. Ob das noch zeitgemäß ist und ob man das möglicherweise ändern muss, darüber muss man dann politisch, auch gesellschaftspolitisch diskutieren", sagte der Vorsitzende der CDU am Montag bei seinem offiziellen Antrittsbesuch in Nordrhein-Westfalen. Merz sagte weiter:

Ich kann es mir vorstellen, aber das ist sicher erst der dritte, vierte Schritt. Wir machen erst mal den ersten und zweiten Schritt in die richtige Richtung und dann diskutieren wir weiter.

Friedrich Merz, Bundeskanzler

Bundeskanzler Friedrich Merz gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius beim Statement nach der Sitzung des Bundeskabinett im Bundesministerium der Verteidigung.

Das Kabinett hat im Verteidigungsministerium die Einführung eines neuen Wehrdienstes beschlossen. Zwischen Union und SPD bestehen aber weiterhin inhaltliche Differenzen.

27.08.2025 | 2:28 min

Zu wenige Kasernen und Ausbildungskräfte

Zunächst stünde die Umsetzung des im Kabinett beschlossenen Wehrpflichtgesetzes an. Mit diesem versucht die Regierung, über die Registrierung und Freiwillige den nötigen Aufwuchs der Soldaten-Zahlen zu erreichen. Wenn dies nicht gelingt, soll in einem zweiten Schritt ein verpflichtender Wehrdienst kommen.

Merz verwies auch darauf, dass die Probleme derzeit darin bestünden, genügend Kasernen und Ausbilder für die deutliche Steigerung der Soldatenzahlen bereitzustellen. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erklärte, dass die Länder für den Bau der Kasernen zuständig seien.

"Nie wieder Wehrpflicht" steht auf einem Schild im Protestcamp des Bündnisses „Rheinmetall Entwaffnen“.

Das Kabinett hat ein neues Wehrdienst-Gesetz beschlossen. Laut ZDF-Politbarometer spricht sich die Mehrheit der 18- bis 34-Jährigen aber klar gegen eine Pflicht aus.

27.08.2025 | 1:35 min

Ziel: Rund 100.000 neue Rekruten bis 2030

Das Wehrdienstgesetz setzt zunächst auf Freiwilligkeit, um bis 2030 etwa 100.000 neue Rekruten zu gewinnen. Eine Pflicht, die in der Koalition umstritten ist, könnte aber greifen, wenn die Zahlen verfehlt werden.

CDU/CSU-Politiker haben angekündigt, im parlamentarischen Verfahren Veränderungen in Richtung eines Automatismus zu einer verpflichtenden Wehrpflicht durchsetzen zu wollen.

CDU hat bereits Zustimmung von der SPD bekommen

Aus der SPD kommt Zustimmung zu den Überlegungen, die Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auch schon am Freitag vergangener Woche in ähnlicher Weise im französischen Fernsehen getätigt hatte. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Siemtje Möller sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND):

Wenn wir Gleichberechtigung ernst nehmen, müssen wir auch über die Wehrpflicht für Frauen sprechen.

Siemtje Möller, stellvertretende SPD-Fraktionschefin

"Dafür wäre allerdings eine Grundgesetzänderung mit Zweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig, die derzeit nicht absehbar ist", gab sie zu bedenken.

Grundsätzlich für eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen sprach sich auch die Verteidigungsexpertin Sara Nanni von den Grünen aus. "Es ist kein gutes Signal, wenn jetzt nur Männer zurückmelden müssen", zitierte sie der Berliner "Tagesspiegel". Wenn es hart auf hart komme, sollten alle Jahrgänge und Geschlechter "gleichermaßen in die Pflicht genommen werden".

Aktivsten bereiten sich zu einer Protestaktion gegen den Wehrdienst vor.

Auf der Straße zeigen junge Menschen, wie unterschiedlich sie zum Wehrdienst und Pistorius’ Plänen stehen. Der Bundesjugendring kritisiert fehlende Mitsprache.

27.08.2025 | 1:33 min

Kritik aus den Reihen der Linken

Die Linksfraktion kündigte bereits an, eine entsprechende Grundgesetzänderung nicht mitzutragen. Frauen an die Waffe zu zwingen, sei "kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt", sagte Linken-Verteidigungsexpertin Desiree Becker dem RND. "Da dafür eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig wäre, stellt sich die Frage, wie Merz diese erreichen will."

Frauen "mit einem Zwangsdienst ein weiteres Jahr ihrer selbstständigen Lebensgestaltung rauben zu wollen, hat nichts mit einer echten Bemühung um Gleichstellung zu tun und ist an Zynismus kaum zu übertreffen", kritisierte Becker. Die Linke werde gegen eine Wehrpflicht für Frauen kämpfen.

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Quelle: AFP, dpa, Reuters

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