Neues Wehrgesetz beschlossen:JU-Chef Winkel für Rückkehr der Wehrpflicht
Das Kabinett hat am Mittwoch das neue Wehrgesetz beschlossen. Dem Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, geht es nicht weit genug. Er fordert die Rückkehr der Wehrpflicht.
JU-Chef Johannes Winkel spricht sich im ZDFheute-Interview für die Wehrpflicht aus.
Quelle: picture alliance/dpaZDFheute: Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zum neuen Wehrdienst beschlossen. Was sind Ihre Kritikpunkte?
Johannes Winkel: Wenn ich mir die Weltlage anschaue, wie unvermindert aggressiv Wladimir Putin vorgeht, dann ist dieser Gesetzesentwurf durchaus ein riskantes Experiment. Denn den Wiederaufbau der Bundeswehr auf Fragebögen aufzubauen, das ist riskant. Uns fehlen bei einer Truppe, die aufgrund des demografischen Wandels kleiner wird, gerade 80.000 Soldaten und 140.000 Reservisten.
Man kann mit so einem Modell den Wiederaufbau der Bundeswehr nicht auf dem Prinzip Hoffnung begründen.
Johannes Winkel, CDU
Natürlich stehen da viele freiwillige Maßnahmen und Anreize drin, aber es wird schlicht und ergreifend nicht ausreichen. Zumindest nicht, um das zeitnahe Personalproblem der Bundeswehr zu lösen.
Wir sollten uns angesichts der Bedrohungslage, die international herrscht, die an der Ostflanke der Nato herrscht, sehr beeilen und haben jetzt keine Zeit, noch fünf Jahre zu warten, ob die freiwilligen Maßnahmen greifen. In den letzten zehn Jahren jedenfalls haben sie nicht gegriffen.
Das Bundeskabinett berät über den Gesetzentwurf für einen Wehrdienst. Minister Pistorius will junge Menschen für die Bundeswehr gewinnen - aktuell benötigt werden 80.000 Soldaten.
27.08.2025 | 0:27 minZDFheute: Was konkret fehlt Ihnen, ein Automatismus?
Winkel: Minister Pistorius hat in den Gesetzentwurf reingeschrieben, was sowieso eine Selbstverständlichkeit ist, nämlich, dass der Deutsche Bundestag die Wehrpflicht jederzeit wieder einsetzen kann. Das gilt aber auch schon ohne den Gesetzesbeschluss, das kann der Bundestag jederzeit machen.
Wir brauchen ein neues Wehrdienstgesetz, das einen konkreten Automatismus vorsieht.
Johannes Winkel, CDU
Das heißt konkret, wenn die Personalziele der Bundeswehr nicht erreicht werden durch die neuen freiwilligen Maßnahmen, dann greift automatisch ab einer gewissen Zeitgrenze, ab einer gewissen Personalgrenze, die Wehrpflicht. Dementsprechend werden auch Menschen zum Wehrdienst eingezogen.
Das Konzept einer neuen Wehrpflicht würde erstmal auf Freiwilligkeit und Anreize setzen. Das reicht nicht nur für die Union nicht aus, berichtet Karl Hinterleitner aus Berlin.
27.08.2025 | 2:00 minZDFheute: Doch braucht die Bundeswehr aktuell nicht andere Menschen als junge Wehrdienstleistende, die nur ein paar Monate bleiben?
Winkel: Ich glaube, so eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht kann ja auch ein erster wichtiger Schritt sein, dass sich auch wieder mehr Menschen über diese Zeit des Wehrdienstes hinaus verpflichten, als Zeitsoldat, als Berufssoldat. Und das muss natürlich das Ziel sein.
Aber wichtig ist vor allen Dingen, dass eine große Schicht der Bevölkerung überhaupt wieder in den praktischen Kontakt mit der Bundeswehr kommt. Und das geht natürlich nur über eine Wehrpflicht und nicht über freiwillige Maßnahmen.
ZDFheute: Eine Wehrpflicht wäre ein gravierender Eingriff in die Lebensplanung junger Menschen, in ihre Freiheit.
Winkel: Ja, natürlich ist das ein Eingriff in das Freiheitsrecht von jungen Menschen, wenn man zum Wehrdienst eingezogen wird auf einer verpflichtenden Basis.
Aber ich persönlich finde, dass es der viel größere Eingriff in das Freiheitsrecht von der jungen Generation ist, wenn man in einem Land lebt, das sich schlicht und ergreifend im Notfall nicht verteidigen kann.
Johannes Winkel, CDU
Ein Krieg ohne eine verteidigungsbereite Bundesrepublik, das wäre ja der viel größere Eingriff in das Freiheitsrecht. Da können Sie übrigens auch junge Menschen in der Ukraine fragen.
Kriegstüchtig soll Deutschland werden, doch der Bundeswehr fehlen Tausende Soldatinnen und Soldaten. Das Problem ist größer, als es die Verantwortlichen öffentlich sagen.
01.06.2025 | 3:48 minZDFheute: Es gibt ja auch Überlegungen, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle einzuführen. Darauf wollen Sie nicht warten?
Winkel: Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, das wäre das Ziel der Union, mit einer Wahlfreiheit zwischen militärischer und ziviler Verwendung, die beide Geschlechter, Frauen wie Männer, anspricht. Leider ist es momentan so, dass es im Deutschen Bundestag dafür nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit gibt, um das Grundgesetz an der Stelle zu ändern.
Wir sollten jetzt aber nicht warten, bis sich in vielleicht ein paar Jahren, nach den nächsten Bundestagswahlen, entsprechende Mehrheiten ergeben, sondern wir sollten jetzt handeln, tun, was wir jetzt tun können, und das ist die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht.
Das Interview führte Ines Trams, Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio
- 6:06 min
Nachrichten | ZDF-Mittagsmagazin:Expedition: Diskussion um Wehrpflicht
von Simon Seitel - 6:04 min
Nachrichten | ZDF-Mittagsmagazin:Tag der offenen Tür bei der Bundeswehr
von Svenja Bergerhoff - 3:48 min
Politik | Berlin direkt:Das Personalproblem der Bundeswehr
von Andreas Huppert - 6:36 min
Politik | auslandsjournal:Wenn Schwedinnen zur Waffe greifen
von Kristina Gründken