Fachkräfte aus dem Ausland: Erfolgsgeschichte aus Tunesien

Fachkräfte aus dem Ausland:Aus Tunesien zum Arbeiten in den Westerwald

Julia Schröter
von Julia Schröter
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Der Fachkräftemarkt hier war praktisch leergefegt. Darum rekrutierte eine Geschäftsfrau aus Goddert in Rheinland-Pfalz Fachkräfte im Ausland. Eine Erfolgsgeschichte.

Fachkräfte aus Thunesien
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Alles begann mit der erfolglosen Suche nach Fachkräften in der Region. Andrea Kraut, Geschäftsführerin bei "Motorhomes und Wunschmobile" aus dem Westerwald fand einfach keine qualifizierten Mitarbeiter. Die Idee, es mit Fachkräften aus dem Ausland zu versuchen, kam von einem Tunesier, der bei einem Zulieferer arbeitet. Er stellte auch den ersten Kontakt her. "Der wusste, dass es viele gut ausgebildete Tunesier gibt, dass sie herwollen und wir suchen Mitarbeiter."

Das war einfach Mundpropaganda genau an der richtigen Stelle.

Andrea Kraut, Geschäftsführerin Motorhomes und Wunschmobile

Seitdem arbeiten insgesamt drei Tunesier in Goddert und bauen Wohnmobile nach Kundenwünschen aus.
Zwei Männer in einem Betrieb arbeiten zusammen an einem Werkstück.
Fahd Guedoiri und Aymen Ben Taghaline arbeiten in der Firma für Wohnmobile in Rheinland-Pfalz.
Quelle: ZDF

Zwei haben in ihrer Heimat als Mechatroniker bei Airbus gearbeitet, einer ist Maschinenbauingenieur. Tolle Jobs eigentlich, das Problem in Tunesien aber ist die Bezahlung. Als Spezialisten verdienen sie in Deutschland gut fünf- bis sechsmal so viel wie in ihrem Heimatland. Doch es gehe nicht nur ums Geld, sagt der 28-jährige Fahd Guedoiri:

Deutschland ist das perfekte Ziel für einen Maschinenbau-Ingenieur wie mich.

Fahd Guedoiri, Maschinenbauingenieur aus Tunesien

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Tunesier hatten zuhause Deutsch gelernt

Bevor es losging, habe sie Ängste und Bedenken gehabt, erinnert sich Andrea Kraut - auch wegen der Sprache. Doch die war dann kein großes Problem. Alle hatten schon im Heimatland Deutsch gelernt und konnten darüber Bescheinigungen vorlegen. Nur der Westerwälder Dialekt war dann nochmal eine Herausforderung.
Mühsam bei der Rekrutierung war die Bürokratie. Etwa ein Jahr hat es gedauert, bis der erste Mitarbeiter aus Tunesien endlich da war. Arbeitsamt, Ausländerbehörde, Visastelle - Andrea Kraut hat manchmal nicht mehr dran geglaubt, dass das Ganze noch positiv enden würde.
Luftaufnahme, zahlreiche LKW parken auf dem Gebiet einer Autobahn-Raststätte.
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Größte Hürde: Die Bürokratie

Vor allem die Anerkennung der Qualifikation der ausländischen Kräfte sei zeitraubend, räumt Heike Strack von der Agentur für Arbeit in Mainz ein: "Ein Anerkennungsverfahren kann, je nachdem in welcher Qualifikationsebene wir unterwegs sind, drei Monate dauern oder gerade im medizinischen Bereich auch anderthalb bis zwei Jahre. Und die Firmen haben ja jetzt den Bedarf." Viele Unternehmen schrecke das ab.
Auch die Industrie- und Handelskammer sieht den langen Weg durch Ämter und Behörden als größte Hürde, speziell für kleinere Betriebe. Der Prozess sei mit viel Papierkram verbunden und zeitintensiv. Dabei muss es oft schnell gehen:

Rekrutierung ist meistens immer noch ein Ad-hoc-Geschäft.

Susanne Ditzer, IHK Rheinland-Pfalz

"Das heißt, wenn ich ausschreibe, suche ich einen Kandidaten und rechne damit, dass er in spätestens drei bis sechs Monaten bei mir ist." Und genau das sei aus dem Ausland einfach noch nicht machbar.
ruanda
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Zusammenarbeit in der Firma funktioniert gut

Wer sich dennoch dafür entscheidet, Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben, kann sich an die Welcome Center der IHKs wenden. Dort beraten Expertinnen und Experten zum Thema Fachkräfteeinwanderung. Je früher Hilfe hinzugezogen werde, desto geschmeidiger laufe der Prozess, so Ditzer.
Andrea Kraut vom Wohnmobilunternehmen würde diesen Weg immer wieder gehen. Mit den tunesischen Fachkräften läuft es.

Die Arbeiten, die sie abliefern, sind sehr, sehr gut.

Andrea Kraut, Geschäftsführerin Motorhomes und Wunschmobile

Fachlich und menschlich, die Zusammenarbeit funktioniert. Die Rekrutierung von Mitarbeitern im Ausland - im Westerwald ist das eine Erfolgsgeschichte und eine Win-Win-Situation für alle Seiten.
Julia Schröter ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Rheinland-Pfalz.

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