Landtag Rheinland-Pfalz beschließt Zuverlässigkeitsüberprüfung

Wehrhafte Demokratie:Mainzer Landtag: Kein Geld für Verfassungsfeinde

von Christopher Heinze
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Der Mainzer Landtag betritt Neuland: Das Parlament schafft als erstes bundesweit die rechtliche Möglichkeit, verfassungsfeindlichen Mitarbeitern staatliche Gelder zu streichen.

Blick auf den Landtag von Rheinland-Pfalz
Im Landtag Rheinland-Pfalz werden Mitarbeiter der Fraktionen künftig auf ihre Verfassungstreue überprüft.
Quelle: dpa

Ein Beitrag zur Stärkung der Wehrhaftigkeit der Demokratie - nichts anderes sei das neu beschlossene Gesetz, ist Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) überzeugt. Eingebracht wurde es von der rheinland-pfälzischen Regierungskoalition aus SPD, FDP und Grünen zusammen mit der größten Oppositionsfraktion, der CDU - und jetzt auch gemeinsam beschlossen.

Zuverlässigkeitsüberprüfung: Infos von Verfassungsschutz und LKA

Der Kern des Gesetzes: Mitarbeitende von Abgeordneten und Fraktionen werden sich zukünftig regelmäßig einer sogenannten Zuverlässigkeitsüberprüfung stellen müssen. So sollen mögliche antidemokratische Bestrebungen aufgedeckt werden. Dabei wird auf Informationen des Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes zurückgegriffen, auch wird eine Auskunft beim Bundeszentralregister eingeholt.
Der Politikwissenschaftler Uwe Jun von der Universität Trier sieht das Gesetz als "eindeutiges Symbol, das man in die Gesellschaft hineinkommuniziert. Und zwar gemeinsam von den vier diese Demokratie wesentlich tragenden Parteien."
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Mitarbeiter im Landtag müssen Prüfung zustimmen

Die Einwilligung in eine solche Prüfung soll Voraussetzung dafür sein, dass staatliche Leistungen in Anspruch genommen werden können, also Steuergeld an die entsprechenden Mitarbeitenden fließt. Zudem kann zukünftig auch der Zutritt zu den Gebäuden des Landtags von dem Ergebnis der Zuverlässigkeitsüberprüfung abhängig gemacht werden.
Bei der Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls liegt die Entscheidung darüber beim Landtagspräsidenten selbst. Das Gesetz findet viel Zustimmung - erntet von einer Seite aber auch heftige Kritik.

AfD-Fraktion sieht Angriff auf Opposition

Vertreter der Ampel-Fraktionen sowie der Unionsfraktion sprechen von einem "starken Zeichen des Parlaments für eine wehrhafte Demokratie". Eine Beschäftigung im Parlament als der Herzkammer der Demokratie sei mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen unvereinbar. Verfassungsfeinde dürften nicht vom Staat finanziert werden, das Gesetz schaffe die rechtliche Basis dafür.
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Ganz anders die Reaktion der AfD-Fraktion. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Damian Lohr spricht von einem "Anti-AfD-Gesetz, das letztlich verfassungswidrig" sei. Zugleich sagt er, die Mitarbeiter der AfD-Fraktion seien "einwandfrei und sauber, lupenreine Demokraten" und hätten "nichts zu befürchten". Die AfD-Fraktion strenge eine Normenkontrollklage an. Das Gesetz sei ein Vorstoß, der die Opposition kaltstelle.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Martin Haller, und sein Kollege von der CDU-Fraktion, Markus Klein, betonen, das Gesetz sei gegen Extremisten in allen Fraktionen gerichtet: "Wir wollen die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen."
Carl-Bernhard von Heusinger von den Grünen sagt: "Wer die Demokratie unterhöhlt, wird nicht mehr mit Steuergeldern bezahlt." Marco Weber, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, ergänzt, die AfD hätte dem Gesetz ja zustimmen können, wenn alle Mitarbeiter "lupenreine Demokraten" seien.
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Freie Wähler kritisieren alleinige Entscheidung des Präsidenten

Wer gegen die Verfassung agiere, sei "nicht spielberechtigt", betont auch Helge Schwab von der Gruppe der Freien Wähler im Mainzer Landtag. Kritisch sei jedoch, dass die letztendliche Entscheidung über jeden Einzelfall beim Landtagspräsidenten allein und nicht bei einem Gremium liegt.
Politikwissenschaftler Jun sieht darin kein Problem: "Das Gesetz muss rechtssicher sein, denn darauf fußende Entscheidungen werden sicherlich im Einzelfall von Gerichten überprüft werden." Und kein Landtagspräsident könne sich Fehlgriffe in größerer Zahl leisten: "Das würde ja die Autorität der jeweiligen Person schwer beschädigen, sollte sich herausstellen, dass die Entscheidungen vor Gericht nicht Stand halten."
Christopher Heinze ist Reporter im ZDF-Landesstudio Rheinland-Pfalz.

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