Waffenlieferstopp an Israel: Die Enttäuschung der Merz-Ultras
Analyse
Waffenlieferstopp an Israel:Die Enttäuschung der Merz-Ultras
von Mathis Feldhoff
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Auch Tage nach der Entscheidung zu den Sanktionen gegen Israel, nach der Erklärung von Merz, nach internen Papieren und Rechtfertigungen: Die Kritik am Kanzler reißt nicht ab.
In der Union geht die Debatte über den Teil-Stopp von Rüstungsexporten an Israel weiter. Während sich Fraktionschef Spahn hinter Kanzler Merz stellt, kommt Kritik etwa aus der CSU.11.08.2025 | 1:39 min
Es war ein denkwürdiges Interview, das der Bundeskanzler am Sonntagmittag dem deutschen Fernsehen gibt. In dem aufgezeichneten Gespräch mit den ARD-Tagesthemen verteidigt Friedrich Merz seine Entscheidung "bis auf Weiteres" keine Rüstungsgüter mehr an Israel zu genehmigen, "die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können".
Als Begründung liefert er ein Argument, das auch aus den Kreisen der Friedensbewegung stammen könnte:
Wir können nicht Waffen liefern in einen Konflikt, der versucht wird, ausschließlich mit militärischen Mitteln jetzt gelöst zu werden.
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Friedrich Merz, Bundeskanzler
In der Union gab es Kritik am Kurswechsel in der Israel-Politik von Kanzler Merz. 10.08.2025 | 1:15 min
Führende CDU-Politiker schießen Merz scharf an
Gegen diese Haltung laufen inzwischen immer mehr Spitzenpolitiker der CDU Sturm. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein wirft Merz wenig verklausuliert vor, Israel allein zu lassen: "Die Terrororganisation Hamas stellt man nur im Kampf, nicht am Konferenztisch", sagt er. Und weiter:
Wir müssen Israel deshalb weiter ausrüsten, um diesen Kampf zu führen, die Hamas zu besiegen und den Terror zu beenden.
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Boris Rhein, CDU
Und auch der Hamburger CDU-Landesvorsitzende Dennis Thering schießt seinen eigenen Kanzler scharf an: "Die Islamisten jubeln, Israel steht öffentlich am Pranger und internationale Partner sind irritiert."
Deutschland belohne mit dem Waffenembargo den Terror der Hamas, sagt Netanjahu. In Israel hingegen kritisieren Opposition und Angehörige der Hamas-Geiseln Netanjahus Kriegspläne.08.08.2025 | 2:31 min
Kritik an Merz-Satz: "Ganz schlimm"
In der Union wird inzwischen offen darüber diskutiert, welche Folgen die Merz'sche Haltung haben kann. Ausgangspunkt ist ein Argumentationspapier, das in der Koalition und der Partei die Haltung des Kanzlers erklären soll.
Darin ein Satz, den so mancher CDU-Grande als "ganz schlimm" bezeichnet, lesen sie doch daraus, dass Merz dem Druck der Straße nachgegeben hat. Mit Bezug auf die israelische Erklärung auch Gaza-Stadt zu erobern, steht dort:
Diese Eskalation trägt auch zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei.
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Argumentationspapier
Der Streit in der Union über die Israel-Politik wirke wie ein Teil einer Serie, sagt Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte. "Man muss die Fraktion offenbar anders einbinden."11.08.2025 | 3:29 min
Vor allem die Merz-Ultras sind enttäuscht
Es sind gerade seine härtesten Unterstützer, die sich jetzt abwenden und fragen, ob man sich auf Merz noch verlassen könne. Solche Unterstützer wie Johannes Winkel etwa, der Chef der Jungen Union, der bei X schrieb: "Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen."
Eine offene Anspielung auf einen Satz von Merz, der vor ein paar Wochen im ZDF sagte, dass Israel "die Drecksarbeit für uns alle" mache, als diese den Iran bombardierten. Ein weiterer CDU-Mann beschreibt die Lage dieser Merz-Ultras drastisch: "Die stehen doch jetzt in kurzen Hosen da."
Sie hätten ihn ins Amt gehoben, sie hätten ihn immer verteidigt, auch die Drecksarbeit-Aussage. Die Position, Israel mit aller Konsequenz zu verteidigen und zu unterstützen, habe Merz jetzt allerdings preisgegeben. Daraus ergebe sich die Frage, welche Grundpositionen Merz denn noch bereit sei, zu schleifen.
Aus dem Archiv: Friedrich Merz bezeichnet das Vorgehen Israels gegen den Iran im ZDF als "Drecksarbeit für uns alle". Sehen Sie hier seine Aussage im Video.17.06.2025 | 0:52 min
CSU macht Druck - bis zu einem gewissen Punkt
Auch die CSU will sich nicht beruhigen. Der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer, der am Sonntag an der Arbeitsgruppensitzung der Unionsfraktion teilnahm, hält die Entscheidung nach wie vor für falsch. Im Bayerischen Rundfunk sagt er:
Das ist eine sehr stark von Emotionen getriebene Symbolpolitik.
Ob die Kritik der Christsozialen allerdings so weit geht, den Kanzler zu zwingen, den Kurs zu korrigieren, wie Medien berichten, scheint eher unwahrscheinlich. "Söder will die Sache jetzt einhegen", glaubt ein führendes CSU-Mitglied.
Auch wenn einem diese Sanktionsentscheidung nicht gefalle, werde man deshalb nicht die Koalition platzen lassen.