Merz bei Trump: Was der Bundestag vom Kanzler erwartet
Intensive Debatte im Bundestag:Merz bei Trump: Was vom Kanzler erwartet wird
von Britta Buchholz
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Kanzler Merz besucht heute US-Präsident Trump - es dürfte seine heikelste Mission bislang sein. Die Erwartungen der deutschen Parlamentarier sind hoch - und höchst unterschiedlich.
Bundeskanzler Merz ist nach Washington gereist, um sich mit US-Präsident Trump zu treffen. Bei dem Gespräch soll es unter anderem um die Ukraine, die Nato und den Zollstreit gehen.05.06.2025 | 0:20 min
Johann Wadephul - Deutschlands Außenminister - beschreibt am Mittwoch das deutsch-amerikanische Verhältnis zusammengefasst so:
Ich glaube, dass die USA begriffen haben, dass Europa bereit ist, mehr Lasten zu übernehmen. Amerika ist weiter dabei. Und das wäre ein Meilenstein der neuen Europapolitik der Bundesrepublik.
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Johann Wadephul, Außenminister
Es sind große Töne, die hohe Erwartungen schüren. Und das nur einen Tag nach seiner Grundsatzrede zu den transatlantischen Beziehungen. Da sah Wadephul eine Vertrauenskrise im Verhältnis zwischen Deutschland und den USA. "Der Ton ist so rau wie lange nicht." Der Außenminister zeigte sich ernüchtert.
Kanzler äußert sich selber nicht
Nun diese Töne. Während der Debatte zum transatlantischen Verhältnis sitzt Friedrich Merz auf der Regierungsbank, liest fast kontinuierlich auf seinem Laptop und wirkt sehr beschäftigt. Wie er selbst die Lage einschätzt, dazu sagt er nichts, denn das ist auch nicht geplant.
Friedrich Merz besucht US-Präsident Trump. Wie man dort auf den Besuch des Kanzlers blickt und worauf er sich einstellen muss, berichtet ZDF-Reporter Elmar Theveßen in Washington.04.06.2025 | 1:48 min
Seine Haltung lässt sich besonders gut in einem Gastbeitrag für die Atlantik-Brücke vom 13. Februar 2025 ablesen. Dort schrieb er:
Anstatt auf Belehrungen zu setzen, sollten wir unsere Energie für die Formulierung sowie Durchsetzung unserer Interessen aufwenden. Dabei muss Europa mit einer Stimme eine geeinte Position vertreten.
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Friedrich Merz, Bundeskanzler, am 13. Februar 2025
Neue Lage und neue Interessenpolitik
Auch der erste Redner, CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, sagt in der von der Koalition beantragten Aktuellen Stunde zunächst:
Es ist nicht neu, dass das Interessenpolitik ist.
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Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitikexperte
Das deutsch-amerikanische Verhältnis und die Ukraine-Politik der Bundesregierung: Fragen an Außenminister Johann Wadephul (CDU).01.06.2025 | 6:22 min
Doch zur neuen Lage gehört, dass die Interessen wie Felsbrocken vor diesem Treffen liegen. Zölle, Verteidigungsausgaben, Kriege. Die Positionen sind unterschiedlich, damit auch die Erwartungen an den Kanzler.
Norbert Röttgen ruft dazu auf, "eine Balance zwischen den deutschen und amerikanischen Interessen zu finden". Handelspolitisch solle der Freihandel gestärkt werden. Gerade dort wird es knifflig für Merz werden. Die möglichen Zölle verunsichern die Unternehmen. Mal angekündigt, wieder aufgehoben, wieder erhöht - der Kanzler muss Überzeugungsarbeit leisten.
Das andere große Thema sind die Verteidigungsausgaben. Johann Wadephul ist den Amerikanern einen gewaltigen Schritt entgegen gegangen. Es werde eine gemeinsame Lösung aller Europäer gesucht, betont er.
Die von US-Präsident Donald Trump angekündigte Verdopplung der Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium ist in Kraft getreten. Statt 25 gelten jetzt 50 Prozent.04.06.2025 | 0:19 min
Nato-Mitgliedstaaten streben höhere Ausgaben an
Im Vorfeld des Nato-Gipfels Ende Juni arbeiten die Mitgliedstaaten an einem gemeinsamen Beschluss zu höheren Verteidigungsausgaben: 3,5 Prozent fürs Militär, 1,5 Prozent für die militär-relevante Infrastruktur. Immense Summen. Das erzürnt die Linke.
Die USA haben sich unter Trump längst vom Bild eines verlässlichen Partners verabschiedet.
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Sören Pellmann, Fraktionschef Linke
Pellmann fordert Merz auf, in der Tradition anderer Kanzler auf Abrüstung hinzuarbeiten. Doch eines der Gastgeschenke, die Merz dabeihat, sind eben die Milliarden Euro für die deutsche Verteidigung.
Nato-Länder, die Zwei-Prozent-Ziel erreichen
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Und auch Rüstungskäufe könnte er in Aussicht stellen. Auch zu den Waffenverkäufen an Israel ist die Union deutlich. "Deutschland wird weiterhin den Staat Israel unterstützen, auch mit Waffenlieferungen", sagt Wadephul im Bundestag. Dies sei "notwendig", weil Israel weiterhin angegriffen werde.
An diesem Punkt lässt die Debatte die Emotionen hochkochen. Zuerst muss die Linken-Abgeordnete Cansin Köktürk den Plenarsaal des Bundestags verlassen, weil sie einen Pullover mit dem Schriftzug "Palestine" trägt. Dann ruft eine Besucherin in die Debatte hinein und wird aus dem Saal befördert.
Sehen Sie hier die Szene im Video: Bundestagspräsidentin Klöckner verweist die Linken-Abgeordnete Köktürk des Saales wegen eines "Palestine"-Shirts. Später stört eine Besucherin die Sitzung.04.06.2025 | 2:05 min
Wie soll Merz Trump behandeln?
Die Erwartungen sind höchst unterschiedlich. Die Fraktionsvize der Grünen, Agnieszka Brugger warnt vor Unterwürfigkeit und Anbiederung an Trump. Ihre Forderung:
Herr Bundeskanzler, Sie müssen deutsche und europäische Interessen in Washington mit Stärke und Selbstbewusstsein vertreten.
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Agnieszka Brugger, Fraktionsvize der Grünen
Die AfD macht deutlich, wie anders sie es sieht. Zunächst wirft deren Außenpolitiker Markus Frohnmaier dem Kanzler vor, er sei "der Totengräber der deutsch-amerikanischen Beziehungen gewesen."
Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch fordert ihn auf, nicht an ukrainische und auch nicht an europäische Interessen zu denken, sondern an deutsche. "America first" übersetzt ins Deutsche.