Interview
"Ton ist so rau wie lange nicht":Wadephul: Beziehungen zu den USA in der Krise
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"Der Ton ist so rau wie lange nicht": Johann Wadephul sieht die Beziehungen zu den USA in einer "Sturmphase", die ausgehalten werden müsse. Er ruft dazu auf, Brücken zu bauen.
Deutschland müsse sich "aktiv dafür einsetzen, dass unsere einzigartige Bande bestehen bleiben", sagt Wadephul.
Quelle: ddp
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sieht eine Vertrauenskrise im Verhältnis zwischen Deutschland und den USA.
In einer Grundsatzrede zu dem transatlantischen Beziehungen bei einem Treffen ehemaliger Stipendiaten des Arthur F. Burns-Fellowships in Berlin rief Wadephul am Dienstagabend zugleich dazu auf, trotz der Irritationen und Verunsicherungen an einem Erhalt guter Beziehungen zu den USA zu arbeiten.
Deutschland müsse sich darum bemühen, "Brückenbauer im transatlantischen Verhältnis" zu sein.
Außenminister zeigt sich ernüchtert und besorgt
Zum aktuellen Stand der Beziehungen kurz vor dem Washington-Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte Wadephul laut Redetext: "Der Ton ist so rau wie lange nicht." Der Außenminister zeigte sich ernüchtert und besorgt über den Kurs der Regierung von US-Präsident Donald Trump.
Er wolle "nicht herunterspielen, dass es seit dem Amtsantritt der neuen US-Administration im Januar nicht nur einen neuen Stil im Umgang miteinander oder mit anderen Bündnispartnern gibt, der irritierend ist und viele von uns verunsichert", sagte Wadephul.
Vielmehr seien "bei einer ganzen Reihe von Themen Äußerungen und auch Handlungen zu sehen, die gegen grundlegende Fundamente unseres Miteinanders gerichtet scheinen", fuhr Wadephul fort.
Als Beispiele nannte er Vorwürfe der US-Regierung, dass die Meinungsfreiheit in der EU in Gefahr sei, Zweifel am demokratischen Charakter der europäischen Gesellschaften, und "offene Einflussnahmen für bestimmte politische Parteien".
Wadephul fügte hinzu:
Diese Entwicklungen sehen wir mit großer Besorgnis und ohne Naivität.
Johann Wadephul, Außenminister
Wadephul: Meinungsverschiedenheiten erscheinen "gefährlicher"
Zwar habe es auch in den vorangegangenen Jahrzehnten immer wieder transatlantische Debatten gegeben etwa über die Verteilung der Verteidigungslasten und über Handelsfragen, sagte Wadephul.
Im Vergleich dazu erschienen die "Meinungsverschiedenheiten, Irritationen, auch manchmal tiefe Verunsicherungen, wie wir sie jetzt erleben", allerdings "tiefgehender, grundsätzlicher, gefährlicher", fügte er hinzu.
Und ja, wir erleben tiefgreifende Veränderungen in den USA selbst mit unbekanntem Ausgang.
Johann Wadephul, Außenminister
Man dürfe aber "nicht in Panik verfallen", betonte der CDU-Politiker.
Sondern wir müssen diese Sturmphase aushalten, indem wir uns zunächst auf unsere eigenen Interessen besinnen.
Johann Wadephul, Außenminister
Das bedeute auch, dass Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit stärken, seine Handelsinteressen wahren, und "unser Verständnis von Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit formulieren" müsse.
Wadephul: Habe Urvertrauen in transatlantische Partnerschaft
Er selber habe ein "Urvertrauens in unsere transatlantische Partnerschaft", sagte Wadephul. "Doch die letzten Monate haben uns auch gezeigt, dass diese Zukunft nicht selbstverständlich ist." Er vertraue aber darauf, dass das transatlantische Bündnis gewahrt werden könne - "ohne Naivität und Illusionen".
Wadephul, der in der vergangenen Woche selbst in der US-Hauptstadt Washington D.C. zu Besuch war, bewertete die Gespräche mit seinem amerikanischen Amtskollegen Marco Rubio als positives Signal.
"Sie haben mich zuversichtlich gemacht, dass wir auch in Fragen, in denen uns Meinungsverschiedenheiten trennen, zu Einigungen im beiderseitigen Interesse kommen können."
Quelle: AFP, dpa
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