Analyse
Vor G7-Gipfel mit US-Präsident:Trumps Methoden werden autoritärer
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Militarisierung, Einschüchterung und keine Interesse an Verhandlungen - Trumps Methoden werden autoritärer. Das Ziel des US-Präsidenten beim G7-Gipfel: Deals zum Vorteil der USA.
Donald Trump am Samstag in Washington.
Quelle: AP | Julia Demaree Nikhinson
Wenn Donald Trump es sich aussuchen könnte, sähe seine Begrüßung beim G7-Gipfel wohl mindestens das Abschreiten einer Ehrenformation vor. Vielleicht auch noch 21 Salutschüsse und entsprechende Musik wie der pathetische Song, den der Präsident besonders liebt: "God bless the USA". Aus Sicht seiner Kritiker wäre wohl der Preußische Präsentiermarsch passender, mit der Textzeile "Seht da kommt der König".
Denn genau so sehen ihn Hunderttausende von Amerikanern, die am Samstag in mehr als 2.000 Städten des Landes unter dem Motto "Keine Könige" gegen die autoritäre Politik des Präsidenten demonstrierten. Die überwältigende Mehrheit der Proteste blieb friedlich. Doch wie sehr Trump mit seinem Drang zur Ausdehnung seiner Macht die Vereinigten Staaten spaltet, konnten Fernsehzuschauer live verfolgen.
Während bei der Militärparade in Washington mehr als 6.000 Soldaten mit Panzern und Artilleriegeschützen an einem offensichtlich hochzufriedenen Obersten Befehlshaber vorbeizogen, Kampfjets und Apache-Helikopter über die Hauptstadt donnerten, setzten Sicherheitskräfte in Los Angeles ein Versammlungsverbot mit Tränengas und Blendgranaten durch. Am Morgen des gleichen Tages hatte ein hasserfüllter Attentäter Mordanschläge auf demokratische Politiker und ihre Familien verübt.
Militarisierung und Einschüchterung als Methode
Seit seinem Amtsantritt hat Donald Trump den Regierungsapparat auf sich allein ausgerichtet, die Gewaltenteilung ausgehebelt, den Kongress umgangen, die unabhängige Gerichtsbarkeit attackiert, Urteile ignoriert und Grundrechte untergraben - wie das Grundrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren auch für Zuwanderer, die illegal über die Grenze kamen.
Der Einsatz von Soldaten bei Razzien und bei den Protesten in Los Angeles signalisiert eine Militarisierung der amerikanischen Politik. Einschüchterung ist das wichtigste Werkzeug Donald Trumps bei der Durchsetzung seiner innen- und weltpolitischen Ziele.
Genügend Streitthemen - aber niemand will den Eklat
Eigentlich müsste all das bei diesem Gipfel hier in den Bergen Kanadas zu heftigen Debatten zwischen ihm und den übrigen sechs Anführern der großen Industrienationen führen. Immerhin gefährdet Trumps Handelskrieg die Stabilität der Weltwirtschaft; immerhin verhindert seine softe Haltung gegenüber dem russischen Aggressor Putin jede Lösung des Konflikts um die Ukraine; und immerhin trifft Trump für den Krieg zwischen Israel und Iran eine Mitverantwortung, weil er in seiner ersten Amtszeit das Atomabkommen mit Iran aufkündigte.
Genügend Streitthemen also, aber stattdessen werden die anderen Regierungschefs Merz, Macron, Meloni, Starmer, Carney und Ishiba heilfroh sein, wenn es keinen Eklat gibt - auf offener Bühne oder hinter verschlossenen Türen. Die Erinnerung an 2018 ist noch frisch, als Trump beim damaligen Gipfel in Kanada vorzeitig abreiste und seine Unterschrift für die Abschlusserklärung nachträglich verweigerte.
Zur Sicherheit wird es diesmal gar keine Schlusserklärung geben. Das Thema Klimawandel wird keine Rolle spielen, die Migration nur dann, wenn man sich Trumps harter Linie anschließt. Der US-Präsident hat keinerlei Interesse an multilateralen Vereinbarungen, die man miteinander aushandelt. Er wird Vorgaben machen, die anderen sollen folgen oder eben nicht.
Trump kopiert die Methoden der Autoritären
Und er will, so hat es das Weiße Haus angekündigt, bei seinem Aufenthalt sehr viele bilaterale Gespräche führen - auch mit Indiens Premier Modi, Südkoreas Regierungschef Lee und anderen Gästen des Gipfels. "Der Präsident ist erpicht darauf, seine Ziele zu verfolgen", so ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter Trumps. Er werde dafür sorgen, dass Amerikas Handelsbeziehungen auf "Fairness" und "Gegenseitigkeit" beruhen. Es geht also darum, Deals zum Vorteil Amerikas mit einzelnen Ländern herauszuschlagen.
Für wie unwichtig Donald Trump die Anführer der wichtigsten und wohl auch reichsten Demokratien dieser Welt hält, wird an seinem jüngsten Telefonat mit Wladimir Putin klar. Mit dem russischen Machthaber diskutierte er am Samstag den Krieg im Nahen Osten, wohlgemerkt bevor er sich mit den G7-Partnern trifft. Sie werden bei diesem Gipfel einmal mehr merken, dass es Trump mehr in das Lager der Autoritären zieht. Deren Methoden kopiert er nun so entschlossen in Amerika, dass hunderttausende Demonstranten ihn als machtverliebten König sehen.
Elmar Theveßen ist Leiter des ZDF-Studios Washington.
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