Syrien ein Jahr nach Assad-Sturz: Wie ist die Lage heute?

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Ein Jahr nach dem Sturz von Assad:Die Herausforderungen, mit denen Syrien weiter kämpft

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Ein Jahr nach dem Sturz von Machthaber Assad liegen weite Teile Syriens noch immer in Trümmern. Millionen brauchen humanitäre Hilfe - und alte Wunden in dem Land klaffen tief.

Syrien

Zwei Syrer, die zur Zeit Assads im türkischen Exil lebten und kurz nach seiner Flucht nach Syrien zurückkehrten, sprechen über die aktuellen Aussichten für Rückkehrer und für den Wiederaufbau.

08.12.2025 | 2:43 min

Nach 14 Jahren Bürgerkrieg endete in Syrien vor einem Jahr die Herrschaft Baschar al-Assads. Nach dem Sturz seiner Regierung durch islamistische Kräfte steht das Land vor vielen Herausforderungen.

Wie lässt sich ein jahrzehntelang auf Geheimdiensten aufgebautes System zerlegen? Und konnten die neuen Machthaber mit alten Strukturen brechen? Ein Überblick.

Wie sieht es in Syrien heute aus?

Große Teile Syriens liegen noch immer in Trümmern. Bundesaußenminister Johann Wadephul beschrieb es bei einem Besuch in Harasta bei Damaskus drastisch. "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben", sagte er damals dem ZDF.

Auf die gewaltige Summe von 216 Milliarden US-Dollar schätzt die Weltbank die Kosten für den Wiederaufbau. Gleichzeitig fehlen Arbeitsplätze.

Johann Wadephul (M, CDU), Bundesminister des Auswärtigen, steht während seines Besuchs eines humanitären Projekts mit Raed Saleh (r).

Außenminister Johann Wadephul (CDU) sorgte Anfang November mit einer Aussage in Syrien für Diskussionen. Sehen Sie das Statement im Video.

03.11.2025 | 0:11 min

Dort, wo früher der Sicherheitsrat von Diktator Assad tagte, sitzt heute Syriens Katastrophenschutzminister Raed Al-Saleh. In seine Zuständigkeit fallen große Herausforderungen: Massengräber, Minenräumung, einstürzende Häuser und die Bewältigung des humanitären Notstands. Die Infrastruktur sei zerstört, berichtet Al-Saleh. Es mangele an Schulen und vielem mehr.

16 Millionen Menschen in Syrien sind weiter auf humanitäre Hilfe angewiesen, sieben Millionen davon sind Kinder. Das schätzt Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. "Die Probleme insbesondere für Kinder sind nach wie vor gravierend", sagt im ZDF-Morgenmagazin auch Florian Westphal, Geschäftsführer von Save the Children Deutschland.

Zwei syrische Mädchen in zerlumpten Kleidern sitzen am Straßenrand, nachdem sie am 02.09.2025 Müll nach Plastikresten durchsucht haben, die sie verkaufen können, um ihre Familie in Damaskus zu unterstützen.

Gerade für syrische Kinder ist die Situation auch ein Jahr nach dem Sturz Assads prekär. Es sei eine Riesenaufgabe, so der Geschäftsführer von Save the Children Deutschland im ZDF.

08.12.2025 | 4:31 min

Ist Syrien bereit für Rückkehrer?

Syrien sei heute nicht in der Lage, alle Syrer aufzunehmen, die in Nachbarländern oder Europa Zuflucht gesucht hätten, betont angesichts der Situation im Land der syrische Katastrophenschutzminister:

Nein, gewiss nicht jetzt gleich.

Raed Al-Saleh, Syriens Katastrophenschutzminister

Zwar entscheiden sich immer mehr ins Ausland geflüchtete Syrerinnen und Syrer, in ihr Heimatland zurückzukehren. Doch die Zahl derer, die aus Ländern wie Deutschland zurückkehren, bleibt bisher vergleichsweise gering. Im Jahr seit dem Umbruch sind nach UN-Angaben bereits eine Million Menschen in das Bürgerkriegsland zurückgekehrt.

Zwei kleine Jungen vor Trümmern von Häusern in Syrien, daneben großes gelbes a

Ein Jahr nach Assads Sturz: ZDF-Korrespondentin Golineh Atai reist durchs Land, trifft Menschen, die auf einen Neuanfang hoffen. Sie fragt: Wann wird Frieden möglich sein?

04.12.2025 | 32:00 min

Zurückgekehrt nach Syrien sind Ahmad Ghanman und Lubna al-Qassab. Beide flohen vor zehn Jahren vor dem Assad-Regime in die Türkei, wo sie sich zuletzt nicht mehr trauten, auf der Straße Arabisch zu sprechen. Jetzt unternehmen sie jeden Freitag mit einer Gruppe Radausflüge aufs Land. "Es ist so schön, unter Landsleuten zu sein", erzählt Ghanman dem ZDF. Doch seine Frau al-Qassab weiß auch:

Der eine muss den Schmerz des anderen verstehen, damit wir wieder eins werden - was nicht leicht ist.

Lubna al-Qassab

Im ersten Jahr im "neuen Syrien" ist es wiederholt zu Auseinandersetzungen, Gewaltausbrüchen gegen Minderheiten und Racheakten gekommen - etwa gegen Angehörige der Alawiten, der Glaubensgemeinschaft, der Assad angehörte. Hunderte Menschen wurden dabei getötet. Die jahrzehntelange Assad-Herrschaft hat ein tief gespaltenes Land hinterlassen.

Trümmer in Syrien und zerfetztes Poster von Baschar al-Assad

Fünf Jahrzehnte Diktatur, mehr als 13 Jahre Krieg: Syrien liegt in Trümmern. Wie realistisch ist die Rückkehr aus dem Exil? Wie stabil ist Syrien ein Jahr nach der Revolution?

08.12.2025 | 18:08 min

Wie ist die politische Lage im Land?

Heute führt Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa die Regierung des Landes mit rund 23 Millionen Einwohnern. Al-Scharaa ist der Kopf der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS). Eine Rebellenallianz hatte unter Führung der HTS am 8. Dezember 2024 die Assad-Regierung nach einer Blitzoffensive gestürzt.

Mit dem Umbruch wurde die mehr als 50-jährige Herrschaft der Assad-Familie in Syrien beendet. Als Assad nach Russland floh, übernahmen seine einstigen Gegner aus der Opposition die Regierungsangelegenheiten. Sie stellten eine Übergangsregierung zusammen, die auch aus Technokraten besteht.

Menschenrechtsorganisationen fordern weiterhin mehr Demokratie in dem Land. Kritik gab es auch an den ersten Parlamentswahlen. Dabei hatte die syrische Bevölkerung keine direkte Gelegenheit, die Abgeordneten zu wählen. Außerdem blieb der Anteil gewählter Frauen und Angehöriger von Minderheiten gering.

Nawar Najmeh, spokesperson for Syria's Higher Committee for People's Assembly Elections, speaks during a press conference

Bei der ersten Parlamentswahl in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes haben vor allem sunnitische Kräfte gewonnen. Frauen und Minderheiten sind in dem neu gewählten Parlament hingegen kaum vertreten.

07.10.2025 | 0:23 min

Welchen Kurs verfolgt Syriens Regierung international?

Auf der außenpolitischen Bühne ist es Al-Scharaa und seiner Regierung gelungen, das Land aus der internationalen Isolation zu holen. Er wurde nicht nur von Wladimir Putin empfangen, der Assad jahrelang militärisch im Kampf gegen die jetzigen Machthaber geholfen hatte, sondern auch als erster syrischer Präsident überhaupt ins Weiße Haus nach Washington eingeladen. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat ihn nach eigenen Aussagen nach Berlin eingeladen.

Gleichwohl haben die USA ihre Sanktionen gegen Syrien noch nicht dauerhaft aufgehoben: Es ist nur einer der Faktoren, die den Aufbau des Landes weiter erschweren.

Trump Syrien

US-Präsident Trump empfing im November den früheren Dschihadistenführer Al-Scharaa im Weißen Haus. Erst vor wenigen Tagen hatten die USA ihn von der Terror-Liste gestrichen.

10.11.2025 | 1:19 min

Quelle: ZDF, dpa
Über dieses Thema berichtete das ZDF-Morgenmagazin am 08.12.2025 ab 05:30 Uhr.   
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