Kritik an Äußerung von Außenminister:Syrien-Debatte: Widerspricht Wadephul den Koalitions-Plänen?
von Jan Henrich
Außenminister Wadephul äußerte Zweifel an einer schnellen Rückkehr syrischer Flüchtlinge und erntet Kritik aus der eigenen Partei. Widerspricht seine Aussage den Koalitions-Plänen?
Nach seinem Besuch in Syrien glaubt Außenminister Wadephul (CDU) angesichts des Leids dort nicht an die schnelle Rückkehr vieler Syrer. Doch seine Parteikollegen widersprechen.
03.11.2025 | 3:08 minEine Fahrt kilometerlang durch vollständig zerstörte Stadtteile, vorbei an Ruinen und ausgebombten Häusern eines Vorortes von Damaskus. Unter diesem Eindruck äußerte Außenminister Johann Wadephul (CDU) vergangene Woche Zweifel an einer schnellen Rückkehr vieler Menschen aus Syrien in diese Gebiete: "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben".
Aus der eigenen Partei hagelt es dafür Kritik. Zerstörte Häuser seien kein Argument gegen Abschiebungen. Einige Unionspolitiker befürchten die Abkehr von der immer wieder betonten Migrationswende. Andere hingegen wiegeln ab und sprechen von einer Scheindebatte. Bei genauer Betrachtung zeigt sich: Den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Rückführungs-Plänen widerspricht die Aussage des Außenministers nicht. Nur scheinen die Erwartungen in der Migrationspolitik auseinander zu liegen.
Diskussion in der CDU: Man habe sich von Außenminister Wadephul gewünscht, dass er eine Rückkehr für Geflüchtete aus Syrien positiv bewerbe, so ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese.
03.11.2025 | 2:37 minAuswärtiges Amt: Aussage bezogen auf freiwillige Ausreise
Was genau Wadephul mit seiner Aussage beim Staatsbesuch in Syrien gemeint hat, konkretisierte am Montag ein Sprecher des Auswärtigen Amtes: Die Äußerung habe sich nicht auf Abschiebungen bezogen, sondern auf die freiwillige Rückkehr von Syrern in ihre Heimat. Der Außenminister hatte vor Ort angemerkt, dass eine solche Rückkehr angesichts der zerstörten Infrastruktur derzeit nur eingeschränkt möglich sei.
Gegen die Pläne insbesondere Straftäter wieder nach Syrien abzuschieben, habe es keinen Widerspruch gegeben. Die Gespräche und Vorbereitungen hierzu seien weit fortgeschritten.
Außenminister Wadephul (CDU) stößt mit seinen Zweifeln an einer raschen Rückkehr von Syrern aus Deutschland in ihre Heimat auf Kritik. In Syrien sei die Lage „ingesamt sehr instabil“, so ZDF-Korrespondentin Golineh Atai.
03.11.2025 | 2:46 minAbschiebungen mit Fokus auf Straftäter und Gefährder
Das war auch ein Teil der im Koalitionsvertrag angekündigten "konsequenteren" Migrationspolitik. Union und SPD hatten sich darauf geeinigt, dass künftig wieder nach Syrien abgeschoben werden soll.
Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben beginnend mit Straftätern und Gefährdern.
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 21. Legislaturperiode
Doch eine Abschiebung kommt derzeit ohnehin nur bei einem Bruchteil der in Deutschland lebendenden Menschen aus Syrien in Frage. Etwa bei denjenigen, die keinen anerkannten Schutzstatus oder einen Aufenthaltstitel aus anderen Gründen haben.
Rund 900 ausreisepflichtige Syrer ohne Duldung
Insgesamt leben nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge derzeit 947.833 syrische Staatsangehörige in Deutschland. Der weit überwiegende Teil davon ist entweder anerkannt nach Genfer Flüchtlingskonvention oder verfügt über einen subsidiären Schutz.
Nach seiner Rückkehr aus Syrien erklärte Außenminister Wadephul, ein würdiges Leben dort sei kaum möglich. Angesichts von Forderungen nach schnelleren Abschiebungen sorgt das für Kritik.
03.11.2025 | 2:02 minAusreisepflichtig ohne eine Duldung aus anderen Gründen, sind derzeit lediglich rund 900 Personen. Nur in diesen Fällen kommen die geplanten Abschiebungen derzeit in Betracht. Wie viele Straftäter und Gefährder unter den 900 Personen sind, dazu lag dem Bundesamt keine Statistik vor.
Asylexperte: Rückkehr ist individuelle Entscheidung
Aus Sicht von Asylrechtsexperte Constantin Hruschka scheint daher die Debatte falsch geführt. Eine Rückkehr nach Syrien sei vor dem Hintergrund weiterhin bestehender Gefahren und dem geltenden Asylrecht eine individuelle Entscheidung. Allgemein sei die Sicherheitslage in Syrien weiterhin sehr unübersichtlich, so Hruschka gegenüber dem ZDF.
Es ist in keiner Region so, dass man sagen würde, da habe ich eine Garantie, dass da nicht wieder ein Konflikt ausbricht.
Constantin Hruschka, Lehrstuhl für Sozialrecht, Evangelische Hochschule Freiburg
Für die deutschen Behörden ist diese Entwicklung der Gefährdungslage in den einzelnen Regionen Syriens das entscheidende Kriterium. Entfällt der Schutzgrund, kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Status als Flüchtling jederzeit überprüfen und entziehen. Basis für die Entscheidungen und Einschätzung ist unter anderem ein Lagebericht des Auswärtigen Amtes, der zuletzt im März 2025 aktualisiert wurde.
Die Union diskutiert intensiv über Abschiebungen nach Syrien. CDU-Politiker Bilger fordert eine Wiederaufnahme der Abschiebungen. Das sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden.
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