Reaktionen im Kreml:Wie reagiert Putin auf den Washington-Gipfel?
Sowohl die USA als auch die Europäer verbuchen den Gipfel von Washington als Erfolg und Auftakt für einen Friedensprozess. Fraglich allerdings, was Putin daraus macht.
Was der Gipfel in Washington für das Verhältnis von USA und EU bedeutet und wie der Kreml darauf reagiert, erklären die Korrespondenten Elmar Theveßen und Armin Coerper.
19.08.2025 | 2:24 minEs geht um ein Raubtier. Eines, das für das eigene Überleben immer weiter fressen müsse. Das vor den Toren Europas dauerhaft zu einer destabilisierenden Macht geworden sei. Der französische Präsident Emmanuel Macron nutzt dieses Bild heute in einem TV-Interview. Er nutzt es, um Wladimir Putin zu beschreiben. Vielleicht auch, um sich irgendwie doch noch vom US-Präsidenten abzugrenzen. Denn der schien gestern eben jenen Putin den Europäern als Friedenstaube verkaufen zu wollen. Zumindest scheint Donald Trump zu glauben, das vermeintliche Ungeheuer irgendwie zähmen zu können.
Doch wenn es nach Trump geht, könnte das sehr schnell gehen. Binnen zehn oder vierzehn Tagen könnte ein Putin-Selenskyj-Treffen stattfinden. Der Kremlherr habe das vorgeschlagen, noch vor einem Dreiertreffen mit Trump. Hat er das wirklich? Aus dem Kreml meldet sich gestern Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow zu Wort. Man sei bereit zu direkten, bilateralen Gesprächen: "Es wurde erörtert, die Ebene der Vertreter auf russischer und ukrainischer Seite anzuheben - also jener Vertreter, die an den genannten Verhandlungen teilnehmen."
Nach dem Ukraine-Gipfel in Washington sind viele Fragen offen, der Verhandlungsprozess hat aber begonnen. Nun könnte es zu einem Treffen von Selenskyj und Putin kommen.
19.08.2025 | 1:38 minBisher hatte die russische Delegation der im Kreml für die Geschichtsdoktrin in Schulbüchern Zuständige geleitet. Da ist noch Platz nach oben. Dass jetzt Putin selbst Selenskyj treffen könnte, davon hört man aus dem Kreml heute nichts.
Das bekannte Spiel auf Zeit
Vielmehr klingt das nach jenem bekannten Spiel auf Zeit. Putin hat damit Trump wahrscheinlich einmal mehr an der Nase herumgeführt. Denn dem Dreiertreffen kann er nicht entkommen, ohne den Zorn des US-Präsidenten auf sich zu ziehen. Und auch der kann durchaus raubtierhafte Züge tragen. Deshalb hat er vor das Dreiertreffen schnell den flotten Zweier gesetzt, dem er offensichtlich glaubt, entgehen zu können - indem er seinen Außenminister oder wen auch immer schickt.
War das Treffen im Weißen Haus gestern ein Hoffnungsschimmer auf dem Weg zum Frieden in der Ukraine? Oder war alles nur heiße Luft? Wie sehen das die Deutschen? Stimmen dazu aus München.
19.08.2025 | 0:55 minDenn Putin ist beschäftigt. Schon Ende nächster Woche steht eine große Reise an. Nach China, zu seinem engen Verbündeten. Es liegt ein bisschen auf der Hand, dass Putin bis dahin keine Gipfeltreffen mehr abhält.
Lawrow stellt viele Bedingungen
Auch Außenminister Lawrow klingt heute in einem TV-Interview nicht wirklich danach, als habe das russische Raubtier seine sanfte Seite entdeckt. Er lobt den US-Präsidenten für seinen Einsatz und tadelt die Europäer für ihr Insistieren auf einem Waffenstillstand. Das tut er seit Monaten.
Die EU-Staaten beraten über Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Wie diese definiert sein könnten, erklärt Europa-Korrespondentin Lara Wiedeking.
19.08.2025 | 1:12 minEin Treffen Putins mit Selenskyj müsse "sehr gründlich vorbereitet werden", und: "Ohne eine Berücksichtigung der russischen Sicherheitsinteressen, ohne die Achtung der Rechte der Russen und Russischsprachigen, die in der Ukraine leben, kann von einem langfristigen Abkommen nicht die Rede sein". Nach Friedenstauben und Verhandlungstisch klingt das eher nicht.
Friedenssicherung unter UN-Mandat?
Bleibt noch die Frage nach Sicherheitsgarantien. Die fordert nämlich nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland. Denn dort hatte man ja als Kriegsgrund seit dreieinhalb Jahren gebetsmühlenartig von einer drohenden Gefahr gesprochen, die von der Westannäherung der Ukraine ausginge. Das heißt: Vor Verhandlungsbeginn will Moskau klare Signale, dass die Nato-Mitgliedschaft für immer vom Tisch ist.
Die USA und die Europäer müssten sich auf Waffenlieferungen und Truppenstationierungen verständigen, um der Ukraine Schutz zu bieten.
18.08.2025 | 3:00 minUnd apropos Nato: Dass deren Mitglieder einen Frieden in der Ukraine militärisch absichern, bezeichnet Lawrows Sprecherin Maria Sacharowa gestern als "inakzeptabel". Moskau wird vermutlich darauf bestehen, dass auch seine Verbündeten hier im Spiel sind. Möglicherweise unter UN-Mandat.
Putin trifft Freunde aus China und Iran
Das dürfte den Blick nach China lenken - und zu Putins anstehender Reise. Dass er sich vorher noch auf irgendetwas festlegt, scheint zumindest fraglich. In China, beim Treffen der "Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit" wird er auf viele Freunde treffen. Den Gastgeber Xi, den Inder Modi, die Mullahs aus Iran.
Derzeit eingefrorenes Notenbankvermögen könne eingezogen werden. Dies sei ein "starkes Mittel". Zudem wichtig: Weitere "militärische Unterstützungen", so der stellv. Unions-Fraktionsvorsitzende Norbert Röttgen.
19.08.2025 | 6:17 minDeren Unterstützung wird er sich versichern und weitere Schritte mit ihnen abstimmen. Mit seinen Partnern, für die der französische Präsident vermutlich ähnliche Vergleiche aus dem Tierreich finden wird, wie für Putin, in dessen Riesenreich übrigens sehr viele wilde Tiere leben.
Armin Coerper leitet das ZDF Studio Moskau.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog: