Milliardenhilfen für die Ukraine:EU-Gipfel: Weg zur Nutzung russischer Vermögen weiter unklar
Eingefrorene russische Gelder für die Ukraine verwenden? Auf ihrem Gipfel haben die Staats- und Regierungschefs der EU erste Schritte dafür eingeleitet. Es gibt aber auch Bedenken.
In London trifft sich die sogenannte "Koalition der Willigen". Premier Starmer wirbt vor allem für weitreichende Waffen für die Ukraine. Hilke Petersen über die Erfolgsaussicht.
24.10.2025 | 1:25 minDie EU treibt die Planungen für die Nutzung von eingefrorenem russischen Staatsvermögen für die Ukraine voran. Angesichts erheblicher Sicherheits-Bedenken von Belgien, dass den Großteil der Gelder verwaltet, bleibt jedoch unklar, ob sie am Ende wirklich umgesetzt werden können.
Beim Herbstgipfel der Staats- und Regierungschefs wurde die EU-Kommission damit beauftragt, so bald wie möglich einen Vorschlag dazu vorzulegen. Auf Dringen Belgiens hin soll die Kommission aber auch mögliche andere Optionen erarbeiten, wie der Finanzbedarf der Ukraine für die Jahre 2026 bis 2027 gedeckt werden könnte, wie aus einer am Abend veröffentlichten Erklärung hervorgeht.
Die Staats- und Regierungschef haben das 19. Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg gebracht.
23.10.2025 | 2:46 minDie erhoffte Einigung auf eine Nutzung der Gelder blieb damit zunächst aus. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vor drei Wochen noch die Erwartung geäußert, es werde beim Gipfel "aller Voraussicht nach dazu eine konkrete Entscheidung geben". Die jetzige Erklärung ist nur ein erster Schritt in diese Richtung und nicht das erwartete starke Signal an Russland. Dazu trug neben der Sorge von Belgien auch bei, dass Ungarn sich weigerte, den Text mitzutragen.
ZDF-Korrespondent sieht Wendepunkt
Die vor allem von Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorangetriebenen Pläne sehen vor, in der EU festgesetzte Zentralbankgelder Russlands zu verwenden, um der Ukraine Darlehen in Höhe von bis zu 140 Milliarden Euro zu übergeben.
Vor zwei, drei Monaten wäre dies noch "komplett ausgeschlossen" gewesen, sagt ZDF-Korrespondent Ulf Röller in Brüssel. Es habe - gerade aus Deutschland - die Sorge gegeben, dass die Kapitalmärkte "sehr sensibel und auch bösartig" reagieren.
Jetzt ist es so, dass es eben doch möglich erscheint. Vor allem aus einem ganz einfachen Grund: Europa hat einfach nicht das Geld, um die Ukraine weiter zu unterstützen.
Ulf Röller, ZDF-Korrespondent
Mit diesen 140 Milliarden Euro wolle man die Ukraine "für die nächsten zwei Jahre" finanzieren, so Röller weiter. Auf dem Gipfel habe man nun "ein klares, politisches Signal gesendet, dass das passieren wird".
Am Ende glaube ich: Die Beschlagnahmung des russischen Vermögens wird kommen.
Ulf Röller, ZDF-Korrespondent
Hintergrund der Pläne zur Nutzung des russischen Vermögens ist vor allem der Finanzbedarf der Ukraine. Für die militärische und finanzielle Unterstützung Kiews wird in den kommenden zwei Jahren voraussichtlich ein dreistelliger Milliardenbetrag benötigt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt den Bedarf an Haushaltshilfen für das Funktionieren des Staates 2026 und 2027 auf 60 Milliarden US-Dollar (52 Mrd. Euro).
Hinzu kämen vermutlich mindestens 80 Milliarden Euro für Waffen und Munition für den Abwehrkampf gegen Russland - und dabei ist schon einkalkuliert, dass der Krieg möglicherweise nicht mehr volle zwei Jahre in der derzeitigen Form weitergeht.
Wenn nicht das russische Vermögen genutzt werden kann, müssten die EU-Staaten das Geld für die Unterstützung der Ukraine anderweitig aufbringen - was angesichts der hohen Verschuldung von Ländern wie Frankreich und Italien als schwierig gilt.
Quelle: dpa
Belgien warnt vor Rechtsrisiken und Folgen für Firmen
Die Pläne sehen dies weiter vor: Russland soll das Geld nur dann zurückbekommen, wenn es nach einem Ende des Krieges gegen die Ukraine Reparationszahlungen leistet. Für den Fall, dass die eingefrorenen russischen Gelder unerwartet wieder freigegeben werden müssen, sollen die EU-Staaten Garantien leisten.
Insbesondere Belgien steht den Plänen bislang aber noch sehr kritisch gegenüber, weil es erhebliche Rechtsrisiken und auch negative Konsequenzen für noch in Russland tätige europäische Unternehmen sieht. Das Land ist ein zentraler Akteur, da die russischen Gelder dort derzeit von dem Unternehmen Euroclear verwaltet werden.
Heute findet der erste formelle EU-Gipfel nach der Sommerpause statt. Themen sind vorwiegend die Wettbewerbsfähigkeit der EU und der Krieg in der Ukraine.
23.10.2025 | 3:30 minDeutsche Unternehmen befürchten Milliardenverluste
Der belgische Premierminister De Wever will nur dann eine Umsetzung der Pläne ermöglichen, wenn das Risiko vollständig von allen Mitgliedsstaaten getragen wird. Ferner verlange sein Land Garantien, dass "alle Mitgliedstaaten sich beteiligen", falls das Geld zurückgezahlt werden muss, sagte der Belgier. Außerdem fordert er Transparenz und gemeinsames Handeln von allen anderen Ländern, die Vermögenswerte blockieren. Er warnte zudem, dass Vermögenswerte europäischer Unternehmen in Russland beschlagnahmt werden könnten.
Auch in deutschen Unternehmerkreisen gibt es starke Vorbehalte gegen das Projekt. "Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren", sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp, der Deutschen Presse-Agentur. Zusammengerechnet sei Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr.
Beim Herbstgipfel in Brüssel berät die EU neben verschärften Sanktionen gegen Russland auch über Aufrüstung und Hilfe für die Ukraine. Ulf Röller mit einer Einschätzung.
23.10.2025 | 1:09 minSelenskyj hofft auf Hilfe Anfang 2026
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte beim Gipfel in Brüssel, sein Land benötige die Kredite bereits im kommenden Jahr. "Wir brauchen es im Jahr 2026 und es wäre besser, es gleich zu Beginn des Jahres zu haben", sagte er. Er wisse jedoch nicht, ob dies möglich sei, fügte er hinzu. "Nicht alles hängt von uns ab."
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