Hexenjagd nimmt zu - Opfer in 46 Ländern

Verfolgung und Stigmatisierung:Hexenjagd nimmt zu - Opfer in 46 Ländern

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In vielen Ländern gibt es sie noch immer: die Verfolgung von Mädchen und Frauen als vermeintliche Hexen. Nach Angaben des Hilfswerks missio Aachen nimmt der Hexenwahn zu.

Gruppe von Frauen in Ghana

Ghana zählt mit zu den Ländern, in denen Frauen und Mädchen fürchten müssen, der Hexerei beschuldigt zu werden.

Quelle: AP

Verfolgung und Stigmatisierung vor allem von Frauen und Mädchen als vermeintliche Hexen haben nach Angaben des Hilfswerks missio Aachen zugenommen. Für das laufende Jahr wurden in 46 Ländern der Erde Gewalttaten gegen Menschen dokumentiert, denen Hexerei vorgeworfen wird.

Hexenwahn: Mehr Todesopfer seit 1960 als in früher Neuzeit

Dies betreffe etwa Papua-Neuguinea, Benin, Ghana, Tansania oder Niger. Das Hilfswerk äußert sich zum internationalen Tag gegen den Hexenwahn am kommenden Sonntag. Die moderne Hexenverfolgung habe inzwischen mehr Todesopfer gefordert als die im Europa der frühen Neuzeit.

Eine Hexe hält eine Glaskugel in den Händen, im Hintergrund der Vollmond, Fledermäuse.

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Das Hilfswerk beruft sich auf Schätzungen des Kölner Historikers Werner Tschacher. Demnach wurden seit 1960 weltweit mindestens 55.000 Menschen wegen angeblicher Hexerei getötet. Für die Zeit der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert geht Tschacher von rund 50.000 Todesopfern aus.

Ausmaße der Hexenverfolgung "bisher wenig bekannt"

Zuletzt hatten kirchliche Partner von missio Aachen ein Projekt in Niger gestartet, bei dem über 800 Betroffene betreut werden. Dass in dem westafrikanischen Land entsprechende Fälle auftraten, ist demnach eine neue Entwicklung. Insgesamt hat missio nach eigenen Angaben in den vergangenen sechs Jahren Projekte gefördert, die über 3.300 Menschen schützen konnten - mit medizinischer Versorgung, Unterkunft oder psychosozialer Hilfe.

Für viele war es buchstäblich eine Rettung in letzter Minute.

Hilfswerk missio Aachen

Das Ausmaß dieser Art von Menschenrechtsverletzung sei noch zu wenig bekannt, mahnte Historiker Tschacher - und die Tendenz steige.

Angesichts von Klimakrise, Ressourcenkämpfen, Epidemien und Hunger erwarte ich steigende Opferzahlen, da in unter Druck stehenden Gesellschaften Sündenböcke gesucht und gefunden werden.

Werner Tschacher, Historiker

Werden Frauen der Hexerei bezichtigt, haben sie und ihre Familie keine Chance, sich zu wehren. Ihnen bleibt nur die Flucht. Eifersucht und Missgunst sind meist die Gründe für die Anklage: Oft sind es die zweiten Frauen in einer polygamen Ehe, die auf diese Art eine Konkurrentin loswerden wollen.

Leben im Dorf der verstoßenen Frauen

So auch im Fall von Salamatu Nanle in Ghana: Als jemand in der Familie schwer erkrankte, wurde ihr die Schuld gegeben. "Die Männer und Frauen aus dem Dorf schlugen auf mich ein, obwohl sie wussten, dass ich schwanger war."

Sie floh vor gut zwölf Jahren, das Baby kam im einem Camp im Norden des Landes zur Welt. Das Camp Gushiegu wird "Camp der alten Frauen" genannt, ist in keiner Landkarte verzeichnet und schwer zu finden. In dem Dorf mit Lehmhütten zwischen Maisfeldern und Sojaplantagen leben rund 90 Frauen und eine Handvoll Kinder. Die Frauen sind nicht freiwillig hier: Sie alle wurden als Hexen beschuldigt und aus ihren Dörfern vertrieben.

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Hexenkraft wirkt angeblich nur im Heimatdorf

Heute steht ihr Sohn Joshua neben Nanle. Er hat in seinem Leben nichts anderes gesehen als dieses Dorf der verstoßenen Frauen. Versuche der Regierung, Frauen zurück in ihre Dörfer zu bringen, sind größtenteils gescheitert. Mit den Bewohnern des Ortes Gushiegu gibt es kaum Probleme. Angst vor der angeblichen Hexenkraft scheint niemand zu haben, denn dieser gelte - so der Glaube - nur im Heimatdorf.

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Schon allein, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt, helfen sich die Verstoßenen gegenseitig. Einige versuchen, den Farmern in der Umgebung bei der Ernte zu helfen, sammeln Feuerholz zum Verkauf auf dem Markt oder kehren nach Marktschluss auf den Boden gefallene Körner und Samen zusammen und reinigen sie zu Hause. Was sie selbst nicht essen, verkaufen sie in kleinen Tüten wieder auf dem Markt.

Der zwölfjährige Joshua jedenfalls hat schon Zukunftspläne, er will später zum Militär. "Ich möchte Soldat werden", sagt der Junge. "Dann kann ich die Frauen im Camp vor Angriffen beschützen."

Quelle: KNA

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