Ukraine-Flüchtlinge: Wechsel zu Asylleistungen spart wohl nichts

Ukrainische Flüchtlinge:Wechsel zu Asylleistungen wohl Nullsummenspiel

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Schwarz-Rot will die Leistungen für geflüchtete Ukrainer neu regeln: Statt Bürgergeld sollen sie künftig niedrigere Asylleistungen erhalten. Einsparungen bringt das offenbar nicht.

Flüchtlinge, darunter der größte Teil aus der Ukraine, und eine Helferin (r) stehen vor einer Außenstelle des Sachgebiets Flüchtlinge der Ausländerbehörden und der Abteilung Flüchtlinge des Sozialamts in der Innenstadt in einer Schlange
Künftig kein Bürgergeld mehr für ukrainische Geflüchtete? So will es die Koalition. (Symbolbild)
Quelle: dpa

Die geplante Neuregelung der staatlichen Leistungen für Geflüchtete aus der Ukraine bringt offenbar keine Einsparungen. Wie aus einem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht, würden zwar 2026 für Bürgergeld, Leistungen zur Grundsicherung und Hilfen zum Lebensunterhalt rund 1,32 Milliarden Euro weniger Kosten entstehen.
Gleichzeitig rechnet das Ministerium aber mit zusätzlichen Kosten für Länder und Kommunen von rund 1,375 Milliarden Euro für Asylbewerberleistungen.
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Bürgergeld-Stopp für Ukrainer: Gesetz bis Jahresende geplant

Bislang bekommen bei nachgewiesener Bedürftigkeit alle Geflüchteten aus der Ukraine Bürgergeld. Die schwarz-rote Koalition will das ändern: Künftig sollen alle, die nach dem 1. April dieses Jahres gekommen sind oder noch kommen, die niedrigeren Asylbewerberleistungen erhalten, aber kein Bürgergeld mehr. Darauf hatten sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt.

... benötigen Asylbewerber und Geflüchtete einen anerkannten Flüchtlingsstatus, subsidiären Schutz oder es muss ein Abschiebeverbot gelten.

Da die EU nach Russlands Angriff auf die Ukraine 2022 erstmals die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie aktiviert hat, müssen Menschen aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen. Sie haben also sofort ähnliche Rechte wie anerkannte Flüchtlinge - auch bezogen auf das Bürgergeld.

Das Ministerium von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) leitete nun die Ressortabstimmung zu einem entsprechenden Gesetzentwurf ein, der der AFP vorlag. Nach dem Kabinett muss sich das Parlament damit befassen, bis zum Jahresende soll das Gesetz stehen.

Wechsel zu Asylleistungen: Höhere Ausgaben für Länder und Kommunen

Begleitend zum Gesetzgebungsverfahren wollen Bund und Länder eine pauschalierte Kostenentlastung für die Länder vereinbaren, denen jetzt zusätzliche Kosten entstehen.
Dem Entwurf zufolge entfallen von den für 2026 veranschlagten Minderausgaben beim Bürgergeld rund 1,05 Milliarden auf den Bund, der Rest auf Länder und Kommunen. Durch den Wechsel von Bürgergeld zu Asylbewerberleistungen für ukrainische Geflüchtete kämen nun vor allem auf Länder und Kommunen höhere Ausgaben zu.
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Auch für das Jahr 2027 ergibt sich weitgehend ein Nullsummenspiel: Hier belaufen sich laut Gesetzentwurf die Einsparungen bei Bürgergeld, Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfen zum Lebensunterhalt auf 376 Millionen Euro. Dem stehen geschätzte Kosten in Höhe von 394 Millionen Euro für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gegenüber.
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Söder reicht Bürgergeld-Vereinbarung nicht

Die Zuwendungen beider Gesetze unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten: So ist der monatliche Betrag beim Bürgergeld höher als beim Asylbewerberleistungsgesetz. Empfänger von Bürgergeld haben dabei einen Krankenversicherungsschutz - bei Asylbewerbern kommen in den Anfangsmonaten die zuständigen Gemeinden für medizinische Notfälle auf. Außerdem sind Bürgergeldempfänger häufig anders untergebracht als Asylbewerber.

Stand Ende April sind rund 1,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer vor dem Krieg nach Deutschland geflohen, rund ein Drittel von ihnen sind Kinder und Jugendliche.

Die Mehrheit der Menschen aus der Ukraine bezieht Bürgergeld: Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren im Juli rund 519.000 Menschen aus der Ukraine als erwerbsfähig gemeldet und hatten somit Anspruch auf Bürgergeld. Hinzu kamen rund 200.000 Beziehende, die nicht erwerbsfähig sind, vor allem Kinder.

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CSU-Chef Markus Söder war kürzlich mit einem Vorstoß, allen Geflüchteten aus der Ukraine das Bürgergeld zu streichen, noch über die Abmachungen im Koalitionsvertrag hinausgegangen. Dies wolle er in der Koalition durchsetzen, sagte er im ZDF-Sommerinterview.
SPD-Politikerinnen und -Politiker lehnen das aber ab. Sowohl Bas als auch Vizekanzler Lars Klingbeil (beide SPD) mahnten, sich an den Koalitionsvertrag zu halten.
Quelle: AFP

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