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FAQ
Tag der Arbeit :Welche Bedeutung der 1. Mai heute noch hat
von Jana Nieskes und Michael Claus
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Es begann mit der Forderung nach einem Acht-Stunden-Tag und blutigen Streiks - der Tag der Arbeit hat eine lange Tradition. Welchen Ursprung er hat und was er heute noch bedeutet.
Der Tag der Arbeit ist auch ein Tag der Demonstrationen (Archivbild)
Quelle: imago
Viele nutzen den Tag für eine Wanderung, einige stellen einen Maibaum auf, andere demonstrieren: Am 1. Mai haben die meisten Menschen in Deutschland frei. Im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Feiertagen hat dieser keinen religiösen Hintergrund - sondern einen politischen. Fragen und Antworten rund um den Tag der Arbeit.
Welchen Ursprung hat der Tag der Arbeit?
Seinen Ursprung hat der Tag der Arbeit in den USA: Der 1. Mai war dort im 19. Jahrhundert der Stichtag, an dem viele Arbeitsverträge endeten oder neu abgeschlossen wurden. Am "Moving Day" mussten deshalb viele ihre Arbeitsstelle oder ihren Wohnort wechseln.
Am 1. Mai 1886 gingen schließlich 400.000 Arbeiter auf die Straße und forderten, den Acht-Stunden-Tag in ihre Verträge aufzunehmen. Die Demonstrationen eskalierten in den folgenden Tagen: In Chicago starben mehrere Menschen durch eine Explosion und Schüsse.
Drei Jahre später trafen sich Gewerkschaften und Arbeiterparteien aus der ganzen Welt zu einem Internationalen Arbeiterkongress in Paris. Aus Solidarität mit den Arbeitern in den USA riefen sie zu einer weltweiten Demonstration am 1. Mai 1890 auf.
In Deutschland folgten damals rund 100.000 Menschen diesem Aufruf. In den folgenden Jahren entwickelte sich der 1. Mai zum Fest- und Aktionstag der Arbeiterbewegung.
Wie wurde der 1. Mai zum Feiertag?
1919 erklärt die Weimarer Nationalversammlung den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag - allerdings nur einmalig. Für einen dauerhaften Feiertag gab es in der Weimarer Republik keine politische Mehrheit. 1929 eskaliert der Streit um den Tag zwischen SPD und KPD: Trotz eines Demonstrationsverbots ruft die KPD in Berlin zu Kundgebungen auf. Dabei kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen - mehr als 30 Menschen sterben. Der 1. Mai 1929 geht als "Blutmai" in die Geschichte ein.
Zu einem festen Feiertag wird der 1. Mai dann im Jahr 1933: Die Nazis machen ihn zum "Tag der nationalen Arbeit". Der Tag wurde zum nationalsozialistischen Propagandaspektakel, Gewerkschaften wurden zerschlagen, ihre Mitglieder verfolgt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird der 1. Mai in beiden deutschen Staaten wieder zum gesetzlichen Feiertag. Während der Tag in der Bundesrepublik von Demonstrationen geprägt war, wurden in der DDR lange Zeit staatlich inszenierte Militärparaden veranstaltet. Am 1. Mai 1990 rufen ost- und westdeutsche Gewerkschaften dann erstmals zu gemeinsamen Mai-Demonstrationen auf.
Welche Bedeutung hat der "Tag der Arbeit" heute noch?
Auch heute demonstrieren am 1. Mai noch Tausende Menschen bundesweit für bessere Arbeitsbedingungen. Im Vergleich zu früher sei es heute aber sehr stark akzeptiert, dass Gewerkschaften demonstrieren, erklärt der Soziologe und Historiker Peter Birke von der Uni Göttingen im Gespräch mit ZDFheute. Damals hätten sich die Menschen die Straße erstmal erkämpfen müssen.
Trotzdem habe der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen nicht an Bedeutung verloren: "Wir haben ja in den vergangenen Monaten sehr viele Streiks erlebt. Also offensichtlich gibt es im öffentlichen Dienst, bei der Bahn, im Einzelhandel, im Nahverkehr eine Unzufriedenheit mit Löhnen, die sich durch die Inflation verschlechtert haben, und den Arbeitsbedingungen, die sich zum Beispiel in der Forderung nach verkürzten Arbeitszeiten manifestiert."
Arbeitnehmerrechte müssten immer wieder neu erkämpft werden, erklärt Birke der schwerpunktmäßig zum Thema Arbeit forscht. "Unternehmen wie Tesla und Amazon betreiben Union Busting, so nennt man das im Englischen. Sie versuchen, die Gewerkschaften völlig aus den Betrieben herauszuhalten." Zudem gebe es viele Betriebe ohne Betriebsrat und Tarifvertrag und Diskussionen über die Einschränkung des Streikrechts.
Der Soziologe Birke warnt deshalb:
Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind nicht für die Ewigkeit bestimmt.
Peter Birke, Soziologe und Historiker
"Das, was wir lange Zeit für selbstverständlich gehalten haben, das wird in den letzten zehn Jahren nach und nach auch hinterfragt, neu diskutiert und als antiquiert bezeichnet", sagt Birke.
Wie sieht es in anderen Ländern aus?
Der 1. Mai ist auch in vielen anderen Ländern ein Feiertag - zum Beispiel in Österreich, Italien und Liechtenstein. Auch in vielen nicht-europäischen Ländern gehen jedes Jahr Tausende Menschen am Tag der Arbeit auf die Straße.
In englischsprachigen Ländern wie Großbritannien und Irland heißt der Tag "Labour Day". So nennt man den "Tag der Arbeit" auch in den USA und in Kanada - dort wird er allerdings erst im September gefeiert.
Quelle: Mit Material von KNA
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