Protest auf Borkum:Streit um Gas aus der Nordsee: Darum geht es
Mit einem Camp auf der Insel Borkum protestieren Umweltschützer gegen Gasbohrungen in der Nordsee. Worum es bei dem Streit geht.
Gasbohrungen in der Nordsee: Umweltschützer warnen vor Schäden an Natur und Riffen.
Quelle: dpaWarum wird vor Borkum nach Gas gebohrt?
Es geht um die Erschließung eines Erdgasfeldes (N05-A) in der Nordsee, das grenzüberschreitend zu 65 Prozent in niederländischem und zu 35 Prozent in deutschem Gebiet liegt. Das niederländische Energie-Unternehmen One-Dyas hat dort, etwa 20 Kilometer nordwestlich vor Borkum, eine Plattform errichtet und nach eigenen Angaben im März mit der Förderung begonnen. Die Rede ist zunächst von einer "Testphase".
Die Bewohner der Insel Borkum haben bald eine Gasplattform vor der Nase. Weitere könnten folgen. Ist das der Preis für sichere Energieversorgung? Und wo bleibt der Umweltschutz?
02.04.2023 | 28:44 minDie Kritik der Umweltschützer: "Die Gasbohrungen heizen die vor unseren Augen eskalierende Klimakrise noch weiter an", so Nele Evers von Fridays for Future. Überdies gefährde die Gasförderung die Biodiversität des nahe gelegenen Wattenmeers und eines vor Borkum liegenden Steinriffs.
Wie viel Gas soll vor Borkum gefördert werden?
Nach Angaben von One-Dyas beträgt das erwartete Potenzial etwa 13 Milliarden Kubikmeter Gas. Pro Jahr könnten zwei Milliarden Kubikmeter Gas gefördert werden. Das entspräche etwa zwei bis zweieinhalb Prozent des deutschen Bedarfs.
Trotz dieses geringen Anteils am deutschen Verbrauch sieht Stefan Dohler, Chef des Oldenburger Energieversorgers EWE, darin einen Beitrag zur Versorgungssicherheit. "Wir werden Erdgas auf absehbare Zeit brauchen, weil es im Übergang bis 2045 ein wesentlicher Baustein der Energieversorgung in Deutschland bleiben wird", sagte er der Deutschen Presseagentur dpa.
ZDFheute Infografik
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
EWE wird zukünftig das von One-Dyas in deutschem Gebiet geförderte Gas abnehmen und an die Haushalte und Unternehmen in Niedersachsen verteilen. Man brauche das Gas vor Borkum nicht für die Versorgungssicherheit, sagt dagegen Nele Evers. "Das ist eine fossile Sackgasse und ein Sinnbild für die rückwärtsgewandte und realitätsferne Politik von Katherina Reiche und Friedrich Merz."
Was soll mit dem Protestcamp auf Borkum erreicht werden?
"Es geht darum, ein starkes Zeichen gegen die geplanten Gasbohrungen zu setzen", so die Organisatoren des Klimacamps. Dazu gehören neben anderen Fridays for Future und die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Mit Veranstaltungen wie Workshops, Podiumsdiskussionen, Konzerten und Lesungen - unter anderem von Luisa Neubauer - bilde das Camp den Höhepunkt einer Reihe von Protesten gegen die Förderung des fossilen Brennstoffs nahe dem Wattenmeer.
Die EU-Kommission hat einen Plan für einen vollständigen Stopp russischer Gasimporte vorgelegt, Einfuhren sollen schrittweise verboten werden. Dazu ZDF-Börsenexperte Florian Neuhann.
17.06.2025 | 1:46 min"Auf Borkum kämpfen wir für Klimagerechtigkeit - vor Gericht und auf der Straße", erklärt Bernd Meyerer, Sprecher der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland. Das Camp beginnt am Donnerstag und soll am Sonntag enden.
Sonne, Strand – Bohrturm vor der Nase. Auf Usedom fürchten Hoteliers und Urlauber um das Idyll der Insel, denn die polnischen Nachbarn wollen vor der Küste Öl und Gas fördern. Lässt sich das noch verhindern?
16.08.2025 | 4:02 minWelche Folgen für die Natur werden befürchtet?
Die DUH kritisiert das Vorhaben vor Borkum als "ökologisch unverantwortlich und extrem klimaschädlich". Es würde giftiges Lagerstättenwässer ins Meer gelangen, Absenkungen des Meeresbodens könnten Schäden an Riffen verursachen, Unterwasserlärm würde zu Kommunikations- und - im schlimmsten Fall tödlichen - Navigationsfehlern bei Tieren wie etwa Walen führen.
Sorgen bereiten den Naturschützern auch die Pläne, ein Unterseestromkabel vom Windpark Riffgat zur Gasplattform zu legen. Die Kabeltrasse würde in unmittelbarer Nähe eines erst 2023 von Greenpeace-Tauchern entdeckten artenreichen Steinriffs verlaufen. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), das im August 2024 Richtbohrungen und die Erdgasförderung im deutschen Sektor zugelassen hatte, stellt indes eine "nicht erhebliche Beeinträchtigung" des Riffes fest. Auch das Wattenmeer würde durch das beantragte Vorhaben nicht betroffen sein.
Mitte August hat auch das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg den Weg für die Verlegung des Kabels frei gemacht. Es gibt nun noch Klagen gegen die Trassen- und Bohrgenehmigungen.
Ein Norweger fastet gegen die Öl- und Gaspolitik seines Landes. Trotz Klimaneutralitätsziel bis 2050 vergab Norwegen 800 neue Bohrlizenzen - sie bringen 94 Milliarden Euro Staatseinnahmen.
26.08.2025 | 2:08 minWie groß ist der Klimaeffekt des in der Nordsee geförderten Gases?
Nach den Plänen von One-Dyas wird die Gasförderplattform durch den Windpark Riffgat mit erneuerbarem Strom versorgt. Sie leiste daher einen aktiven Beitrag zur Energiewende. Klimaschützer sehen dagegen die Gefahr, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verlängert wird.
ZDFheute Infografik
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Durch die Verbrennung der geplanten Fördermenge würden zirka 65 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt, so die DUH. Stefan Dohler betont dagegen: Die Treibhausgasemissionen von aus den USA importiertem Flüssigerdgas (LNG) lägen 25-mal höher.
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Mehr zum Thema Klima und Klimaprotesten
- Kolumne
Terra X - die Wissens-Kolumne:Was beim Klimaschutz wirklich zählt
von Harald Lesch und Axel Kleidon Hungerstreik in Norwegen:Protest in der klimafreundlichen Öl-Nation
von Winnie Heescher und Sigrid HarmsEis schmilzt immer schneller:Klimawandel: Warum Grönland so wichtig ist
von Mark Hugo- mit Video
Kampf gegen Umweltschäden:Wie ein Unternehmer seine Klimabilanz repariert
von Torsten Mehltretter