Abgaben für Emissionen:EU führt CO2-Grenzausgleich ein: Wie Firmen dazu stehen
von Lisa Brockschmidt, Karen Grass und Anne Sophie Feil
Ab Anfang 2026 müssen Importeure von bestimmten Rohstoffen für CO2-Emissionen zahlen. Die EU will einen fairen Wettbewerb trotz Klimaschutz, doch Firmen warnen vor neuen Hürden.
Metallproduzenten müssen innerhalb der EU für ihre CO2-Emissionen zahlen. Um die Produzenten vor Billigimporten zu schützen, führt die EU ab 2026 eine Importabgabe ein.
29.12.2025 | 1:43 minBeim Optikgeräte-Hersteller Oculus surren auch zwischen den Jahren Roboterarme und fräsen aus Aluminiumblöcken Teile für die spätere Maschine. In der Produktion im hessischen Wetzlar geht nichts ohne Aluminium.
Doch weil Metallproduzenten in der Europäischen Union für ihre CO2-Emissionen zahlen müssen, wird der Grundstoff immer teurer, erklärt Geschäftsführer Christian Kirchhübel.
Das schlägt sich bei uns direkt im Aluminiumpreis nieder.
Christian Kirchhübel, Geschäftsführer von Oculus
CO2-Abgaben auf Rohstoffe ab 2026
Bislang sorgen kostenlose EU-Emissionszertifikate dafür, dass sich die Emissionen preislich wenig auswirken. Doch das wird sich ändern, denn die Schonregelung soll auslaufen. Sollten die Lieferanten künftig CO2-Abgaben zahlen, würden diese auf den Rohstoff umgelegt, sagt Kirchhübel.
Neben dem bürokratischen Aufwand müssten dann auch die höheren Preise an Endkunden weitergegeben werden. In einem Marktsektor mit kleiner Marge, denn Optikgeräte würden eben nur alle paar Jahre von Augenärzten gekauft, erschwere das die Konkurrenzfähigkeit erheblich.
Der CO2-Ausstoß ist in Europa seit Einführung des ETS um 51 Prozent gesunken. Vor allem die Energiewirtschaft hat durch den Ausbau Erneuerbarer Energien merklich CO2 eingespart.
27.11.2025 | 6:32 minSchutzwall für das Klima?
Die EU möchte verhindern, dass Unternehmen ihre Produktion in Länder mit laxeren Umweltgesetzen verlagern und ein sogenanntes Carbon Leakage entsteht, eine Verschiebung des Emissionsproblems.
Daher sollen kostenlose Emissionszertifikate ab 2026 schrittweise bis 2034 wegfallen. Der Grenzausgleich soll den bisherigen Schutz ersetzen, indem er Importe mit den gleichen CO2-Kosten belegt wie die in der EU hergestellten Waren.
Der Europäische Emissionshandel (EU ETS 1) ist das wichtigste Klimaschutzinstrument der EU. Er legt fest, wie viel CO2 große Industrieanlagen und Energieunternehmen insgesamt ausstoßen dürfen. Für jede ausgestoßene Tonne CO2 benötigen die Betriebe ein Zertifikat. Diese sind begrenzt und können gehandelt werden - wer weniger ausstößt, spart Geld und kann Zertifikate verkaufen, wer mehr verursacht, muss zukaufen.
Dadurch entsteht ein CO2-Preis, der Anreize schaffen soll, Emissionen zu senken. Viele energieintensive Branchen wie Zement, Chemie oder Stahl erhalten bislang noch einen großen Teil ihrer Zertifikate kostenlos. Schrittweise soll die Zahl der kostenlosen Zertifikate sinken, sodass klimafreundliche Produktion langfristig finanziell attraktiver wird und die Industrie stärker in emissionsarme Technologien investiert.
Schrittweise Änderungen geplant
Importeure müssen nun Zertifikate kaufen, deren Preis sich am europäischen Emissionshandel orientiert. Zunächst trifft die Regelung Grundstoffe wie Stahl, Aluminium und Zement. Ab 2028 plant die Kommission zudem eine Ausweitung auf verarbeitete Produkte wie Maschinen oder Haushaltsgeräte.
Mit diesem Instrument will die EU einen fairen Preis für den CO2-Ausstoß festlegen, der bei der Produktion energieintensiver Güter im Ausland entsteht. Ziel sei es, eine sauberere industrielle Produktion auch in Nicht-EU-Ländern aktiv zu fördern.
Die Abkürzung CBAM steht für Carbon Border Adjustment Mechanism. Im Deutschen wird das Instrument als CO2-Grenzausgleichsystem bezeichnet. Es ist ein Klimaschutzwerk der EU, das ab dem 1. Januar 2026 Importe finanziell mit CO2-Kosten belegt.
Der Zweck: Importeure von Waren wie Stahl, Aluminium oder Zement müssen Zertifikate für Emissionen kaufen, die bei der Produktion im Ausland entstanden sind. Ziel ist ein fairer Wettbewerb und der Schutz vor der Verlagerung von Industrien in Länder mit weniger strengen Klimavorgaben.
Zölle, Konkurrenz und Klimaschutz – die deutsche Industrie kämpft. Muss der Emissionshandel angepasst werden, um sie zu stärken? Wir sprechen mit Karsten Neuhoff vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
27.11.2025 | 6:12 minBürokratie als Wachstumsbremse
Trotz der ambitionierten Ziele wächst in der Wirtschaft Kritik. Vor allem die enorme Verwaltungslast bereitet Sorgen. Galina Kolev-Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) warnt vor der Komplexität dieser Pläne.
Denn dafür muss man eben auch wieder sehr bürokratisch ermitteln, welche Anteile diese Produkte haben an Stahl, an Aluminium.
Galina Kolev-Schäfer, Expertin für Handelspolitik, IW Köln
Dabei seien die Unternehmen auf Informationen ihrer Zulieferer angewiesen. Teilweise seien diese Daten nicht verfügbar, so Kolev-Schäfer.
"So genau wie nötig, nicht so genau wie möglich, sollte hier absolut die Devise sein", findet Kirchhübel von Oculus. Bevor er diesen bürokratischen Aufwand stemmen müsse, denke er über einen Standortwechsel nach.
Im Jahr 2025 kämpfen viele mittelständische Unternehmen in Deutschland noch immer mit den Basics der Digitalisierung.
18.08.2025 | 43:58 minSorge um den Weltmarkt
Zwar schirmt der Grenzausgleich den europäischen Binnenmarkt ab, doch er bietet keinen Schutz für den Verkauf auf dem Weltmarkt, so Marius Schäfer, Energie- und Klimapolitik-Referent der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VHU).
Wer in Europa produziere, trage hohe Energiekosten und CO2-Abgaben. Beim Export in wichtige Märkte wie China oder die USA verteuern diese Kosten die heimischen Produkte im Vergleich zur internationalen Konkurrenz, sagt Schäfer.
Deutschland und insbesondere Europa leiden unter schlechten wettbewerblichen Rahmenbedingungen. Das lässt sich durch einen CO2-Zoll nicht ausgleichen.
Marius Schäfer, Referent für Energie- und Klimapolitik von der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände
Der Zoll-Deal mit den USA trifft die deutsche Wirtschaft hart. Eine Studie des Ifo-Instituts berechnet, wie genau. Und zeigt aber auch einen Ausweg.
24.11.2025 | 1:49 minEntlastung für kleinere Betriebe
Ein Schwellenwert von 50 Tonnen pro Jahr soll den Mittelstand entlasten. Wer wenig importiert, ist von den bürokratischen Pflichten befreit. Das betrifft laut EU-Kommission etwa 90 Prozent der bisher betroffenen Unternehmen. Der Kostendruck steigt dennoch, denn die Emissionszertifikate werden teurer.
Der CO2-Grenzausgleich könnte die EU zum globalen Vorbild in Sachen Klimaschutz machen. Ob das gelingt, hängt auch davon ab, wie gut die europäische Industrie sich im internationalen Wettbewerb behaupten kann.
Lisa Brockschmidt und Karen Grass sind Redakteurinnen bei ZDF Wiso. Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.
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