EU-China-Gipfel: Darum ist die Lage vor dem Treffen angespannt

Streitthemen nehmen zu:EU-China-Gipfel: Darum ist die Lage angespannt

frank-bethmann
von Frank Bethmann
|

Erstmals seit gut anderthalb Jahren treffen sich Chinas Staatschef Xi und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wieder zu einem Gipfel. Warum er unter keinem guten Stern steht.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Besuch in China.
Anlässlich des 50. Jahrestags der Aufnahme diplomatischer Beziehungen treffen sich Spitzen der EU mit Chinas Staatspräsident Xi. Bei dem Treffen soll es auch um Handelsfragen gehen.24.07.2025 | 0:22 min
Die Atmosphäre vor dem Treffen zwischen China und EU sei angespannt, weiß Claudia Schmucker. "Der Gipfel wurde bereits von zwei auf einen Tag gekürzt, sodass es in der gegenwärtigen Lage fast als Erfolg zu werten ist, dass sich beide Seiten überhaupt treffen", so die Leiterin des Zentrums für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).
Die gegenwärtige Lage ist offenbar zu aussichtslos, als dass der Gipfel zu einem Erfolg, zu einer Annäherung führen könnte. Eine Einschätzung, die auch Jörg Wuttke teilt. Der ehemalige Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking, der heute für die US-Politikberatung DGA arbeitet, erwartet lediglich "passionierte Monologe ohne großen Nährwert für die europäische Wirtschaft".
Peking: EU-China-Gipfel
"Man steht an einem weiteren kritischen Wendepunkt der Geschichte" und müsse zusammenarbeiten, habe Staatschef Xi Jinping zum Auftakt gesagt, so ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer.24.07.2025 | 3:09 min

EU-China-Verhältnis: Differenzen werden größer

Statt kleiner sind die Differenzen zwischen beiden Blöcken wieder größer geworden. Die wichtigsten Streitthemen, sagt Schmucker, seien der russische Angriffskrieg, der "ganz oben auf der Agenda" stehe, und die Überkapazitäten.
"E-Autos sind dabei nur ein Sektor, bei dem die EU bereits mit Zöllen reagiert hat. Die exportorientierte chinesische Industriepolitik wird weitergeführt und somit werden die Überkapazitäten zunehmen", so Schmucker. Die EU sorgt sich, dass China den europäischen Markt mit Waren und Gütern fluten könnte, die sich in den USA durch Donald Trumps rigide Zollpolitik nicht mehr absetzen lassen.

Hier stoßen somit gegenteilige Interessen von China und der EU aufeinander, die keine Einigung ermöglichen.

Claudia Schmucker, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

Außenminister Wadephul trifft chinesischen Amtskollegen
Es ging um Seltene Erden und die Ukraine: Der chinesische Außenminister hatte Anfang Juli seinen deutschen Amtskollegen Wadephul getroffen - begleitet von Protesten gegen Chinas Regierung.03.07.2025 | 1:43 min

Handelsexperte: Chinas Rohstoffpolitik als Unsicherheitsfaktor

Wuttke kommentiert die Entwicklung der letzten Monate süffisant: "Selbst bei Streitthematiken gibt es Überkapazitäten", und hat als weiteres schweres Konfliktfeld Chinas globale Exportrestriktionen bei Seltenen Erden im Blick. Diese waren zwar in erster Linie gegen die USA gerichtet, treffen die EU jetzt aber genauso hart.
Die enorme Abhängigkeit von Metallen wie etwa Germanium oder Gallium, die fast ausschließlich in China gewonnen werden, spürt inzwischen auch die deutsche Wirtschaft. Beide Metalle sind unverzichtbar für Halbleiter, Glasfasertechnik oder Infrarotanwendungen.
Die chinesischen Exporte von Gallium beispielsweise, für die es im Mai sogar einen vollständigen Stopp gab, würden insgesamt abnehmen, sagt Jan Giese, Senior Manager beim Frankfurter Rohstoffhändler Tradium: "Aus unserer Sicht ist das ein Indiz dafür, dass sich der Markt schrittweise in ein strukturelles Defizit bewegt."
China Beijing Brücke mit vielen Autos
China ist Weltmeister im Ausbau erneuerbarer Energien – und das nicht durch Zufall. Die Energiewende ist für den Staat ein strategischer Faktor für den wirtschaftlichen Aufstieg. 06.07.2025 | 2:52 min
"Die Politisierung dieser Rohstoffe hat den Nimbus von China als verlässlichen Partner angekratzt", lässt Wuttke keinen Zweifel daran, wie gefährlich diese Entwicklung ist. China nutzt die Seltenen Erden längst als strategische Waffe, um seine Interessen durchzusetzen.

Von der Leyen kritisierte chinesisches Vorgehen

Kein Wunder also, dass der EU vor allem diese Exportbeschränkungen ein Dorn im Auge sind. Einerseits hält Peking diese kritischen Rohstoffe zurück, andererseits überschwemme man die Weltmärkte mit subventionierten Waren, wetterte Ursula von der Leyen jüngst. Ein Muster von Dominanz, Abhängigkeit und Erpressung sei darin erkennbar.
Die Antwort aus Peking ließ nicht lange auf sich warten. Die EU stelle in diesem Jahrzehnt 1,44 Billionen Euro an Subventionen bereit, sagte ein Sprecher des Handelsministeriums. Hinzu kämen die Subventionen der Mitgliedstaaten.
China hält der EU den Spiegel vor. Jahrelang habe Europa die Weltmärkte selbst mit Autos und Flugzeugen überflutet. Habe es sich hierbei nicht ebenfalls um den Export von Überkapazitäten gehandelt, so die rhetorische Retourkutsche des Sprechers.

Ukraine-Krieg belastet die Gespräche zusätzlich

Nicht zuletzt weigert sich Peking, die schwierigen Handelsfragen mit dem Ukraine-Krieg zu verbinden. Für Brüssel aber gehört beides zusammen, was die Bemühungen um Lösungen noch komplizierter macht.
Militärexperte Gustav Gressel bei ZDFheute live.
China wolle dem Westen zeigen, nicht am Ukraine-Krieg beteiligt zu sein und ihn beenden zu wollen, so Militärexperte Gressel. Aber China wolle auch nicht, dass Putin verliert. 10.04.2025 | 16:05 min
China unterstützt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine weiterhin, diplomatisch und wirtschaftlich. Dass die EU mit ihrem jüngst verabschiedeten 18. Sanktionspaket gegen Moskau auch zwei chinesische Finanzinstitute ins Visier genommen hat, löst im Reich der Mitte großes Kopfschütteln aus. Erfundene Anschuldigungen seien das.
Angesichts der Fülle neuerlicher Spannungen wird klar, warum kaum jemand damit rechnet, dass der Gipfel konkrete Ergebnisse liefern wird.
Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

Mehr zum Thema