Was Experten bei der Reform noch fehlt:Betriebsrente soll attraktiver werden
Arbeitsministerin Bärbel Bas will die Betriebsrente reformieren. Profitieren sollen vor allem Geringverdiener. Richtiger Ansatz, aber halbherzig, sagen Fachleute.
Ab 2026 könnte sich die Betriebsrente verändern: Förderung, Zuschüsse und Beteiligung sollen steigen. Doch Experten warnen vor Bürokratie.
29.09.2025 | 2:52 minDie Sorge treibt viele um: Reicht meine Rente später mal zum Leben? Dass man sich dafür nicht allein auf die gesetzliche Rente verlassen kann, hat sich inzwischen rumgesprochen. Umso wichtiger ist die zusätzliche Vorsorge, zum Beispiel durch eine Betriebsrente.
Jeder Beschäftigte hat Anspruch auf eine solche betriebliche Altersvorsorge (bAV) in Form einer Gehaltsumwandlung. Ein Teil des Bruttogehalts wird angespart. Dazu muss der Chef meist 15 Prozent dazugeben. Doch selbst diese Minimalversion einer Betriebsrente erhalten viele nicht. Denn nur gut jeder zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland wird Stand heute eine Betriebsrente erhalten. Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen gibt es sie oft gar nicht.
Arbeitsministerin Bärbel Bas will die Rente reformieren - dazu gehören etwa neue Erwerbsmöglichkeiten für Rentner oder mehr Geld für Mütter. Doch an den Plänen gibt es auch Kritik.
26.06.2025 | 1:40 minNeues Gesetz soll ab 2026 in Kraft treten
Genau das soll sich jetzt ändern. Die Bundesregierung hat eine umfassende Reform der betrieblichen Altersvorsorge beschlossen. Mit dem Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz, das ab 2026 gelten soll, will sie die betriebliche Rente als zweite Säule der Altersvorsorge deutlich nach vorne bringen. Ziel ist es, dass mehr Beschäftigte, vor allem mit geringem und mittlerem Einkommen, eine zusätzliche Absicherung für das Alter aufbauen.
Die gesetzliche Rente reicht oft nicht aus. Wie Sie mit Betriebsrente und privater Altersvorsorge vorsorgen können – und was hilft, die drohende Rentenlücke zu schließen.
29.09.2025 | 17:33 minBetriebsrente öffnen für mehr Beschäftige und mehr Unternehmen
Ein zentraler Hebel dafür: Mitarbeiter sollen künftig automatisch in die Betriebsrente aufgenommen werden und ein Teil ihres Lohns fließt dann in den Sparvertrag. Nur wer aktiv widerspricht, nimmt nicht teil. Mitmachen sollen auch mehr Betriebe. Deshalb plant man, bestehende Hürden zu senken.
Wirklich attraktiv waren Betriebsrenten aus Arbeitgebersicht bislang nur auf Basis eines tariflichen Sozialpartnermodells. Denn damit ist gesichert, dass die Arbeitgeber nur den reinen Beitrag zur Altersvorsorge leisten müssen. "Das heißt, der Arbeitgeber gibt Beiträge in die Betriebsrente, ohne jahrzehntelang in Haftung genommen zu werden", weiß Stefan Hoehl von der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU). Verantwortlich für eine garantierte Betriebsrentenhöhe ist er damit nicht.
Auf solche Sozialpartnermodelle aber konnten viele Betriebe bisher nicht zurückgreifen. Das will das neue Gesetz ändern, weswegen Hoehl überzeugt ist:
Das jetzige Betriebsrentenstärkungsgesetz bringt einen deutlichen Vorteil und schafft es auch, tarifungebundene Unternehmen in das Sozialpartnermodell mit einzubeziehen.
Stefan Hoehl, Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU)
Bessere Möglichkeiten für Geringverdiener
Eine weitere Verbesserung bringt das Gesetz zudem für Geringverdiener, sagt Klaus Stiefermann von der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge e.V. (aba). Die Einkommensgrenze wird auf 2.900 Euro im Monat erhöht. Dies habe bei der Förderung der Betriebsrente Vorteile, erklärt Stiefermann. Denn das heißt "für einen Arbeitnehmer, der bis zu 2.900 Euro verdient, kann der Arbeitgeber dann in Zukunft 1.200 Euro zur Verfügung stellen für betriebliche Altersvorsorge und bekommt 30 Prozent vom Fiskus zurück".
Das hört sich nach viel an, ist aber nur eine Kann-Regelung. Und eine mit einem Haken, findet der aba-Fachmann. Statt 30 Prozent hätte er sich eine steuerliche Rückerstattungsquote von 40 bis 50 Prozent gewünscht: "Denn das ist für die Arbeitgeber der ausschlaggebende Punkt, warum er eine betriebliche Altersvorsorge für Geringverdiener einrichtet."
Wie kann der Rentenkollaps verhindert werden, welche Modelle gibt es zur Finanzierung? Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gibt Antworten.
29.09.2025 | 4:22 minExperte: Nicht der große Wurf - "Trippelschritte nach vorne"
An der Minimal-Beteiligung von 15 Prozent stört sich hingegen Herman-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip. Das sei zu wenig.
Ein Zuschuss von 25 Prozent ist das, was der Arbeitgeber in jedem Fall machen sollte. Wenn er mehr macht, ist es gut.
Herman-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip
Vom großen Wurf bei der Reform will der Finanzexperte nicht sprechen, stattdessen redet er von "Trippelschritten nach vorne", aber das würde noch nicht reichen. Wer den Betrieb wechsele, erfahre häufig, wie schwierig es ist, die Betriebsrente mitzunehmen.
Große Proteste, knappe Kassen:Wie tickt Europa beim Rentenalter?
Und das Zweite, was Tenhagen stört: Bestehende Steuer- und Krankenkassen-Beitragsregeln seien nicht besonders vorteilhaft für Betriebsrenten. "An beiden kann die Politik schrauben. Sie kann das mit den Krankenkassenbeiträgen einfacher machen und sie kann das Mitnehmen einfacher gestalten." Das aber sieht das Reformgesetz gegenwärtig nicht vor.
Noch müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen
Für Stiefermann ist das Gesetz "ein dringend notwendiger erster Schritt. Es wird allerdings nicht dazu führen", ist er überzeugt, "dass wir dramatische Zuwächse bei der betrieblichen Altersvorsorge haben werden". Nicht nur bei der steuerlichen Rückerstattungsquote für Unternehmen sei das Vorhaben "zu halbherzig". Nachbesserungen sind ungewiss, aber möglich, denn noch haben Bundestag und Bundesrat nicht zugestimmt.
Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.
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