Rente in Europa: Wie ticken Belgien, Polen und Großbritannien?
Große Proteste, knappe Kassen:Wie tickt Europa beim Rentenalter?
von Dorothée Schmidt
|
Deutschland debattiert über die Rente mit 70, manche europäischen Nachbarn gehen teils mit 60 in den Ruhestand. Wie steht es um die Rente in Belgien, Polen und Großbritannien?
In Belgien kann man nach 43 Beitragsjahren ohne große Abschläge ab 61 in Rente gehen. Großbritannien will den Renteneintritt von 66 auf 68 Jahre steigern, Polen bei 65 Jahren halten.04.08.2025 | 3:26 min
Belgiens Bevölkerung wird immer älter, die altersbedingten Sozialabgaben steigen. Die Schuldenquote ist fast doppelt so hoch wie die deutsche. Die neue Regierung in Belgien will Milliarden sparen und parallel mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Lara Wiedeking, ZDF-Korrespondentin in Brüssel, erklärt dazu:
Drastische Einschnitte in die Sozialpolitik und vor allem auch in die Rente sollen dieses Problem jetzt lösen.
„
Lara Wiedeking, ZDF-Korrespondentin in Belgien
Zum Jahresbeginn 2025 wurde das Rentenalter in Belgien bereits von 65 auf 66 Jahre erhöht, bis 2030 soll es auf 67 steigen. Derzeit liegt der tatsächliche Renteneintritt bei durchschnittlich 63 Jahren. Bisher ist noch ein abschlagsfreier Renteneintritt zum Beispiel nach 44 Beitragsjahren ab 60 möglich.
Dänemark hebt das Renteneintrittsalter bis 2040 schrittweise auf 70 Jahre an. Grund sind steigende Lebenserwartung und schrumpfende Rentenkassen. Deutschland liegt derzeit bei 67.30.05.2025 | 1:31 min
Vor allem bisher gut gestellte Berufsgruppen wie Bahnmitarbeiter, Polizisten und Lehrer wären von geplanten Reformen betroffen. Auch ein Bonus-Malus-System soll Anreize schaffen, länger zu arbeiten und die Rente bei frühem Eintritt kürzen.
Polen: Streitthema "länger arbeiten"
In Polen liegt das gesetzliche Renteneintrittsalter bei 60 Jahren für Frauen und bei 65 Jahren für Männer. 2023 gingen Männer durchschnittlich mit 65 Jahren und Frauen mit 60,7 Jahren in Rente. Für die Mindestaltersrente sind für Frauen 20 Versicherungsjahre und für Männer 25 Jahre nötig.
Die letzte große Rentenreform in Polen ist mehr als 25 Jahre her. Als Antwort auf die sich abzeichnenden demografischen Probleme, wurde das frühere System mit festen Leistungen durch ein beitragsorientiertes, teils privat verwaltetes Modell umgewandelt. Natalie Steger, ZDF-Korrespondentin in Warschau, ordnet ein:
Drei Viertel der Polinnen und Polen wollen so schnell wie möglich in den Ruhestand gehen. Und die vielen Älteren sind viele Wähler.
„
Natalie Steger, ZDF-Korrespondentin in Polen
Die erste Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk versuchte, das Renteneintrittsalter bis 2040 auf 67 Jahre zu erhöhen. Ab 2013 stieg die Altersgrenze sowohl für Männer als auch für Frauen in Dreimonatsschritten an.
Viel "wichtiger, als die Menschen länger arbeiten zu lassen" sei, "dass die Menschen vernünftig verdienen", so Ines Schwerdtner, Parteivorsitzende Die Linke.06.08.2025 | 5:31 min
Die Reform stieß auf starken Widerstand in der Bevölkerung. Die nachfolgende PiS-Regierung machte die Reform 2017 wieder rückgängig.
Großbritannien: Strukturelle Probleme trotz Reformen
Auch der Anteil der britischen Bevölkerung über 65 Jahren wächst. Das Renteneintrittsalter liegt für Männer und Frauen bei 66 Jahren. Bis 2028 soll es auf 67 Jahre, bis 2046 auf 68 Jahre angehoben werden.
Der Höchstsatz der staatlichen Rente in Großbritannien liegt bei umgerechnet rund 1.200 Euro pro Monat. 130 Milliarden Pfund pro Jahr müssen aus laufenden Steuereinnahmen finanziert werden. Wolf-Christian Ulrich, ZDF-Korrespondent in London, sagt:
Schon jetzt arbeitet jeder zehnte Rentner. Einige, weil es ihnen Spaß macht, die meisten aber, weil ihnen einfach das Geld zum Leben fehlt.
„
Wolf-Christian Ulrich, ZDF-Korrespondent in Großbritannien
Private Altersvorsorge, wie die verpflichtende Betriebsrente, spielt eine wichtige Rolle. Doch die sicheren, arbeitgeberfinanzierten Renten wurden überwiegend von individuellen Sparkonten mit geringeren Beiträgen und höherem Risiko für den Einzelnen abgelöst.
"Voraussetzung" für ein funktionierendes Rentensystem sei jedoch "einen guten Arbeitsmarkt zu haben", so Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, SPD.06.08.2025 | 6:13 min
Obwohl die Altersarmut in Großbritannien wieder ansteigt, sieht Rentenexperte Tom McPail besondere Herausforderungen für jüngere Generationen: den fragmentierten Arbeitsmarkt mit häufigeren Jobwechseln, mehr Selbstständige, ein geringeres Wirtschaftswachstum, Studienkredite und teuren Wohnraum.
Es gibt einige bedeutende Änderungen, die vorgenommen werden müssen, und es ist ein ständiger Kampf, mit den notwendigen Änderungen Schritt zu halten.
„
Tom McPhail, britischer Rentenexperte
Auch im europäischen Ausland ist die Rente ein komplexes Thema, das sich mit vielen weiteren Aspekten überschneidet und langfristig vielschichtige Lösungen erfordert.