Radsport: Auch Radprofis erhalten Gelbe Karten

Radsport:Auch Radprofis erhalten Gelbe Karten

von Stephan Klemm
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Bei der Tour de France werden erstmals Verwarnungen für die Teilnehmer ausgesprochen. Erhalten sie zwei davon, müssen sie das Rennen beenden. Das Verfahren aber ist intransparent.

Radsportler in Aktion bei der Tour de France.
Bei der Tour de France wird das Zücken von Gelben Karten in diesem Sommer erstmals angewendet.
Quelle: AP

Seit dem 1. Januar dieses Jahres versucht der Radsport-Weltverband (UCI) durch das Zücken von Gelben Karten für mehr Ordnung im Peloton und weniger Stürze im Feld zu sorgen. Das Prozedere vollzieht sich gleichwohl völlig anders als beim Fußball. Es gibt keinen Schiedsrichter, der in einem Auto neben den Fahrern herfährt und spontan eine Verwarnung zückt.
Das geschieht nach den Rennen und nach eingehendem Videostudium von strittigen Situationen. Verwarnt werden können Radprofis, ihre Offiziellen, aber auch Medienvertreter, die sich in den Rennen grob fahrlässig verhalten. In diesem Jahr verteilten die UCI-Richter bisher 66 Gelbe Karten.

Vier Gelbe Karten am Montag

Bei der Tour de France wird dieses Verfahren in diesem Sommer erstmals angewendet. Die erste und zweite Etappe verliefen ohne jede Sanktion, an Tag drei jedoch wurden gleich vier Fahrer wegen verschiedener Vergehen verwarnt.
Bryan Coquard, der Franzose, der unabsichtlich für den verheerenden Sturz des Belgiers Jasper Philipsen verantwortlich war, erhielt seine Verwarnung wie auch der Belgier Dylan Theuns wegen irregulären Verhaltens vor dem Zwischensprint 60 Kilometer vor dem Ziel.
Wegen falschen Verhaltens im Zielsprint sahen schließlich der Italiener Davide Ballerini und der Niederländer Danny van Poppel Gelb - hinzu kommen für alle vier Profis jeweils 500 Schweizer Franken Bußgeld und der Verlust von 13 Zählern in der Punktewertung der Tour.
Wichtiger aber noch ist: Das Quartett fährt fortan auf Bewährung. Die nächste Gelbe Karte hat den sofortigen Ausschluss aus dem aktuellen Rennen zur Folge.
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Der UCI-Katalog umfasst 24 Punkte

Im Peloton und bei den Sportdirektoren herrscht die einhellige Meinung vor, dass die Gelben Karten "durchaus ein richtiger Versuch sind, die Sturzflut einzudämmen", wie es etwa Rolf Aldag ausdrückt, der Chef der sportlichen Leiter bei Red Bull-Bora-hansgrohe.

Es ist aber nicht immer ersichtlich, wofür die Gelben Karten genau verteilt werden.

Jonas Rutsch, hessischer Profi vom Team Intermarché-Wanty

Der Kölner Radprofi Nils Politt drückt es drastischer aus: "Es gab in diesem Jahr schon echt lächerliche Gelbe Karten."
Der UCI-Katalog ist gleichwohl sehr umfangreich, er umfasst 24 Punkte vom Abnehmen des Helms während des Rennens über Windschattenfahren hinter Teamfahrzeugen, das Abweichungen von der Ideallinie beim Sprint bis hin zu Tätlichkeiten gegenüber Rad fahrenden Kollegen. Rutsch sagt: "Die Verteilung der Karten ist schlichtweg subjektiv."

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Die Angst vor der zweiten Gelben Karte

So sieht es auch Rutschs Teamkollege, der deutsche Meister Georg Zimmermann: "Die Umsetzung dieser guten Idee finde ich nicht gelungen." Coquard nach einem unabsichtlichen Zusammenprall mit Gelb zu belasten, sei nicht nachvollziehbar. Zumal "die UCI-Kommissäre für die Verteilung ihrer Karten am Montag sehr lange Zeit hatten, das passiert ja nicht ad hoc wie beim Fußball".
Das Problem nach einer Verwarnung bestehe darin, dass etwa sein Fahrer Danny van Poppel nun "das Denken anfange", sagt Aldag, und:

Ich warne Danny davor, sein Verhalten aus Angst vor der zweiten Gelben Karte und dem Ausschluss komplett zu ändern. Denn wenn du deine Routinen verlässt, bist du in Gefahr.

Rolf Aldag, Chef der sportlichen Leiter bei Red Bull-Bora-hansgrohe

Ein Sprinter wie van Poppel müsse auf seinen Instinkt vertrauen, sobald er zögerlich agiere und sich zurücknehme, wenn er eigentlich aggressiv sein solle, "endet das in einem kompletten Desaster".
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Aldag fordert mehr Transparenz

Aldag bringt die aktuelle Gelbe-Karte-Diskussion auf den Punkt, wenn er sagt: "Ist das alles nachvollziehbar? Nein. Handelt es sich um eine Idee, die man etwas transparenter nachverfolgen sollte? Ja."
Die Aufgabe der UCI ist es nun, im laufenden Wettbewerb der Tour, das Nein und das Ja in Einklang zu bringen.

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Quelle: Reuters

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