Stürze bei der Tour de France: Gefährliche Jagd nach Ruhm

Stürze bei der Tour de France:Gefährliche Jagd nach Ruhm

von Stephan Klemm
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Am Montag musste Jasper Philipsen schwer verletzt die Tour de France verlassen. Unfälle sind in der ersten Woche Teil des Rennens. Denn es geht um die Aufwertung einer Karriere.

Tour de France - Philipsen Jasper
Für ihn ist die Tour de France vorbei: Jasper Philipsen stürzte am Montag schwer.
Quelle: Imago

Die Tour de France ist das größte Radrennen der Welt, sie hat die mit Abstand mächtigste Breitenwirkung in der Welt des Radsports. Mittlerweile wird jede Etappe von Kilometer null bis zum Ziel live übertragen.
Für die Teilnehmer dieser außergewöhnlichen Bühne ergibt sich daraus die Möglichkeit, mit einem Etappensieg weltweit Aufsehen zu erregen und sich für einen besseren Vertrag mit höherem Salär zu empfehlen. Deshalb wird vor allem in der ersten Woche der Frankreich-Rundfahrt so unruhig und hektisch gefahren, dass bisweilen schon weit vor dem Ziel blankes Chaos herrscht.

Ungesunde Mischung bei der Tour de France

Die Folge dieser ungesunden Mischung sind gerade in den Anfangstagen der Tour bisweilen fürchterliche Stürze. Am Montag erwischte es Jasper Philipsen vom Team Alpecin-Deceuninck, den Belgier, der am Samstag noch die erste Etappe gewann. Auch sie war von Stürzen geprägt.
Nach einem Rempler des Franzosen Bryan Coquard in der dritten Etappe stürzte Philipsen 60 Kilometer vor dem Ziel kurz vor einer Zwischensprint-Wertung heftig auf seine rechte Schulter. Er saß danach benommen mitten auf der Straße, sein Grünes Trikot war zerfetzt, der Rücken blank und voller Verbrennungen und Hautabschürfungen.
Tour de France
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Philipsen torkelte an den Straßenrand und wusste: Es ist vorbei. Die erste Diagnose folgte am Montagabend: Schlüsselbeinbruch und Fraktur mindestens einer Rippe. Er wird nun daheim im belgischen Herentals operiert.

Glück verwandelt sich in Tragik

Bisher verlief diese Tour für Alpecin-Deceuninck formidabel. Am Sonntag gewann Philipsens Teamkollege Mathieu van der Poel die zweite Etappe und übernahm seinerseits das Gelbe Trikot. Für Philipsen blieb der grüne Dress des Punktbesten. Doch innerhalb eines flüchtigen Moments änderte sich alles für die belgische Formation. Sie verliert mit Philipsen einen der weltbesten Sprinter.
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"Ein Etappensieg ist ein lebensverändernder Moment", sagte Kaden Groves am Montagabend, Philipsens Anfahrer, der ab sofort selbst auf die Jagd nach Etappensiegen gehen darf. Ein Tageserfolg bei der Tour ist gleichbedeutend mit großem Ruhm, das Rennen wird schließlich in 190 Ländern übertragen. Ein hier siegreicher Profi kann nicht nur Anspruch auf eine Gehaltserhöhung erheben, er macht sich zudem interessant für Werbeverträge und Einladungen zu Nach-Tour-Rennen, bei denen er viel Geld verdienen kann.

Gelbe Karten als Notmaßnahme

Er kenne die Gefahren seines Metiers, sagt der Franzose Émilien Jeannière, der die Tour für das Team Total-Energies bestreitet. Er sagt aber auch:

In den Sprints bremst niemand, ich erst recht nicht.

Émilien Jeannière

Und schon gar nicht bei der Tour. Gleichwohl hat der Radsport-Weltverband (UCI) das Problem der ersten Tour-Tage erkannt. Überhaupt ist zuletzt ein vermehrtes Aufkommen von heftigen Stürzen zu bemerken. Die UCI reagierte darauf mit der Einführung von Gelben Karten. Eine solche Verwarnung wird ausgesprochen, wenn sich ein Fahrer zu riskant in einem Rennen verhält und erst recht, wenn er, wie Coquard, Stürze verursacht. Selbst dann, wenn sie ohne Absicht passieren, wie im Falle des Franzosen und Philipsen.

Coquard: Verwarnt und gestürzt

Coquard erhielt daher eine dieser Verwarnungen. Bekommt ein Profi eine zweite Gelbe Karte, muss er das Rennen sofort verlassen. Das System ist neu und noch nicht ausgefeilt, die Vergabe ist nicht immer klar. "Die Idee ist gut, bei der Umsetzung würde ich mir aber mehr Transparenz wünschen", sagt dazu etwa Rolf Aldag, der Teamchef von Red Bull-Bora-hansgrohe.
Zwei weitere Stürze gab es am Montag noch kurz vor dem Ziel. In einen von ihnen war, gut 300 Meter vor dem Ziel, auch Bryan Coquard verwickelt. Im Ziel schilderte er, den Tränen nah, dass es ihm leidtue, was mit Philipsen passiert sei: "Ich entschuldige mich aufrichtig." Er habe zwar überall Schmerzen, wolle aber weiterfahren. Philipsen kann das nicht mehr.

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Quelle: Reuters

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