Bergtrikot bei Tour: Warum rot gepunktet beliebter ist als gelb

50 Jahre Bergtrikot bei der Tour:Warum rot gepunktet beliebter ist als gelb

von Stephan Klemm
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Das markante Bergtrikot der Tour de France wird in diesem Jahr 50. Vorbild für seine Farbgebung war ein französischer Bahn-Rennfahrer, der in den 1930er Jahren erfolgreich war.

Tour de France, 10. Juli 1975: Eddy Merckx fährt als Zweiter der 13. Etappe ins Ziel. Hinter ihm Lucien van Impeim Bergtrikot als Dritter.
Tour de France, 10. Juli 1975: Eddy Merckx behauptet als Zweiter der 13. Etappe das Gelbe Trikot. Hinter ihm kommt Lucien van Impe im Bergtrikot ins Ziel. Wenige Tage später wird van Impe als erster Gewinner des gepunkteten Trikots in die Tour-Geschichte eingehen.
Quelle: Imago / Belga

Um Punkt 18 Uhr am Samstagabend erklomm der Franzose Benjamin Thomas das Podium der Tour de France und präsentierte sich vor Tausenden Zuschauern in Lille als erster Träger des Bergtrikots der 112. Ausgabe des Rennens. Thomas hatte im Verlauf der Auftaktetappe zwei von drei Bergwertungen der vierten Kategorie gewonnen und damit zwei Punkte erobert.
Thomas empfand die Übernahme des berühmten weißen Dresses mit den roten Punkten als "eine besondere Ehre" und das an einem runden Geburtstag dieses Trikots: Zum ersten Mal wurde es 1975 vergeben, vor 50 Jahren.
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Auch in flacheren Etappe ein hart umkämpftes Trikot

Wie umkämpft diese besondere Auszeichnung bei der Frankreich-Rundfahrt ist, zeigte am Samstag die Auseinandersetzung um den zweiten Punkt. Thomas war gemeinsam mit seinem französischen Landsmann Matteo Vercher dem Feld enteilt, vor dem Mont Cassel, knapp 80 Kilometer vor dem Ziel, sprinteten die beiden auf dem Kopfsteinpflaster des Anstiegs mit ausgefahrenen Ellbogen.
Thomas setze sich in der Bergwertung knapp vor Vercher durch, rutschte dabei aber weg und in Verchers Rad hinein. Beide stürzten, konnten aber weiterfahren, doch ihr Vorsprung war dahin.

Sponsor erkennt Reiz des Bergtrikots

Das Gelbe Trikot, das der Führende der Gesamtwertung tragen darf, mag mehr Prestige besitzen. Doch das beliebteste Dress, das die Organisatoren der Tour de France verteilen, ist es nicht unbedingt. Dieses Prädikat geht vielmehr an ein weißes Trikot mit roten Punkten.
Seit ein paar Jahren schon schafft es der Sponsor dieser Trophäe aus Stoff schrill auf sich aufmerksam zu machen. Die Supermarktkette Leclerc hat sich einen Platz in der Werbekarawane reservieren lassen, die den Profis Tag für Tag vorauseilt.
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2025 wird es einen neuen Gewinner der Bergwertung geben, denn Richard Carapaz - hier 2024 auf der 20. Etappe vor Marc Soler - startet in diesem Jahr nicht.
Quelle: Imago / Photo News / Jan De Meuleneir

In diesem Konvoi verteilen die 33 vertretenen Marken gemeinhin Pröbchen ihrer Produkte. Leclerc hingegen verschenkt Tausende weißer T-Shirts mit roten Punkten und dem Leclerc-Logo sowie Hüte mit demselben Muster. Die Folge davon ist ein Festival in rot und weiß am Straßenrand, was die Beliebtheit dieser Farbkombination ganz besonders schillernd illustriert. Denn Menschen jeden Alters recken ihre Arme aus, wenn diese Shirts und diese Hüte verteilt werden.

Große Sympathien für den Träger des Bergtrikots

Hinzu kommt, dass der Träger dieses Jerseys "sehr oft der beliebteste Fahrer des Feldes ist", wie Christian Prudhomme beobachtet hat, der Tour-Direktor. Denn: "Er wird mit Sympathien überschüttet, weil er als Bezwinger des Hochgebirges gilt."
Einen Bergpreis gibt es bei der Frankreich-Rundfahrt schon seit 1933, sein erster Gewinner war ein Spanier namens Vicente Trueba. Doch ein besonderes Dress erhielt er für seine Fahrt als führender in dieser Wertung nicht.
Der Franzose Richard Virenque auf der 15. Etappe der Tour de France 1995
Keiner hat das gepunktete Trikot öfter gewonnen als der Franzose Richard Virenque - hier 1995 auf der 15. Etappe.
Quelle: IMAGO / Bürhaus

Ein Bahnrennfahrer ist das Vorbild

Der Wunsch, ein spezielles Trikot für den besten Bergfahrer zu kreieren, entsprang schließlich 1975 dem damaligen Sponsor dieser Wertung, "Chocolat Poulain". Die Chefs der Kette wollten, dass ihr Engagement deutlich wahrgenommen wird. Den Auftrag der Trikotfindung erhielt Félix Lévitan, der damalige Co-Chef der Tour.
Lévitan erinnerte sich an Henri Lemoine, einen Bahnfahrer aus den 1930er Jahren, der auf den Pisten mit einem weißen Dress fuhr, auf den er rote Punkte platziert hatte. Dieses Muster schlug Lévitan seinen Auftraggebern vor. Und er überzeugte die Chefs der Schokofirma sowie die Tour-Entourage mit seiner Idee.
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Joop Zoetemelk ist der Erste mit den roten Punkten

Schon im Sommer 1975 wurde dieses neue Wertungstrikot bei der Frankreich-Rundfahrt eingeführt. Der erste Träger des Shirts war der Niederländer Joop Zoetemelk, der es am zweiten Tour-Tag erobert hatte. Als erster Fahrer nach Paris brachte dieses Dress damals allerdings der Belgier Lucien van Impe, der sechs Mal den Bergpreis der Tour gewann. Rekordsieger ist er damit nicht, diesen Ehrentitel besitzt der Franzose Richard Virenque mit sieben Titeln.
Benjamin Thomas wiederum darf das weiße Trikot mit den roten Punkten mindestens am Sonntag tragen, als erster Teilnehmer dieser 112. Tour.

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