Elisa Senss und Sjoeke Nüsken
Quelle: ddp
Ein Punkt der sowohl von den Verantwortlichen des DFB als auch in den Medien immer wieder zu hören ist: die vermeintlich wackelnde Defensive. Aber stimmt das? Hat Deutschland ein Abwehrproblem?
Deutschland und die Defensive: Es ist kompliziert
Die kurze Antwort: es ist kompliziert. Zunächst einmal die Stärken, denn: Vieles läuft bei den DFB-Frauen - auch im Spiel gegen den Ball - schon sehr richtig. So hat Deutschland in den ersten beiden Partien gegen Polen und Dänemark überhaupt erst eine echte Großchance zugelassen.
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Auch individuell ist die Viererkette von Bundestrainer Christian Wück durchaus mit Klasse bestückt. Sarai Linder und Neu-Kapitänin Janina Minge sorgten gegen Dänemark mit herausragenden Passquoten (je 96 Prozent) für Sicherheit im Spielaufbau.
Genannte Linder bestach in den ersten beiden Partien auch durch ein klasse Stellungsspiel und erstickte so viele Chancen, bevor sie entstanden. Kam doch mal ein Pass an, zeigte sie ihre Stärken im Zweikampf, wie gegen Dänemark als sie Weltklasse-Spielerin Pernille Harder im eins gegen eins locker abdrängte.
Der sichere Rückhalt: Ann-Katrin Berger
Und sollte doch mal ein Ball in Richtung des DFB-Kastens fliegen, dann steht mit Ann-Katrin Berger eine der besten Torfrauen des Turniers zwischen den Pfosten.
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Alles problemlos also in der deutschen Defensive? Nicht so ganz. Denn Schwächen gibt es dennoch - die haben allerdings auch mit dem Angriffsspiel der Wück-Elf zu tun. Deutschland verlor in den ersten beiden Spielen zu oft den Ball in der Vorwärtsbewegung, spielte zu häufig Fehlpässe.
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DFB-Team muss Rückwärtsbewegung verbessern
Das wussten die Gegnerinnen mit schnellem Umschaltspiel auszunutzen. So wurde die deutsche Hintermannschaft immer wieder entblößt, die in ihrer Rückwärtsbewegung, wie beim 1:0 der Däninnen gesehen, noch Verbesserungspotenzial erkennen ließ.
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Auch die Polinnen kamen durch schnelle Konterangriffe zu einigen guten Chancen. Dem Problem entgegenwirken kann eine cleverere Raumaufteilung der beiden Spielerinnen im defensiven Mittelfeld, Sjoeke Nüsken und Elisa Senß.
Die Kombination beider Athletinnen ist nämlich besonders dankbar. Während sich Nüsken eher offensiv orientiert, sich aktiv ins Angriffsspiel einschaltet und sogar für Torgefahr sorgt, ist Elisa Senß im klassischen Sinne eine Abräumerin und sorgt für defensive Stabilität.
Deutsche Doppelsechs als Schlüssel
Wie das für die deutsche Mannschaft funktionieren kann, hat die zweite Halbzeit gegen Dänemark gezeigt. Nach der Pause orientierte sich Nüsken deutlich offensiver, war so als zusätzliche Anspielstation in der gegnerischen Hälfte verfügbar. Die Folge: Weniger Fehlpässe und weniger Chancen für Dänemark.
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Auch gegen den Ball hat das Vorteile, da mit Nüsken eine Spielerin mehr ins Pressing ging und es den Däninnen so noch schwerer machte, das eigene Angriffsspiel aufzuziehen. All das kann sie sich erlauben, da Senß sich in jeden Zweikampf reinbeißt, viel läuft und defensiv für zwei ackert.
Die deutsche Defensive ist also weit weniger wackelig, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Mit einer stabilen Grundordnung und der richtigen Balance im Mittelfeld kann sie sogar zum Erfolgsfaktor werden, auf dem Weg zum möglichen neunten Titel.
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