Qigong: Bewegungsübungen als Therapie für die Gesundheit
Übungen für Körper und Geist:Qigong: Bewegung für ein gesundes Leben
von Cornelia Petereit
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Bewegen, Atmen, Konzentrieren - das sind zentrale Elemente von Qigong. Wie die Übungen der Traditionellen Chinesischen Medizin bei Krankheiten wie Migräne helfen können.
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Stehen wie ein Baum, mit den Händen den Himmel stützen oder sich dehnen wie ein Kranich: Qigong-Übungen werden sehr bildreich erklärt. Die Imagination ist eine zentrale Kraft der traditionellen chinesischen Bewegungsform, erklärt Sinologin Ute Engelhardt.
Die Bilder sind sicherlich das Effektivste, das unterscheidet Qigong von Gymnastik.
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Dr. Ute Engelhardt, Dozentin für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
Langsam, harmonisch und fließend sollen die Bewegungen sein, so die Dozentin für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). "Die Vorstellung, fest wie ein Baum im Boden verwurzelt zu sein, gibt mentale Stabilität und Ruhe", weiß Engelhardt.
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Bildhafte Sprache gegen Krankheiten
Durch ihre Bildhaftigkeit eignen sich die Übungsanleitungen im Qigong besonders für die Behandlung von psychosomatischen Krankheitsbildern wie Stress, Depressionen und Migräne. Aber auch zur Sturzprophylaxe bei Älteren, Verbesserung der Motorik und allgemeinen Steigerung der Lebensqualität können die Übungen eingesetzt werden.
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Was ist Qigong?
Qigong ist eine jahrhundertealte chinesische Praxis zur Stärkung des sogenannten "Qi". Qi bedeutet im Chinesischen so viel wie "Lebens-" oder "Vitalkraft", Qigong ist die "Arbeit" oder der "Umgang" mit Qi. Ähnlich zur Übungsform des Taijiquan - oft als Taiji bezeichnet - zielt Qigong auf einen Einklang von Vorstellungskraft, Atmung und Bewegung ab. Alle drei Komponenten sollen die Lebenskraft Qi des Übenden harmonisieren.
Engelhardt betont, dass Kenntnisse über chinesische Medizin wichtig sind, um zu verstehen, "dass Qi im Körper in Leitbahnen, manchmal auch Meridiane genannt, fließt."
Was ist der Unterschied zwischen Taiji und Qigong?
Taiji und Qigong gehören zu den fünf Säulen der Traditionellen Chinesischen Medizin, genauso wie Akupunktur, Arzneimittel- und Kräuterkunde, Tuina-Massagen und Diätetik.
In allen Qigong-Übungen werden Ruhe und Bewegung geübt. Die Übungen können im Stehen oder Sitzen, von Fortgeschrittenen auch im Gehen ausgeführt werden. Geschwächte Personen können im Liegen üben. Gängige Übungsformen sind die sogenannten "Acht Brokate", das sind Übungen zum Leiten des Qi und Dehnen des Körpers, sowie "Das Spiel der fünf Tiere". Diese Übungsformen sind den Bewegungen verschiedener Tiere wie Kranich, Tiger oder Bär nachempfunden.
Bei Taiji steht die Bewegung im Vordergrund, Übungen im Sitzen gibt es nicht. Ursprünglich kommt Taiji aus der chinesischen Kampfkunst und diente dazu, Krieger auf die Begegnung mit dem Feind vorzubereiten. Weitaus häufiger als beim Qigong gibt es unterschiedliche Formen oder Auslegung der Übungen, die sich über Jahrhunderte in Kampfkunstschulen entwickelt haben.
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Blockaden führen zu Krankheiten
Wenn die Lebenskräfte Qi nicht in Harmonie sind, entwickelt der Mensch Krankheitssymptome psychischer, emotionaler oder physischer Art, beschreibt Medizinerin Gisela Hildenbrand, Mitbegründerin einer Qigong-Gesellschaft.
Krankheiten seien wie Aushängeschilder von Störungen in der Seele, im Herzen oder im Körper, so die Hildenbrand. "Qigong kann den Körper regulieren und die Krankheitssymptome können sozusagen abfallen", erklärt die Buchautorin. Qigong sei ein wichtiger Beitrag der chinesischen Medizin zu Gesunderhaltung und Therapie, allerdings kein Allheilmittel.
Das ist nicht wie bei einem Knochenbruch - da muss jemand reparieren. Beim Qigong kann ich etwas durch eigenes Üben bewirken.
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Dr. Gisela Hildenbrand, Qigong-Lehrerin
Über die Expertinnen
Ute Engelhardt hat unter anderem Sinologie, Japanologie sowie theoretische Grundlagen der chinesischen Medizin studiert. 1985 promovierte sie an der Universität München zum Thema "Qigong und Daoismus". Sie ist Vizepräsidentin der Internationalen Gesellschaft für Chinesische Medizin (SMS) und Leiterin der "Offenen Schule" der SMS, in der man Qigong, Taiji, Diätetik und Tuina erlernen kann. Bis 2024 war sie Dozentin für TCM an der TU München. Außerdem ist sie Buchautorin und erhält eine Gastprofessur an der Chengdu Universität für TCM.
Gisela Hildenbrand hat Medizin studiert, ist Privatdozentin und Mitbegründerin der Medizinischen Gesellschaft für Qigong Yangsheng e. V. Bonn. Sie ist außerdem als Kursleiterin, Referentin sowie Herausgeberin von Fachbüchern zu Qigong tätig.
Qigong als Therapie
Der Aspekt, "etwas selbst machen zu können" habe sich gerade bei psychischen Krankheitsbildern als wirksam erwiesen. In Kliniken, die auf die Behandlung von psychosomatischen Störungen spezialisiert sind, sowie in Reha-Kliniken wird Qigong daher bereits angewandt. Nach chinesischem Medizinverständnis gebe es ohnehin keine Trennung von Körper und Geist: "Es gibt keine psychische Störung, die sich nicht körperlich auswirken würde. Aber auch keinen körperlichen Schmerz, der nicht auch die Seele betrifft", erläutert Hildenbrand. Auch wenn es nicht so spezifisch wirke wie zum Beispiel Akupunktur, sei "Qigong die weitreichendste Methode der chinesischen Medizin."
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Qigong in der Praxis
Qigong wird von Verbänden, Kampfkunstschulen, Volkshochschulen oder freien Trainern angeboten. Zertifizierte Präventionskurse werden auch von den Krankenkassen bezuschusst. Dozentin Ute Engelhardt empfiehlt Anfängern von Trainern angeleitete Kurse. Zu achten sei darauf, dass der kulturelle Hintergrund sowohl der Traditionellen Chinesischen Medizin als auch der Übungsformen Taiji oder Qigong vermittelt werde.
Die Wirkung von Qigong auf die Gesundheit des Übenden entfalte sich erst nach mehreren Einheiten. Wie Qigong-Lehrerin Gisela Hildenbrand rät auch sie, Probestunden zu vereinbaren. Wichtig für Übende seien unter anderem Wortwahl und Stimme des Lehrers: "Denn Sprache und Bilder beeinflussen die Qigong-Übungen und verankern sich leicht im Kopf."
Cornelia Petereit ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
Quelle: dpa
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