Von Sonnenstich bis Hitzschlag: Wenn eine Hitzewelle krank macht
Von Sonnenstich bis Hitzschlag:Mangelndes Wissen über Hitzeerkrankungen
von Julia Tschakert
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Auch wenn der Sommer bisher kaum "extrem heiß" war und es erst wenige Hitzetage gab: Kommt die Hitze plötzlich, kann es schnell gefährlich werden. Was Sie wissen sollten.
Bei hohen Temperaturen und knallender Sonne sind Sonnenstich und Hitzschlag häufig. Wie man vorbeugen kan und was zu tun ist, wenn man eine Hitzeerkrankung erlitten hat. 08.08.2025 | 4:50 min
Die Hitzetoleranz des Menschen ist sehr klein. Doch der Körper hat Möglichkeiten, sich an Hitze anzupassen, etwa im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems. So sinkt bei Hitze die Herzfrequenz, die Durchblutung der Haut wird verstärkt und die Schweißproduktion erhöht. Für die Anpassung braucht der Körper etwa sieben bis zehn Tage. Individuelle Faktoren wie Übergewicht spielen dabei eine Rolle.
Wenig Bewegung und ein hoher Körperfettanteil erhöhen das Risiko für einen Hitzezwischenfall um das Achtfache. Demgegenüber werden Hitzebelastungen von fitten Personen deutlich besser toleriert.
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Schon eine kurze Hitzewelle ist kritisch
Treten Hitzewellen jedoch plötzlich auf oder kommt man durch Flugreisen in ein feucht-heißes Klima, kann es gefährlich werden. Denn ist die Luftfeuchtigkeit hoch, kann der Körper keine Verdunstungskälte erzeugen. Eine Anpassung an feuchte Hitze ist deshalb schwieriger als an trockene Hitze.
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Die Anpassung sei jedoch nicht von Dauer, sagt Dieter Leyk, Sportmediziner und Sportwissenschaftler an der Universität Koblenz und der Sporthochschule Köln. Er forscht zur Wirkung von Hitze auf den Körper. Habe sich der Körper an die Hitze gewöhnt und lasse diese wieder nach, gingen auch die Anpassungseffekte zurück.
Eine Woche nachdem die Hitzeexposition verschwunden ist, sind etwa 50 Prozent der Anpassungseffekte wieder abgeklungen.
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Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk, Sportmediziner
In Deutschland gibt es jedes Jahr etwa 7.000 hitzebedingte Todesfälle. Leyk geht sogar von über 10.000 Toten pro Jahr aus, da häufig Hitze als Todesursache nicht erkannt wird.
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von Thomas Bleich
mit Video
Hitzschlag wird oft nicht erkannt
Hitzeerschöpfung, Hitzekollaps oder Hitzekrampf können plötzlich auftreten und sogar in einem Hitzschlag münden - ein lebensbedrohlicher Notfall. Die Körperkerntemperatur muss innerhalb von 30 Minuten auf unter 40 Grad Celsius gesenkt werden, sonst droht der Tod.
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Wird ein Hitzschlag nicht als solcher erkannt oder gibt es vor Ort keine adäquaten Erste-Hilfe- beziehungsweise Notfallmaßnahmen oder Kühlungsmöglichkeiten, kann es schnell kritisch werden - gerade für Betroffene der Risikogruppen wie ältere Menschen und Kinder.
Ältere Menschen, Senioren ab 75 Jahren: Ältere Menschen haben eine geringere physiologische Anpassungsfähigkeit, sind oft chronisch erkrankt und müssen Medikamente einnehmen. Zudem haben sie ein schlechteres Durstgefühl und eine schlechtere Hitzetoleranz.
Sportler: Bei Sportlern besteht Überhitzungsgefahr durch starke Wärmeproduktion im arbeitenden Muskel. Menschen haben bei sportlicher Aktivität außerdem einen höheren Flüssigkeits- und Elektrolytverlust.
Kinder und Jugendliche: Kinder habe eine geringere Hitzetoleranz und schwitzen deutlich weniger als Erwachsene. Sie haben bei Hitze zudem einen hohen Flüssigkeitsbedarf und können Gefahren im Zusammenhang mit Hitze selbst noch nicht einschätzen.
Quelle: Universität Koblenz
Umfrage zum Thema Hitzeerkrankungen
Um herauszufinden, inwieweit Einrichtungen, die mit Risikogruppen zu tun haben, über Hitzeerkrankungen informiert und darauf vorbereitet sind, haben Studierende des Fachbereichs Informatik der Universität Koblenz unter Leitung von Dieter Leyk 2023 ein digitales Befragungstool zum Thema Hitzebelastung entwickelt.
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Die Umfrage wurde an über 200 Einrichtungen und Gemeinden im Großraum Koblenz verschickt. 78 haben geantwortet. Befragt wurden Kindergärten und Schulen, Senioren- und Sporteinrichtungen sowie Gemeinden, die Verantwortung für eine oder mehrere der Risikogruppen, also Heranwachsende, Senioren und Sporttreibende, haben. Es zeigte sich: Der Handlungsbedarf ist groß.
Vor allem älteren Menschen und Kindern machen die hohen Temperaturen zu schaffen. Unsere interaktive Story erklärt, wie man sich schützen kann.
Unterschiedliches Wissen zu Hitzeerkrankungen
Die Ergebnisse der Umfrage zeigten: Nur bei einem Drittel der Einrichtungen für Heranwachsende wie Kindergärten und Schulen waren die Warnzeichen bekannt und nur bei der Hälfte der befragten Sporteinrichtungen.
Um eine Hitzeerkrankung zu erleiden, reicht es oft schon, wenn man in einer moderaten Intensität körperlich arbeitet. Wird man dann die Wärme nicht los, weil zum Beispiel die Hautdurchblutung und das Schwitzen nicht richtig funktionieren oder eine chronische Erkrankung vorliegt, kann es für den Körper kritisch werden.
Eine gute Nachricht gab es im Bereich Altenheime und Pflegeinrichtungen:
Über 80 Prozent der Senioreneinrichtungen gaben an, dass das Personal die Warnzeichen kennt und darauf reagieren kann.
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Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk, Universität Koblenz
Aber: Fast jede dritte der befragten Einrichtungen hatte keine geeigneten Möglichkeiten für eine schnelle und effektive Herunterkühlung des Körpers.
Zwar sei die Studie aufgrund des kleinen Datensatzes nicht repräsentativ. Dennoch habe die Befragung wichtige Erkenntnisse geliefert, so Leyk.
Hohe Temperaturen sind nicht nur unangenehm, sie haben auch rechtliche Folgen. Was gilt auf der Arbeit, was in der Schule? Und können Behörden zum Wassersparen verpflichten?
von Jan Henrich
FAQ
Maßnahmen und Schulungen erforderlich
Kühlungsmöglichkeiten müssten geschaffen werden, fordert der Experte. Genauso müsse man zudem schon bei der Ausbildung vermitteln, worauf es bei Hitzeerkrankungen ankommt.
Auch bei Schulungen in den Einrichtungen sollten lebensrettende Sofort- und Präventionsmaßnahmen einen höheren Stellenwert bekommen. Bei hohen Temperaturen müsse bei Notfällen immer auch an eine Hitzeerkrankung gedacht werden, rät Dieter Leyk.
Julia Tschakert ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
Quelle: dpa
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