Fruchtzucker steckt nicht nur in Obst, sondern auch in vielen verarbeiteten Lebensmitteln. Immer häufiger führt das zu Beschwerden wie Durchfall. Wer ist betroffen und was hilft?
Nicht alle Menschen können sorgenfrei Obst genießen. Menschen mit einer Fruktoseintoleranz sollten einiges beachten.
Quelle: dapd
Obst gilt als gesund. Doch für immer mehr Menschen wird es zum Problem. Wer nach dem Essen regelmäßig mit Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall kämpft, könnte unter einer Fruktosemalabsorption leiden. Im Volksmund wird diese auch Fruktoseintoleranz genannt. Das bedeutet, der Körper kann Fruktose nur in geringeren Mengen aufnehmen.
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Wenn der Dünndarm Fruktose nicht gut aufnehmen kann
Das Problem bei einer Fruktoseintoleranz: Im Dünndarm kann Fruktose nicht ausreichend aufgenommen werden und gelangt weiter in den Dickdarm. Dort wird sie von Bakterien zersetzt und es entstehen Gase, die zu den typischen Symptomen führen.
Besonders jüngere Erwachsene zwischen 20 und 50 Jahren berichten laut dem Arzt Niklas Sturm über langjährige Beschwerden, vor allem Blähungen und Bauchschmerzen nach dem Essen. Jeder Mensch habe eine gewisse Schwelle, ab der der Körper Fruktose nicht mehr verarbeiten kann und ab der es Probleme gibt, erläutert Sturm.
Die Schwelle der Verträglichkeit ist einfach bei Menschen mit Fruktoseintoleranz erniedrigt. Sie bekommen also früher Beschwerden.
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Dr. Niklas Sturm, Arzt in internistischer Weiterbildung
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Welche Unterschiede es bei Fruktoseintoleranz gibt
HFI ist eine seltene, angeborene Stoffwechselstörung. Den Betroffenen fehlt ein bestimmtes Enzym, wodurch sich schädliche Stoffwechselprodukte in Leber und Nieren ansammeln. Die hereditäre Fruktoseintoleranz ist sehr selten, betrifft circa 0,15 Prozent der Bevölkerung und kann lebensgefährlich sein. Meist wird sie bereits im Säuglingsalter erkannt, sobald das Kind abgestillt wird und mit Nahrung in Kontakt kommt.
Dies ist die häufigste Form der Unverträglichkeitvon Fruktose. Dabei ist der Transport von Fruchtzucker aus dem Dünndarm ins Blut beeinträchtigt, da das für die Aufnahme zuständige Transportsystem nicht richtig funktioniert. Bei dieser häufigen Form der Fruktoseintoleranz kommt es im Gegensatz zur seltenen, genetisch bedingten hereditären Fruktoseintoleranz nicht zu Organschäden.
Fruktoseintoleranz: Immer mehr Menschen betroffen
Nach aktuellen Schätzungen ist rund ein Drittel der europäischen Bevölkerung von Fruktoseintoleranz betroffen. Doch nur etwa die Hälfte hat auch tatsächlich Symptome. Ein Anstieg der Fälle lässt sich laut Sturm aber beobachten: "Das liegt vor allem daran, dass unsere Ernährung sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat."
Es kommt auch mehr industriell verarbeiteter Zucker in Lebensmitteln vor, darunter Fruktose und Süßungsmittel, die die Aufnahme zusätzlich behindern.
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Dr. Niklas Sturm, Arzt in internistischer Weiterbildung
Besonders problematisch: In Fertigprodukten wird Fruktose oft versteckt eingesetzt, beispielsweise als Fruktose-Glukose-Sirup. Zusätzlich wird das Transportsystem von Zuckeralkoholen wie Sorbit genutzt. Sorbit wird als Süßungsmittel und Feuchthaltemittel in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Die meisten Betroffenen haben daher auch eine Sorbitunverträglichkeit.
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Fruktoseintoleranz: Wie die Diagnose funktioniert
Durch vorsichtige und gezielte Provokation, wie dem Trinken eines Glases Fruchtsaft auf nüchternen Magen, können Betroffene erste Hinweise bekommen. Denn meistens treten die Beschwerden nach dem Essen auf.
Wer den Verdacht hat, dass er Fruktose nicht verträgt, sollte zudem ein Ernährungstagebuch führen. Für eine eindeutige Diagnose bietet sich der Wasserstoff-Atemtest an, der in einer gastroenterologischen Praxis durchgeführt wird.
Die Diagnose im Selbstversuch ist oft erschwert, da Fruktose nicht nur in Obst vorkommt, sondern vor allem auch in verarbeiteten Lebensmitteln. Diese enthalten oft auch Haushaltszucker, der zur Hälfte aus Fruktose und zur anderen Hälfte aus Glukose besteht. Durch die enthaltene Glukose kann die Fruktose sogar besser aufgenommen werden.
Wie die Ernährung umgestellt werden muss
Niklas Sturm empfiehlt Patienten, bei denen eine Intoleranz festgestellt wurde, immer eine medizinische Ernährungsberatung. Denn eine Fruktoseunverträglichkeit bedeutet nicht, dass Betroffene nie wieder Obst essen dürfen. Nur die ersten zwei Wochen sollte komplett auf Fruktose verzichtet werden, damit die Symptome zurückgehen. Das Fruktose-Transportsystem sollte individuell für zwei bis maximal vier Wochen auf Pause gestellt werden, erläutert Ernährungsberaterin Birgit Krause.
Dann sollte man aber wirklich gezielt auch wieder mit dem Aufbau beginnen.
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Birgit Krause, Ernährungsberaterin
Dafür werden Lebensmittel und einige Obstsorten mit weniger Fruktose gezielt ausgetestet. Meistens werden Äpfel, Birnen und Trauben nicht mehr gut vertragen, da sie einen hohen Fruktoseanteil haben. Das Ziel ist, die individuelle Toleranzgrenze zu bestimmen.
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Dennoch gibt es einige Tricks, die die Verarbeitung im Körper begünstigen: Obst oder fruktosehaltige Lebensmittel sollten erst nach anderen Speisen gegessen werden. Meist sorgt die Mahlzeit davor dafür, dass die Fruktose länger im Magen verweilt und so besser transportiert werden kann. Für eine Zwischenmahlzeit hat die Ernährungsberaterin noch einen weiteren Tipp zur besseren Bekömmlichkeit: "Lieber das Obst in Kombination mit Eiweiß und Fett essen." Beispielweise Erdbeeren mit Joghurt oder Quark oder mit Nussmus essen, so Krause.
Es gibt frei verkäufliche Tabletten, die die Verdauung von Fruchtzucker unterstützen sollen. Niklas Sturm zufolge sind die Tabletten kein gängiger Therapiestandard. Vielmehr sei es wichtig, durch eine Ernährungsumstellung eine Linderung der Beschwerden zu erreichen.
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Bewusste Ernährung und gute Beratung helfen
Ob Obst, Säfte, Süßigkeiten oder Fertigprodukte: Fruktose ist im Alltag allgegenwärtig und kann Betroffenen das Leben schwer machen. Mit einer bewussten Ernährung und professioneller Beratung lassen sich die Beschwerden aber meist gut in den Griff bekommen. Und auf Obst muss nicht komplett verzichtet werden.
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von Corinna Klee
mit Video
Quelle: dpa
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