Wehrdienst per Los: Übergeht die Politik die Jungen?

Junge zum "Wehrdienst per Los":"Gerade wird über unsere Köpfe hinweg entschieden"

von Stefanie Reulmann und Dominik Rzepka

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Junge Menschen kritisieren, dass sie bei der Wehrdienst-Debatte nicht gehört werden. Müssen sie künftig per Los zum Bund? Sie fordern Mitsprache - nicht nur bei dieser Frage.

Navid, zum Wehrdienst per Los

Junge Menschen wie Navid Amani (Bild) fühlen sich von der Politik übergangen. Viele sind gegen den Wehrdienst per Los.

17.10.2025 | 0:44 min

Navid Amani hat sich in dieser Woche ein bisschen aufgeregt über die Politik. Wehrpflicht per Losverfahren? Das findet der junge Mann falsch. Vor allem, weil ihn und seine Generation niemand gefragt habe.

Gerade wird über unsere Köpfe hinweg entschieden und nicht mit uns. Und das muss man ändern.

Navid Amani

Er fordert den Dialog mit den Entscheidern, zum Beispiel mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). "Ich finde, er muss den Kontakt zu den Jugendlichen schaffen und auf jeden Fall uns mal fragen, was wir denn davon halten."

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Das sagen junge Menschen zum Wehrdienst

ZDFheute hat in dieser Woche Jugendliche in Berlin und Mainz gefragt, wie sie die Debatte um die Wehrpflicht verfolgen. Das mögliche Losverfahren sehen viele kritisch. Johannes Engelhardt etwa sagt:

Diese Entwicklung macht mir auf jeden Fall Sorge.

Johannes Engelhardt

Auch Daniel Fritz lehnt es ab. Per Los zum Wehrdienst verpflichtet zu werden, sei ein Eingriff in die Persönlichkeit von Menschen, sagt er. Und Christopher ergänzt, er würde nach dem Abitur lieber studieren, statt zum Bund zu müssen.

Wenn mich das Los treffen würde, würde ich das als sehr große Einschränkung empfinden.

Christopher

Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz Quentin Gärtner

In der Debatte um den neuen Wehrdienst werde die junge Generation nicht miteinbezogen, sagt Quentin Gärtner von der Bundesschülerkonferenz.

14.10.2025 | 15:29 min

Muss der Bundestag jünger werden?

Es liegt nahe, dass das Problem, dass Junge wenig Gehör finden, auch strukturelle Ursachen hat. Die Parlamentarier im Bundestag sind im Schnitt rund 47 Jahre alt. Unter 18-Jährige sitzen nicht im Parlament mit seinen 630 Abgeordneten. Wären Minderjährige im Bundestag so vertreten wie in der Bevölkerung, würden sie 105 Abgeordnete stellen.

Andrea Dorothea Bührmann von der Uni Göttingen glaubt zwar nicht, dass Jugendliche im Parlament vertreten sein müssen, damit ihre Interessen Gehör bekommen. Aber sie fände es gut, wenn es Gremien oder Jugendparlamente gäbe, die sich zu wichtigen Themen der Politik äußerten.

Wenn man will, dass Menschen sich mit einem Gemeinwesen identifizieren, dann muss man auch dafür sorgen, dass sie sich an zentralen Entscheidungsprozessen aktiv beteiligen können.

Andrea Dorothea Bührmann, Institut für Diversitätsforschung an der Uni Göttingen

Zumal auch andere mächtige Gremien eher alt sind. Im Koalitionsausschuss, der strittige Fragen zwischen Union und SPD klärt, sitzen etwa Bundeskanzler Friedrich Merz (69), CSU-Chef Markus Söder (58) oder - als einzige Frau - SPD-Chefin Bärbel Bas (57).

Lang: Merz sollte mit Zirkuszelt touren und mit Jungen reden

Die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang kritisiert, dass die Bundesregierung kein Gefühl für die Probleme und Sorgen junger Menschen habe. In der ZDF-Sendung "Markus Lanz" sagt Lang:

Es wird überhaupt keine Diskussion darüber geführt mit den Menschen, die davon betroffen wären.

Ricarda Lang, Grüne

Schwarz-Rot hätte Anhörungen oder andere Veranstaltungen organisieren sollen. Merz und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hätten zum Beispiel "mit einem Zirkuszelt durchs Land ziehen und 16- bis 20-Jährige einladen und mit denen diese Debatte führen" sollen, sagt Lang.

Ricarda Lang (Die Grünen) ist bei Lanz zu Gast und unterhält sich mit Markus Lanz

Die ganze Folge "Markus Lanz" - unter anderem mit Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang.

16.10.2025 | 76:18 min

Jugendrat soll junge Menschen repräsentieren

Mehr Mitbestimmung fordert auch Simon Marian Hoffmann vom Deutschen Jugendrat. Er hat am Donnerstag vor dem Bundestag protestiert. Ob die Wehrpflicht komme, wie sie komme, für wen sie komme, entscheide die Mehrheit, die davon gar nicht betroffen sei, sagt er.

Das sei auch bei anderen Themen der Fall. Klimakrise, Urheberrecht oder Rente. Doch damit müsse Schluss sein, so Hoffmann. Er fordert einen Jugendrat. In ihm sollen 14- bis 28-Jährige die Perspektiven junger Menschen erörtern.

Wer in dem Gremium sitzt, soll übrigens zufällig sein. Entscheiden soll - das Los.

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