Gipfel in Brasilien:Kommt nun der Klimakanzler Merz?
von Wulf Schmiese, Belém
Friedrich Merz ist in Belém am Amazonas, um sich als Klimaschützer zu präsentieren. Brasilien verlangt Milliarden für den Regenwald - der Kanzler wirkt, als sei er bereit dazu.
Vor dem Start der Weltklimakonferenz treffen sich Dutzende Regierungschefs in Belém. Mit dabei Bundeskanzler Merz, der dem neuen Waldschutzfonds einen "namhaften Betrag" zusichert.
07.11.2025 | 1:41 minDie Reise des Bundeskanzlers nach Brasilien ist eine der Anfänge: Friedrich Merz hat das erste mal in seinem Leben Südamerika betreten, nachdem er in der Nacht zum Freitag gelandet ist in Belém.
Die arme Millionenstadt heißt nicht zufällig nach der Geburtsstadt Jesu, zu deutsch also: Bethlehem. Denn sie liegt dort, wo der Amazonasfluss mündet und der Amazonaswald beginnt - die grüne Lunge der Welt.
Dort, im Nordosten des Kontinents, wird Merz von Brasiliens Präsident Lula da Silva zum Weltklimagipfel empfangen. "Dies ist eine Gelegenheit", so Lula über seine Ortswahl, damit sich der Kanzler und die ganzen Politiker aus aller Welt "ein Bild von der Realität des Amazonas machen" können. Sie treffen sich nun im größten tropischen Regenwald der Erde, der sich über neun Staaten ausdehnt - und doch in Gefahr steht, immer weiter zu verschwinden.
Merz betonte beim Klimagipfel in Belém politisches Tempo, gesellschaftliche Akzeptanz und wirtschaftliche Innovation als zentrale Punkte seiner Klimapolitik.
07.11.2025 | 11:30 minBrasiliens Präsident Lula: Rettung des Regenwalds
Lula will Geschichte schreiben und Merz soll ihm dabei helfen. Denn es geht um sehr viel Geld auf der "30. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen", wie die COP 30 auf dem Programmheft des Kanzlers korrekt übersetzt und ausgeschrieben heißt. Alle reichen Länder sollten sich "ihrer Verantwortung stellen", wie Lula es formuliert, durch die "Begleichung ihrer Schulden" - auch Deutschland.
Mit diesem schroff klingenden Vorwurf begründet Lula seinen Finanzplan zur Rettung des Regenwalds. Doch Deutschland reagiert geschmeidig: "Der Kanzler findet diese Finanzierungsinitiative sehr interessant", wird in deutschen Regierungskreisen versichert. Merz ist offenbar mit dem festen Willen angereist, da mitzumachen.
Bundeskanzler Merz landet um 0:17 Uhr Ortszeit in Belém am Amazonas.
Quelle: ZDFLula und Merz wollen gemeinsam handeln
Der Linke Lula und der Konservative Merz, die sich schon zuvor trafen und in anderen weltpolitischen Fragen wie etwa zur Hilfe für die Ukraine und Haltung gegenüber Russland gar nicht grün sind, wollen hier gemeinsam handeln. Lulas Konstrukt, das Merz so gefällt, heißt TFFF, "Tropical Forest Forever Fund". Dieser "Ewige Regenwald Fonds" soll auf der COP in Belém ins Leben gerufen werden.
Brasilien will - und Deutschland könnte - mit jeweils einer Milliarde Dollar zu den ersten Geldgebern gehören. Wenn alle 50 Staaten sich beteiligten, deren Regierende hier zusammengekommen sind, sollten 25 Milliarden Dollar zusammenkommen. Und idealerweise von privaten Geldgebern aus aller Welt weitere 100 Milliarden.
Um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, setzt die Bundesregierung auf neue Ansätze. Die Wirtschaft soll dabei nicht Problem, sondern Teil der Lösung sein, sagt Bundeskanzler Merz.
07.11.2025 | 5:48 minFonds für Regenwald - als Geschäftsmodell
Anders als bisher wäre diesmal Geld keine bloße Spende für die armen Tropenländer weltweit, damit die im Gegenzug ihre Waldrodung unterbänden. Der TFFF soll von selbst wachsen und arbeiten, sodass auch die Geberländer profitieren. Das eingesammelte Geld soll in Kapitalmärkte der Tropenwaldländer weltweit gesteckt werden, aber nur dann, wenn dort die jeweilige Entwaldungsrate sinkt.
Der Deal soll lauten: Je weniger gerodet wird, desto mehr Geld fließt in die dortigen Kapitalmärkte. Die Zinsen wiederum fließen an die Geber zurück. Alle sollen gewinnen.
Erneuerbare Energien sind entscheidend im Kampf gegen den Klimawandel. Nur mit konsequentem Handeln könne die Wende noch gelingen, so Ryfisch von der Umweltorganisation Germanwatch.
07.11.2025 | 6:30 minTFFF-Idee: Positive Signale wohl auch aus SPD
Nun wird Merz auf dem Klimagipfel noch keine konkrete deutsche Summe nennen. Es muss noch geprüft werden, wie viel der ohnedies umstrittene Bundeshaushalt hergibt oder ob das Geld aus dem Sondervermögen für Klimaschutz stammen könnte. Nach dem idealen Finanzmodell gäbe die Bundesrepublik 250 Millionen und weitere 750 Millionen kämen von privaten Investoren, sodass am Ende Deutschland tatsächlich eine Milliarde Dollar beisteuern würde.
Jedenfalls scheinen auch die beiden in Belém anwesenden sozialdemokratischen Bundesminister für Umwelt und Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Carsten Schneider und Reem Alabali Radovan, so angetan von der TFFF-Idee, dass die an der SPD nicht scheitern würde.
Das wäre auch koalitionstechnisch ein kleiner Neubeginn in Gemeinsamkeit. Und Merz, der zuhause gegen das Aus des Verbrennungsmotors wettert, würde die COP 30 als Klimakanzler verlassen. So könnte sie dann enden, seine eintägige Brasilien-Reise der Anfänge.
Wulf Schmiese ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio und berichtet aus Belém.
ZDFheute-KlimaRadar:Daten zum Klimawandel im Überblick
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