Renten-Streit in Union: Diese Optionen hat Kanzler Merz jetzt

Analyse

Diskussion komplett festgefahren:Diese drei Optionen hat Merz im Renten-Streit

von Johannes Lieber und Mathis Feldhoff

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Der Streit um die Rente ist in der Union am Wochenende eskaliert. Weder die Junge Gruppe noch die SPD will sich bewegen. Friedrich Merz bleibt kaum ein Ausweg aus dieser Sackgasse.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung "Zukunft gestalten in einer unberechenbaren Welt».

Im Streit um die Rente spitzt sich der Konflikt zu: Bundeskanzler Merz verteidigt das von der Koalition geplante Rentenpaket, während die Junge Union auf Änderungen drängt.

17.11.2025 | 1:39 min

Ausweglos scheint die aktuelle Situation der Regierung. Spätestens seit dem "Deutschlandtag" der Jungen Union am Wochenende ist deutlich, wie uneinig sich die SPD und Teile der Union sind, wenn es um die Rente geht. In der Koalition werden jetzt drei Optionen diskutiert, um großen Schaden von der Koalition abzuwenden.

Option 1: Abstimmung verschieben und mit der SPD verhandeln

Die Junge Gruppe hat auf ihrem "Deutschlandtag" mehr als deutlich gemacht, dass sie dem umstrittenen Gesetz in aktueller Form nicht zustimmen werden. Die 18 Abgeordneten der Gruppe wären genug, um den Gesetzentwurf zu verhindern. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass sich wohl noch andere Abgeordnete auf die Seite der Jungen geschlagen haben. Insgesamt könnten womöglich rund 50 Mitglieder der Unionsfraktion den Entwurf ablehnen.

Karin Prien redet an ihrem Platz im Bundestag ins Mikrofon und gestikuliert dabei.

Familienministerin Prien (CDU) hat dafür geworben, die Abstimmung über das Rentenpaket zu verschieben. Für eine gerechte Lösung müsse man weiter das Gespräch über Generationen hinweg suchen.

17.11.2025 | 1:39 min

Eine Lösung könnte deshalb sein, die Abstimmung im Bundestag zu verschieben. Das hatte zuletzt auch Kabinettsmitglied Karin Prien (CDU) im "Handelsblatt" gefordert. Auch der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Union, Pascal Reddig, sprach sich im "Stern" für eine Verschiebung aus.

Vielleicht sollte man den Gesetzentwurf verschieben, um dann gleichzeitig zu Reformen und zur Sicherung der Haltelinie zu kommen.

Pascal Reddig (CDU), Vorsitzender der Jungen Gruppe der Unionsfraktion

Das Problem: Die SPD lehnt Nachverhandlungen unmissverständlich ab: "Nein, es ist ja fest vereinbart", sagte etwa SPD-Chefin Bärbel Bas beim "SZ-Wirtschaftsgipfel".

Wer gerade die Koalition gefährdet, sitzt in der Union.

Bärbel Bas (SPD), SPD-Vorsitzende und Bundesarbeitsministerin

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) selbst gab sich zuletzt unnachgiebig. Dem Gesetz werde er "guten Gewissens zustimmen", so der Kanzler am Wochenende. Nachverhandeln scheint aktuell also keine Option.

Alexander Schweitzer

In der Union gibt es Widerstand gegen das geplante Rentenpaket, die SPD fordert aber die Zustimmung von CDU und CSU. Alexander Schweitzer (SPD) spricht sich gegen Nachverhandlungen aus.

16.11.2025 | 5:07 min

Option 2: Die Abweichler mit einem "Entschließungsantrag" locken

Die aktuelle Strategie des Kanzlers: Die Zweifler umarmen. Die Rentenkommission etwa, die Vorschläge dafür erarbeiten soll, wie man das Rentensystem reformieren kann, soll schon in diesem Jahr ihre Arbeit aufnehmen. Früher als eigentlich geplant.

Zudem schlägt er in der ARD vor, mit einem "Begleittext" zum Gesetz die Reformvorhaben der Koalition nochmal festzuhalten. Für die Junge Union ist das noch zu wenig.

Ein Entschließungsantrag ist viel zu unverbindlich.

Pascal Reddig (CDU), Vorsitzender der Jungen Gruppe der Unionsfraktion

Der Vorsitzende Reddig fordert weiterhin, die großen Reformen frühzeitig anzugehen und mit dem aktuellen Gesetzentwurf keine "Vorfestlegungen" zu treffen, die die Arbeit der Rentenkommission "schwierig" machen.

Option 3: Der große Knall - Vertrauensfrage oder Minderheitsregierung

Ein Vorschlag: Der Kanzler könnte die Abstimmung zum Rentengesetz mit der Vertrauensfrage verbinden. Dazu hatte ihm zuletzt der ehemalige SPD-Stratege Matthias Machnig geraten. Aktuell stößt das nicht wirklich auf offene Ohren. Alle jetzt in die Verhandlungen eingebundenen Personen betonen , dass man die Differenzen jetzt in Gesprächen beilegen wolle.  "Wir führen im Augenblick natürlich Gespräche in der Koalition“, betonte Bundeskanzler Merz heute bei seinem Antrittsbesuch in Sachsen-Anhalt.

Symbolbild Rente

Die Junge Union bleibt in der Debatte um die Rente bei ihrem Standpunkt für eine Gesetzesänderung. Die SPD will die Rentenpläne umsetzen. Ein Streitgespräch.

17.11.2025 | 0:35 min

Und auch Fraktionschef Jens Spahn sagte im Gespräch mit Pinar Atalay im Fernsehsender n-tv: Wir müssen uns alle bewegen.“ Das klingt nicht danach, als erwäge die Unionsführung die Junge Gruppe und die anderen Kritiker aus der CDU/CSU-Fraktion mit der Vertrauensfrage auf den Kurs des Kabinetts zu zwingen. Jedenfalls noch nicht.

Die jetzt laut werdenden Stimmen, die eine Minderheitsregierung fordern –  insbesondere aus der Union – muss man wohl als Einzelmeinungen bezeichnen. Tatsächlich gibt es keinen führenden Unionspolitiker, der dieser Debatte etwas abgewinnen kann.

Glaubt den irgendjemand ernsthaft, wir könnten in diesem Deutschen Bundestag mit wechselnden Mehrheiten arbeiten und da noch vernünftige Gesetzgebungsarbeit machen? Das ist aus meiner Sicht ausgeschlossen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auf dem "SZ-Wirtschaftsgipfel"

Intern geht die Unionsspitze davon aus, dass so ein Experiment CDU und CSU in ihren Grundfesten erschüttern würde. 30 bis 40 Prozent der Wähler und der Mitglieder würden die beiden Parteien einbüßen, so die Schätzungen, wenn man auf gemeinsame Abstimmungen etwa mit der AfD setzen würde. Dann, so die Prognose, gehe die Union den Weg der französischen oder italienischen Konservativen: in die Bedeutungslosigkeit.

Johannes Lieber und Mathis Feldhoff sind Redakteure im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.

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