Hat Kanzler Merz ein Frauenproblem? Kaum Frauen in Unionsführung

Kaum Frauen in Unionsführung:Hat Kanzler Merz ein Frauenproblem?

von Stefanie Reulmann
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Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Schlüsselpositionen seiner Regierung fast ausschließlich mit Männern besetzt. Das löst Kritik aus. Doch woran liegt das?

 Berlin: Friedrich Merz (CDU, M), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, steht im Plenum des Bundestags mit Abgeordneten der Unions-Fraktion zusammen.
Das Umfeld von Kanzler Merz besteht hauptsächlich aus Männern. Frauen haben es in der Union schwer, in Spitzenpositionen zu kommen. Nur wenige Vorzeigefrauen schaffen das. Woran liegt das? 25.05.2025 | 4:06 min
Friedrich Merz und die Frauen - ein Thema, das immer wieder in den Fokus rückt, gerade jetzt, wo der Zirkel der Macht auch in der neuen Bundesregierung wieder vorwiegend männlich ist.
Auf die Frage, ob Merz weniger Vertrauen in Frauen habe, sagt sein stellvertretender Regierungssprecher Sebastian Hille in der Bundespressekonferenz:

Davon gehe ich nicht aus. Er hat selber eine, er hat mehrere Töchter. Der Bundeskanzler arbeitet gut und gerne mit Frauen zusammen.

Sebastian Hille, stellvertretender Regierungssprecher

Sebastian Hille, stellvertretender Regierungssprecher
Regierungssprecher Hille ist am Freitag in der Bundespressekonferenz durch Fragen zu Friedrich Merz und dem geringen Frauenanteil in seinem Umfeld mächtig in Bedrängnis geraten.25.05.2025 | 2:42 min

Frauen in der Union unterrepräsentiert

Ein Beleg für Feminismus ist das wohl nicht. Nicht jeder, der Frau und Tochter hat, ist automatisch ein Frauenrechtler. So einfach ist es nicht. Frauen sind in der Union immer noch unterrepräsentiert. Der Frauenanteil im Bundestag liegt bei der CDU bei 22,6 Prozent und bei der CSU bei 25 Prozent und wird nur noch von der AfD mit 11,8 Prozent unterboten.

AfD - 11,8 Prozent
CDU - 22,6 Prozent
CSU - 25 Prozent
SPD - 41,7 Prozent
Linke - 56,2 Prozent
Grüne - 61,2 Prozent

Quelle: Bundestag

Ein Zeichen wollten Merz und die Union mit der Nominierung von Julia Klöckner (CDU) für das Amt der Bundestagspräsidentin setzen, dem zweithöchsten Amt im Staat. Und auch im Kabinett wollte Merz vermehrt auf Frauen setzen. Vier von zehn Unions-Ministerposten sind mit Frauen besetzt. Ein Zeichen - mehr aber auch nicht.

Merz umgibt sich mit Männer-Zirkel

Im direkten Umfeld des Bundeskanzlers sind nur Männer. Vom Bundeskanzleramt über das Kabinett, bei dem alle Schlüsselministerien, wie Innen, Außen, Verteidigung und Finanzen mit Männern besetzt sind, bis zu den Fraktionschefs, den Ersten Parlamentarischen Geschäftsführern und den Sprechern der Bundesregierung - nur Männer. Auch der Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) und der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann.
Gleiches gilt für den Koalitionsausschuss. Das zweite zentrale Entscheidungsgremium von Schwarz-Rot ist mit zehn Männern und einer Frau besetzt, von der Union nehmen nur Männer teil. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner sieht darin "ein fatales Zeichen, ein ganz schlechtes Signal". Wenn Frauen fehlten, fehle auch die "Hälfte der Perspektiven", sagt sie:

Man hat so den Eindruck, wenn es ernst wird, dann müssen es die Jungs machen, untereinander.

Julia Klöckner (CDU), Bundestagspräsidentin

Die Bundesregierung (Merz-Kabinett im Überblick)

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Widmann-Mauz: Frauen sind "keine Groupies"

Auch andere CDU-Frauen, wie Bildungs- und Familienministerin Karin Prien und Annette Widmann-Mauz, zehn Jahre lang Vorsitzende der Frauen-Union, kritisieren fehlende weibliche Führungspersonen. Ein strukturelles Problem der Union.
Beim Bundesdelegiertentag der Frauen-Union am Samstag in Reutlingen, sagt die scheidende Vorsitzende Widmann-Mauz:

Die Frauen-Union ist keine Cheerleader-Gruppe in der politischen Bundesliga, und unsere Frauen auch keine Groupies männlicher Polit-Stars.

Annette Widmann-Mauz, ehemalige Vorsitzende der Frauen-Union

Widmann-Mauz hat ihr Amt gestern abgegeben. Neue Vorsitzende der Frauen-Union ist Gesundheitsministerin Nina Warken, die sich nun für mehr Präsenz von Frauen in der Union einsetzen will.

Union hat sichtbare Positionen mit Frauen besetzt

Das fordert auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im ZDF. Es müsse "noch mehr Frauen sichtbar in Führungspositionen" geben, allerdings habe man diesbezüglich auch schon viel getan: "Im Kabinett, das sind ja die sichtbarsten Positionen, haben wir sehr viele starke Frauen. Wir haben mit Julia Klöckner die Bundestagspräsidentin."
Doch vielen in der Union reicht das nicht. Merz hat sich in der Vergangenheit nicht gerade als Förderer von Frauen einen Namen gemacht, im Gegenteil: Eine Frauenquote in der CDU hat er mal als "zweitbeste Lösung" bezeichnet. Mit einer festgelegten Quote täte man Frauen "keinen Gefallen", sagte er mit Blick auf die umstrittene SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht.
"Mensch Merz! - Der Herausforderer": Großaufnahme des Gesichts von Friedrich Merz vor grauem Hintergrund; er lächelt in die Kamera.
"Mensch Merz! Der Herausforderer" - Portrait über den neuen Kanzler16.04.2024 | 43:43 min

Linnemann: Brauchen mehr "starke Frauen"

Linnemann fordert mehr "starke Frauen" in der Union, um Führungspositionen zu besetzen. Doch müssen Frauen besonders "stark" sein, um eine Führungsposition zu bekommen, während es bei Männern reicht, ein Mann zu sein? Warum haben es Frauen in der Union so schwer? Linnemann erklärt das so:

Die CDU ist natürlich eine ältere Partei, damals haben Männer Politik gemacht.

Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär

Zu wenig Frauen in Schlüsselpositionen? Macht sich das reine Männer-Team um Merz darüber eigentlich Gedanken? Durchaus, sagt Regierungssprecher Hille: "Sie können davon ausgehen, dass wir uns der Zusammensetzung bewusst sind. Aber manche Dinge sind, wie sie sind."

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