Das Umfeld des Friedrich Merz:Wem vertraut der Kanzler?
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Friedrich Merz gilt als ein Mann ohne großes Netzwerk. Einer, der auch aufgrund seiner langen Pause in der Politik nur langsam Vertrauen aufbaut und so Getreue um sich schart.
Als Friedrich Merz 2018 nach einer längeren Auszeit in der Wirtschaft zurück auf die Berliner Bühne tritt, fällt auf, dass der Kandidat für den CDU-Parteivorsitz quasi als Ein-Mann-Bewerbung unterwegs ist. Einen großen Stab von Mitarbeitern hat er zu diesem Zeitpunkt nicht.
Jetzt, sechseinhalb Jahre später nach der Wahl zum Kanzler, ist das anders - schließlich hat ein Regierungschef qua Amt hunderte Verwaltungsmitarbeiter. Aber hat er auch mehr Vertraute? Friedrich Merz ist weiterhin einer, der sich nur schwer auf andere verlässt, der Freundschaften, gerade in der Politik, zaghaft verteilt. Das Vertrauen eines Friedrich Merz muss man sich verdienen.
Die Männer der ersten Stunde: Linnemann und Frei
Zwei, denen das gelungen ist, sind Carsten Linnemann und Thorsten Frei. Der eine als Statthalter in der Partei, der andere als Stütze in der Fraktion.
Linnemann, der einst mit sich gerungen hat, selbst für den CDU-Vorsitz zu kandidieren, aber seine Ambitionen zugunsten von Merz zurückstellt, hat so bewiesen, dass er sich einordnen kann. Linnemann hat den Prozess für das neue Grundsatzprogramm und als CDU-Generalsekretär einen Wahlkampf organisiert. Dass er diese Posten jetzt aus freien Stücken behalten darf und nicht dem Nachwahlgeschacher zum Opfer fällt, spricht sehr für erworbenes Vertrauen.
Und auch Thorsten Frei, der als parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion noch von Merz' Vorgänger Ralph Brinkhaus ausgewählt wurde, musste seinen Mehrwert für Merz erst mal dokumentieren. Das Ergebnis ist heute sichtbar. Als neuer Kanzleramtsminister ist Thorsten Frei eine zentrale Figur im Merz-Kosmos.
Der Schattenmann Alexander Dobrindt
Eine besondere Rolle spielt CSU-Mann Alexander Dobrindt. Als Mitglied der kleinen Schwesterpartei muss er sich nicht um die Gunst von Merz bewerben - seine Posten sind ihm sowieso sicher. Aber Dobrindt kämpft hinter den Kulissen weit mehr für die Kanzlerschaft von Merz als so mancher Parteifreund der CDU.
Als Erster Stellvertreter in der Fraktion ist er zwar auch formal erster Ansprechpartner, aber er wird auch intern zur sicheren Bank. Dobrindt verordnet dem manchmal etwas spröden CDU-Chef mehr Lockerheit. Er verhandelt den Deal zur Schuldenbremse mit den Grünen und rettet am Ende den Tag der Kanzlerwahl - weil er als einziger eine Telefonnummer der Linksfraktion zur Hand hat.
Dass er jetzt, völlig untypisch, als Innenminister auch Mitglied des Koalitionsausschusses ist, beweist, dass Merz, aber auch sein CSU-Pendant Söder, auf die Geschmeidigkeit eines Alexander Dobrindt nicht verzichten wollen und auch nicht können.
Die konservative Macht - Wolfram Weimer
Friedrich Merz gilt so manchem in der nicht so zugeneigten Öffentlichkeit als ewiggestriger Konservativer aus dem Sauerland. Und wie zum Beweis für diese These beruft er mit Wolfram Weimer einen nach eigenen Worten liberal-konservativen Publizisten zum neuen Kulturstaatssekretär, zuständig für die Medien, die Theater- und Filmförderung.
Weimer und Merz gelten als freundschaftlich verbunden, beide teilen eine gemeinsame Sicht auf die Marktwirtschaft. Weimer besetze, so die Kommentarlage in diversen Medien, als Einflüsterer jetzt die Rolle, um im Kulturkampf gegen alles Woke und Linksgrüne zu Felde zu ziehen.
Ähnlich wie Roland Koch, der als ehemalige konservative Leitfigur in der CDU immer noch zu denen gehört, mit denen Merz vertraulich über seine Strategie berät. Und nicht zu vergessen Jens Spahn. Der gehört zwar nicht zu den engen Vertrauten, ist aber als neuer Fraktionsvorsitzender, dessen Aufgabe es ist, die Mehrheit der Koalition zu sichern, ein wichtiger Pfeiler im Machtgefüge.
Das Gegengewicht
Dass das Merz’sche Umfeld aber nicht schwarz-weiß ist, zeigt die Auswahl der Mitarbeiter im Kanzleramt. Menschen, auf die Friedrich Merz sich jetzt verlassen muss, weil sie Teil seines Regierungsapparates sind. Etwa Jörg Semmler, der als neuer Staatssekretär für einen reibungslosen Ablauf sorgen soll. Er hat seinen Job bei Merkels Allround-Minister Peter Altmaier gelernt.
Oder sein Büroleiter Jacob Schrot, der schon unter Merkel im Kanzleramt diente. Die Abteilungsleiter Außenpolitik und Europa, Günter Sautter und Michael Clauß, gelten als Karrierediplomaten aus dem Auswärtigen Amt. Der neue Wirtschaftsberater Levin Holle hat seine politischen Erfahrungen bei Wolfgang Schäuble gesammelt.
Und nicht zu vergessen der neue Regierungssprecher: Stefan Kornelius, den Merz gerade wegen seiner außenpolitischen Expertise auswählte, kommt von der linksliberalen Süddeutschen Zeitung, bei der er jahrelang Ressortleiter war. Das wirkt alles so, als ob eine politische Ausgewogenheit gerade unter den Vertrauten und Beratern zum Masterplan des Friedrich Merz gehört.
Mathis Feldhoff ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
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