Merkel kritisiert Kanzler Merz - Lob für Saskia Esken

Altkanzlerin in Schwerin:Merkel kritisiert Merz - Lob für Saskia Esken

|

Die Fehde zwischen Angela Merkel und Friedrich Merz ist bekannt. Abermals äußert die Altkanzlerin Kritik an der Politik des CDU-Chefs. Lob findet sie für die scheidende SPD-Chefin.

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beantwortet bei einer Gesprächsrunde im Schlossinnenhof die Fragen von Bürgern.
In Schwerin äußerte sich Merkel auch zu Europas Verteidigung und zum Nahost-Konflikt.
Quelle: dpa

Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) blickt besorgt auf die Folgen der Grenzpolitik der schwarz-roten Koalition unter Friedrich Merz (CDU). "Ich mache mir Sorgen um die Funktionsfähigkeit von Schengen", sagte Merkel bei einem Bühnentalk des Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und der "Ostsee-Zeitung" in Schwerin mit Blick auf die jüngsten Ankündigungen Polens.
Zurückhaltender und diplomatischer äußerte sie sich hingegen über die Rhetorik ihres Nachfolgers. Zu Merz' umstrittener Äußerung im ZDF, Israel erledige "die Drecksarbeit für uns alle" im Iran, sagte Merkel:

Jeder drückt sich so aus, wie er das für richtig hält.

Angela Merkel, ehemalige Bundeskanzlerin

Fügte aber hinzu: "Auf jeden Fall war es nicht drumrumgeredet."
Bundeskanzler Friedrich Merz im Interview mit Diana Zimmermann
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bezeichnet das Vorgehen Israels gegen den Iran im ZDF als "Drecksarbeit für uns alle". Sehen Sie hier seine Aussage im Video.17.06.2025 | 0:52 min
Das Verhältnis zwischen den beiden gilt als zerrüttet seit die damalige CDU-Chefin Merkel nach der Wahl 2002 Merz als Fraktionschef im Bundestag verdrängt hat. Die gegenseitige Abneigung ist bis heute spürbar.
Das zeigte sich auch am Dienstagabend in der ARD-Sendung "Maischberger". Auf die Frage, ob Merz lieber mit Merkel oder SPD-Altkanzler Gerhard Schröder ein Glas Wein trinken würde, antwortete der CDU-Vorsitzende zunächst: "Weder noch im Augenblick", gab sich aber später diplomatischer.

"Saskia Esken und ich, wir schätzen uns sehr"

Überraschendes Lob gab es Abend von der Altkanzlerin für die scheidende, in ihrer eigenen Partei umstrittene SPD-Vorsitzende Saskia Esken: "Die Art und Weise, wie sie Politik gemacht hat - ehrlich, redlich, klar -, die hat mich beeindruckt." Sie habe mit Esken "immer einen guten Draht gehabt", sagte Merkel am Dienstagabend.
Beim Antritt Eskens hätten viele gedacht, dass die SPD unter Esken Merkels Große Koalition verlassen würde. Man sei "erstmal baff gewesen", als Esken beim ersten Koalitionsausschuss dann "kleine weihnachtliche Teebeutel und Plätzchen" verteilt und gute Zusammenarbeit gewünscht habe, so Merkel.
Olaf Scholz (SPD), ehemaliger Bundeskanzler, spricht beim SPD-Bundesparteitag. Auf dem Parteitag will die SPD ein neues Präsidium wählen sowie einen Programmprozess anstoßen.
Bei ihrem Bundesparteitag hat die SPD Altkanzler Scholz und Ex-Parteichefin Esken gewürdigt. Gerungen wurde in Berlin besonders um die Frage eines verpflichtenden Wehrdienstes.28.06.2025 | 2:52 min
Merkel fügte hinzu: "Saskia Esken und ich, wir schätzen uns sehr". Meldungen, dass Merkel bereit gewesen wäre, sogar als Gastrednerin auf dem SPD-Parteitag Esken zu verabschieden, seien nicht "aus der Luft gegriffen". Die Partei habe dann anders entschieden - offenbar, um Kanzler Merz nicht zu verärgern.

"Friedenstüchtig werden": Merkel wirbt für Aufrüstung

Die Einigung der Nato-Staaten auf höhere Rüstungsausgaben bezeichnete Merkel als folgerichtig und notwendig. Nach dem Überfall von Kremlchef Wladimir Putin auf die Ukraine Anfang 2022 habe sich die Bedrohungslage für die Länder der Europäischen Union erhöht. Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung seien längst nicht mehr ausreichend.

Wir müssen friedenstüchtig werden durch militärische Stärke

Angela Merkel, ehemalige Bundeskanzlerin

Sie habe ihre Worte bewusst gewählt, erklärte die CDU-Politikerin auf die Frage, ob sie sich so von dem Ausdruck, Deutschland müsse "kriegstüchtig" werden, den Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gebraucht hatte, abgrenzen wolle.
Angriffe ließen sich am besten verhindern, indem man eine Abschreckungswirkung entwickle und parallel versuche, diplomatische Kontakte zu pflegen, sagte die Altkanzlerin. "So ist man durch den Kalten Krieg gekommen und so muss auch man durch die zukünftige Zeit kommen."
Netanjahu Israel
Israels Ministerpräsident Netanjahu betonte erneut, seine Kriegsziele im Gazastreifen umsetzen zu wollen. Die Geiseln müssten befreit und die islamistische Hamas besiegt werden.30.06.2025 | 0:24 min

Kritik an Israels Vorgehen im Gaza-Krieg

Kritisch äußerte sich die Ex-Kanzlerin zum Vorgehen des israelischen Militärs im Gaza-Krieg. Unbestritten sei, dass die Terrororganisation Hamas äußerst brutal sei und keine Skrupel habe, Menschen als Schutzschilde zu missbrauchen.

Und dennoch bin ich der Meinung, dass die Art und Weise, in der der Premierminister (Benjamin) Netanjahu jetzt diesen Kampf führt, dass sie sehr hart, ich würde fast sagen hartherzig ist.

Angela Merkel, ehemalige Bundeskanzlerin

Sie sei nicht davon überzeugt, dass man damit die Hamas vernichten könne. Es sei daher beruhigend, dass es in Israel auch Proteste gegen das Vorgehen der Regierung gebe. "Mein Herz, politisch, schlägt im Augenblick mehr für die Demonstranten, die sich einen Waffenstillstand wünschen und hoffen, dass es den gibt", sagte Merkel.
Es sei aber klar, dass Israel etwas tun müsse, um seine Sicherheit zu stärken. Das Land stehe dabei vor einer komplizierten Aufgabe, sagte Merkel.
Quelle: ZDF, RND, dpa

Mehr zu Angela Merkel