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Analyse
Happy End in Den Haag:Nato-Gipfel: Kleiner Nenner, massiver Erfolg
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Große Erleichterung nach dem Gipfel des Bündnisses in Den Haag. Die Nato einigt sich auf fünf Prozent Verteidigungsausgaben und Donald Trump nennt den Gipfel einen "großen Sieg".
Voller Sorge hatten Europas Regierungschefs in den vergangenen Monaten auf diesen Gipfel geblickt. Alles schien infrage gestellt, durch ein paar hingeworfene Sätze des US-Präsidenten. Befürchtet wurde, die USA könnten ihre Unterstützung für die Ukraine reduzieren, die Beistandsverpflichtung aufkündigen, ihre Truppen in Europa abziehen oder den nuklearen Schutzschirm aufheben.
Nichts davon ist geschehen. Das Abschlusscommuniqué ist kurz, doch alle bekennen sich zum Fünf-Prozent-Ziel bis 2035 und Donald Trump hat dem Verteidigungsbündnis seine Unterstützung zugesichert. Zugegeben: Im Vorfeld war alles gestrichen worden, was zu Verstimmungen hätte führen können. Zu viel Ukraine im Abschlusstext, eine extra Sitzung mit Wolodymyr Selenskij oder einfach: Sitzungen überhaupt. Der sonst zwei Tage lange Gipfel dauerte gerade mal drei Stunden.
Selbstaufgabe Ruttes hat sich gelohnt
Trotz der atemberaubenden Demütigung, die Mark Rutte zu Beginn des Gipfels erleben musste, als nämlich Donald Trump eine liebedienernde SMS des Nato-Generalsekretärs postwendend online stellte, wurde der nicht müde, die herausragende Rolle zu loben, die Donald Trump beim Erreichen des Fünf Prozent-Ziels gespielt hat.
Richtig ist, wenn Friedrich Merz sagt, die Mittwoch beschlossene historische Aufrüstung sei aus der eigenen Erkenntnis entstanden, dass angesichts der russischen Bedrohung Europa mehr für seine Sicherheit tun müsse. Ohne den gar nicht sanften Druck Trumps aber wären wohl kaum alle 32 Mitgliedsstaaten genau dem Ziel nachgekommen, das Trump formuliert hatte.
Dazu haben sich nun auch die Spanier bekannt, allerdings glauben sie, dass sie ihre Fähigkeitsziele auch mit weniger Geld erreichen werden. Belgien fand das "inspirierend". 2029 sollen die Zielvorgaben überprüft werden, dann wird auch diese Diskussion nochmal geführt werden.
Trump schwärmt von Gipfel-Erlebnissen
Im Rückblick muss man sagen: Ruttes komplette Selbstaufgabe hat sich gelohnt. Der US-Präsident zeigte sich von allem beeindruckt, seine Pressekonferenz hatte Züge eines ungewöhnlich lieblichen Märchens der Gebrüder Grimm. Angefangen beim niederländischen Königspaar ("Beautiful People"), über die anderen Regierungschefs:
Diese Menschen würden alles für ihre Länder tun, und sie brauchen dafür die USA.
Donald Trump
Bis zu den schönen Bäumen, die Trump in den Niederlanden gesehen und am liebsten mitgenommen hätte. Nach all den Sorgen, die man sich in Europa vor diesem Gipfel gemacht hatte, aber hat die Geschichte ein Happy End.
Kein US-Zugeständnisse für Ukraine
Bis auf eine Ausnahme: Wolodymyr Selenskyj hatte zwar das Treffen mit Trump, das ihm beim G7-Gipfel in Kanada versagt blieb - der US-Präsident war vorzeitig abgereist - doch er hat nicht bekommen, worauf er gehofft hatte und wofür sich auch der deutsche Kanzler bei Trump noch einmal persönlich stark gemacht hat: Neue US-amerikanische Sanktionen gegen Russland.
US-Außenminister Rubio sagte, man wolle die Gespräche mit Russland über eine Waffenruhe nicht gefährden. Nach wie vor sehen die USA Russland weniger als Feind denn als potenziellen Partner.
Fähigkeiten der Nato den neuen Anforderung anpassen
"Niemand soll es wagen, die Nato anzugreifen", so der Kanzler bei seiner abschließenden Pressekonferenz. Gleichzeitig betonte Friedrich Merz, dass Russland de facto schon jetzt Datennetze und Unterseekabel angreife, mit Fake News zur Destabilisierung von Gesellschaften beitrage. Einen konventionellen Krieg hält Merz für unwahrscheinlich.
Für unkonventionelle Kriege aber ist die Nato erst recht nicht gerüstet. Ihre Fähigkeiten diesem Fall anzupassen, das wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein. Der Gipfel sei eine Art Kick-off gewesen, sagte Merz. Es gehe jetzt darum, die Kooperation zwischen den Nato-Staaten auch in Sachen Technik, Waffenproduktion und Personal zu verbessern. Geld allein reiche nicht.
Diana Zimmermann ist Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios Berlin.
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