Der Parteivorsitzende der Linken, Jan van Aken, kritisiert im Standpunkte-Interview die Israel-Politik der Bundesregierung und erklärt den innenpolitischen Kurs seiner Partei im Bundestag.11.05.2025 | 6:56 min
Partystimmung auf dem Parteitag:
Die Linke feiert in Chemnitz ihre Wiederauferstehung, mit lautem Rap auf der Bühne samt Nebelkanone. "Es ist so ein verdammt gutes Gefühl, endlich wieder gewonnen zu haben!", ruft
Heidi Reichinnek, die Spitzenkandidatin bei der jüngsten
Bundestagswahl. Fast neun Prozent der Stimmen schaffte die Partei, kurz zuvor war sie noch bei drei Prozent herumgedümpelt.
Nun will die Linke ihren Erfolg weiter sichern, im Leitantrag heißt das: "Kampagnen-fähig werden". Die Partei will die Regierung so vor sich hertreiben, ins Parlament erste Anträge einbringen: Mietendeckel bundesweit einführen, Mehrwertsteuer auf Lebensmittel entfallen lassen.
Die Linke setzt ihren Parteitag in Chemnitz fort. Gestern stimmten die Delegierten mit großer Mehrheit dem Leitantrag mit dem Titel "Wir sind die Hoffnung" zu.10.05.2025 | 0:20 min
Pellmann: "Die Linke ist wieder da"
"Die Linke ist wieder da, wir sind das soziale Gewissen im Bundestag", betont der Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann. Die Linke sieht sich als "moderne Klassenpartei", will den Kapitalismus überwinden.
Die neue Stärke zeigt sich auch im Umgang mit der Union. Ohne die Linke wäre bei der verpatzten Kanzlerwahl kein schneller zweiter Wahlgang möglich gewesen. In Chemnitz gibt es eine gewisse Häme über
CDU und
CSU, die "demütig ankamen und uns sonst nicht mit dem Arsch angucken", wie Pellmann es formuliert.
Sehen Sie hier die Rede von Linken-Parteichef Jan van Aken auf dem Parteitag:
Rede vom Parteivorsitzenden Jan van Aken auf dem Parteitag der Linken10.05.2025 | 15:17 min
Linke will kein Mehrheitsbeschaffer für Regierung sein
Künftig will die Linke mit der Union auf Augenhöhe verhandeln, "nicht nur, wenn die Hütte brennt", sagt Parteivorsitzende
Ines Schwerdtner. Das könnte schon bald sein. Im Sommer muss eine Richterstelle am
Bundesverfassungsgericht nachbesetzt werden. Einfach einen schwarz-roten Vorschlag abnicken, das komme nicht in Frage, heißt es in der Parteispitze. Die Linke will sich vielmehr selbst nach einer geeigneten Persönlichkeit umschauen: "Wir haben eine ganze Liste von Leuten, die wir jetzt gerade zusammenstellen", sagt Linken-Parteichef
Jan van Aken dem ZDF.
Mehrheitsbeschaffer für die Regierung will die Linke nicht sein - das wird in Chemnitz klar. Mehrere Redner nennen die
schwarz-rote Regierung "Blackrot", in Anspielung auf den ehemaligen Arbeitgeber von Kanzler
Friedrich Merz (CDU), den Vermögensverwalter "Blackrock".
Auch gibt es auf dem Parteitag Kritik an den eigenen Leuten, weil Mecklenburg-Vorpommern und Bremen mit linker Regierungsbeteiligung im
Bundesrat dem Sondervermögen für Verteidigung zugestimmt hatten. "Wer sich so verhält, darf kein Mandat in einer sozialistischen Partei haben", ruft eine Rednerin.
Linke streitet weiter um ihre Haltung im Nahost-Konflikt
Wie pragmatisch darf die Partei sein, wie links muss die Linke sein? Es ist eine alte und wieder neue Frage der Linken. Die andere ist die Haltung im
Nahost-Konflikt. Gerade erst hat die dem erweiterten Parteivorstand angehörende Ulrike Eifler eine Grafik mit der Forderung "Free Palestine" veröffentlicht. Nur zeigt diese Grafik nicht nur
Gaza und das Westjordanland, sondern ganz Israel komplett in den Farben Palästinas.
Der Parteivorstand distanzierte sich zwar rasch mit einer Erklärung von der "bildlichen Darstellung, die (…) die Auslöschung
Israels propagiert" und erntet dafür in Chemnitz auch Kritik. "Solidarität mit einem kapitalistischen Apartheidsstaat ist nicht sozialistisch", ruft eine Delegierte erbost in den Saal.
Mitgliederzahl seit Jahresbeginn fast verdoppelt
Mehrere Anträge werden eingebracht. Einer wird sogar gegen den Willen der Parteispitze angenommen: Der Begriff "Antisemitismus" wird enger gefasst. Das soll mehr Kritik an Israel ermöglichen. Insgesamt unterliegen auf dem Parteitag am Ende jedoch die radikalen Israel-Kritiker der Linken. Eins zeigt die heftige Debatte jedenfalls: Beim Thema Nahost sucht die Linke weiter Kurs.
Deren Mitgliederzahl hat sich seit Jahresbeginn im Übrigen fast verdoppelt auf 112.000. Was die vielen Neuen wollen, wie sie die Partei verändern - das ist in Chemnitz noch nicht deutlich geworden. Die Delegierten waren noch vor dem Mitgliederzuwachs nominiert worden.