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Gedenken an Befreiung:"Geschichte darf nicht vergessen werden"
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Überlebende und Politiker gedachten der Befreiung der Konzentrationslager Dachau, Ravensbrück und Sachsenhausen vor 80 Jahren - und riefen zum Widerstand gegen das Vergessen auf.
An das Leid der Opfer des Nationalsozialismus haben Vertreter aus Politik und Gesellschaft zum 80. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Sachsenhausen, Dachau und Ravensbrück erinnert.
Die geschäftsführende Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) betonte in der Gedenkstätte Ravensbrück, die Erinnerung der Überlebenden sei wichtig für die Gegenwart. Dabei rief sie zum Widerstand gegen Geschichtsvergessenheit, Hass und Rassismus und zur Verteidigung der Demokratie auf. Zugleich erinnerte sie auch an die insgesamt rund 120.000 Frauen, 800 Kinder und 20.000 Männer, die in das KZ Ravensbrück verschleppt wurden.
Gedenken im KZ Ravensbrück: AfD- und Russland-Vertreter unerwünscht
Rund 1.200 Menschen hatten in der Gedenkstätte Ravensbrück im brandenburgischen Fürstenberg/Havel an das Ende des Nationalsozialismus gedacht. Unter den Gästen waren noch neun Überlebende aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Israel, Polen und der Schweiz im Alter zwischen 81 und 95 Jahren. Funktionäre der AfD, der größten Oppositionspartei im brandenburgischen Landtag, waren nicht willkommen, ebenso wenig wie offizielle Vertreter Russlands.
Das Konzentrationslager Ravensbrück bei Fürstenberg/Havel wurde 1939 als größtes Frauen-KZ auf deutschem Gebiet errichtet. 1941 kam ein Männerlager, 1942 das sogenannte "Jugendschutzlager Uckermark" für Mädchen und junge Frauen hinzu. Bis zur Befreiung durch die Rote Armee am 30. April 1945 waren dort mehr als 120.000 Frauen, 20.000 Männer und 1.000 weibliche Jugendliche inhaftiert. Zehntausende der Häftlinge wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben. Rund 20.000 der Inhaftierten wurden vor der Befreiung auf Todesmärsche Richtung Nordwesten getrieben.
(Quelle: epd)
(Quelle: epd)
Die Präsidentin des Internationalen Ravensbrück Komitees, Ambra Laurenzi, deren Mutter das KZ Ravensbrück überlebt hatte, sagte in ihrer Rede, Geschichte dürfe nicht vergessen werden. Es sei eine Verpflichtung, sich "im Andenken an unsere Mütter" für eine bessere Kommunikation zwischen den Staaten und für eine gerechtere Welt einzusetzen.
Klöckner am Gedenktag in Dachau
In Dachau mahnte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung in der KZ-Gedenkstätte eine politische Streitkultur trotz unterschiedlicher Anschauungen an. Die Nationalsozialisten hätten in ihrem ersten Konzentrationslager in Dachau ab März 1933 vor allem politische Gegner inhaftiert, "mutige Männer und Frauen, die sich dem Zwang und der Unterdrückung entgegenstellten", sagte Klöckner laut Redemanuskript bei der zentralen Gedenkfeier in Dachau.
Rund 1.700 Gäste hatten sich im Festzelt in Dachau eingefunden, um des Tags der Befreiung durch die US-Amerikaner am 29. April 1945 zu gedenken. Darunter waren Überlebende, Befreier, deren Familien und Nachkommen sowie internationale Vertreter aus Politik, Kirchen, Gesellschaft und Opferverbänden.
CDU-Politikerin dankt für "unermüdliche" Erinnerungsarbeit
Klöckner verwies darauf, dass die Gedenkstätte vor 60 Jahren nur dank ehemaliger KZ-Häftlinge eröffnet werden konnte. Für die "unermüdliche" Erinnerungsarbeit dankte sie außerdem den Holocaust-Überlebenden, darunter Abba Naor, Leslie Rosenthal und Jean Lafaurie. Sie würdigte auch ihr Engagement in den sozialen Medien.
Das Konzentrationslager wurde vom NS-Regime bereits am 22. März 1933 eröffnet. Mehr als 200.000 Gefangene, darunter Juden, Sinti und Roma, homosexuelle Menschen und politische Gegner aus über 40 Nationen waren in dem KZ und seinen Außenlagern inhaftiert. Mindestens 41.500 von ihnen starben. Am 29. April 1945 wurde es von der US-Armee befreit.
Die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Gabriele Hammermann, sagte, weltweite Trends wie das Erstarken autoritärer Bewegungen stellten Gedenkstätten vor Herausforderungen. Demokratie lebe von Werten, die geschützt werden müssten.
Woidkes Appell für Erinnerungskultur
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat zum 80. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen vor einer Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten gewarnt. Manche Geschichtsleugner wollten vom Holocaust nichts mehr wissen, erklärte Woidke bei einer Gedenkveranstaltung in Oranienburg in der Gedenkstätte Sachsenhausen. Aber "weder Erinnerung noch historische Verantwortung kennen einen Schlussstrich".
Das Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg nördlich von Berlin wurde 1936 als Modell- und Schulungslager der SS in Betrieb genommen und war ab 1938 auch Verwaltungszentrale aller NS-Konzentrationslager. Bis zur Befreiung durch sowjetische und polnische Soldaten am 22. April 1945 waren dort mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende starben an den Haftbedingungen, durch medizinische Experimente oder wurden ermordet. Um die Befreiung der Häftlinge zu verhindern, trieb die SS im April 1945 mehr als 30.000 von ihnen auf Todesmärsche Richtung Nordwesten.
(Quelle: epd)
(Quelle: epd)
Woidke betonte, es gebe immer weniger Zeitzeugen, die von den grausamen Bedingungen der Inhaftierung und Tötung tausender Menschen hinter den Mauern der Lager berichten könnten. "Deshalb ist es an uns, ihre wahrhaften Geschichten und die historischen Orte der NS-Verbrechen wachzuhalten", betonte der brandenburgische Ministerpräsident.
Wir dürfen nicht weggucken bei Diskriminierung, Fremdenhass und schließlich auch nicht bei der Umdeutung des schlimmsten Kapitels deutscher Geschichte.
Dietmar Woidke, Ministerpräsident Brandenburg
Denn es gehe um eine demokratische und weltoffene Zukunft, sagte er bei der zentralen Veranstaltung vor mehr als 700 Gästen, darunter vier Überlebende des KZ Sachsenhausen aus Polen, Israel und der Ukraine.
Quelle: dpa
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Quelle: epd
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