SPD will alle Richterwahlen verschieben

Bundestagssitzung unterbrochen:SPD will alle Richterwahlen verschieben

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Bei der Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht gibt es in der Koalition Unstimmigkeiten. Jetzt könnten alle Wahlen verschoben werden.

Berlin: Jens Spahn (l), Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag, Alexander Hoffmann, CSU-Landesgruppenchef (M) und Matthias Miersch, SPD-Fraktionsvorsitzender, unterhalten sich im Bundestag zu Beginn der Sitzung.
Verfolgen Sie die Ereignisse im Bundestag hier im phoenix-Livestream.06.05.2025
Im Ringen um die Neubesetzung dreier Richterstellen am Bundesverfassungsgericht ist es im Bundestag zu einem Eklat gekommen. Nach ZDF-Informationen aus SPD-Kreisen sollen alle für diesen Freitag geplanten Richterwahlen verschoben werden.
Am Freitagmorgen hatte die Union vom Koalitionspartner SPD die Absetzung der heute geplanten Wahl von deren Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf von der Tagesordnung des Bundestages verlangt. Andernfalls werde sich die Union beim Wahlgang zu der in der CDU/CSU besonders umstrittenen Brosius-Gersdorf enthalten.
Das berichtete ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Andrea Maurer unter Berufung auf Teilnehmer einer Sondersitzung der Unionsfraktion vor den für heute geplanten Wahlen. Kanzler Friedrich Merz und CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn hätten dies der SPD-Fraktion mitgeteilt, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters am Morgen aus Unionskreisen.
Die Bundestagssitzung wurde daraufhin am Vormittag unterbrochen. Eigentlich war für 10.10 Uhr die Wahl des von der Union nominierten Kandidaten Günter Spinner geplant. SPD und Grüne luden daraufhin zu Sonderfraktionssitzungen ein. Gegen 11.30 Uhr sollte die Bundestagssitzung fortgesetzt werden.
Bundesverfassungsrichter und -richterinnen
Die Wahl von drei neuen Richtern und Richterinnen für das Bundesverfassungsgericht steht am 11. Juli bei der letzten Sitzung des Bundestags vor der Sommerpause im Fokus. 11.07.2025 | 3:01 min
Als Begründung für die Verschiebung der Wahl würden Plagiatsvorwürfe gegen die von der SPD nominierte Professorin Frauke Brosius-Gersdorf angebracht, hieß es weiter aus Unionskreisen. Diese Vorwürfe müssten zunächst aufgeklärt werden.
Ob für die Änderung der Tagesordnung die einfache Mehrheit der Regierung genügt oder ob auch dafür eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, sei noch ungeklärt, so Maurer weiter.

Haßelmann: "Desaster für das Parlament"

Während der Sitzungsunterbrechung wurden die Grünen deutlich. Vor der Presse sagte die Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann:

Das ist ein Vorgang, den wir im Deutschen Bundestag zur Wahl von Richterinnen und Richtern zum Bundesverfassungsgericht noch nie erlebt haben.

Britta Haßelmann, Grünen-Fraktionsvorsitzende

Dafür trage allen voran der Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn die Verantwortung. Es sei auch sein Vorschlag gewesen, die drei Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen.
"Dieser Tag heute ist ein Desaster für das Parlament, ist vor allen Dingen ein Desaster für Jens Spahn und Friedrich Merz und mit ihnen die Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD", so Haßelmann. Sie warf Spahn "mangelnde Ernsthaftigkeit" und "Dilettantismus" vor und bezweifelte dessen Eignung für den Fraktionsvorsitz. Die Grünen plädierten für eine Verschiebung aller für heute geplanten Richterwahlen.
Alexander Hoffmann
Bei der Wahl der Bundesverfassungsrichter, werde um Frauke Brosius-Gersdorf "in eine Richtung intoniert, die beschädigend wirkt", so Alexander Hoffmann, CSU-Landesgruppenchef.11.07.2025 | 5:05 min

Bundestag wählt drei neue Verfassungsrichter

Die Unions-Fraktion hat für die drei vakant werdenden Stellen in Karlsruhe den Arbeitsrichter Günter Spinner nominiert, die SPD die Professorinnen Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold.
Für die geheime Wahl im Bundestag ist eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten nötig. Union, SPD und Grüne fehlen bei voller Besetzung des Bundestages sieben Stimmen zur Zweidrittelmehrheit. Am Freitag sollte im Parlament eigentlich zunächst über Spinner, dann über die beiden anderen Kandidatinnen abgestimmt werden.
Quelle: Reuters, dpa, AFP, ZDF

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