Wahl der Verfassungsrichter: Grünen-Kritik an Unions-Blockade
Wahl-Chaos um Verfassungsrichter:Grünen-Kritik: "Desaster für das Parlament"
|
Die Wahl der neuen Bundesverfassungsrichter ist verschoben. Die Union wollte die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf verhindern. Scharfe Kritik am Verfahren kommt von allen Seiten.
Pressestatement der Grünen zur Wahl der neuen Bundesverfassungsrichter.11.07.2025 | 21:56 min
Die beiden Grünen-Fraktionschefinnen Katharina Dröge und Britta Haßelmann haben Unions-Fraktionschef Jens Spahn und Bundeskanzler Friedrich Merz (beide CDU) für die Probleme bei der Richter- und Richterinnenwahl zum Bundesverfassungsgericht verantwortlich gemacht. Haßelmann warf Spahn "mangelnde Ernsthaftigkeit" und "Dilettantismus" vor und bezweifelte dessen Eignung für den Fraktionsvorsitz.
Dieser Tag heute ist ein Desaster für das Parlament, ist vor allem ein Desaster für Jens Spahn und Friedrich Merz und mit ihm die Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD.
„
Britta Haßelmann, Co-Fraktionschefin der Grünen
Haßelmann verwies darauf, dass die Kandidaten für die drei eigentlich geplanten Wahlen mit Zweidrittelmehrheiten im Wahlausschuss des Bundestages nominiert worden seien. Nun entziehe die Union als größte Fraktion einer Kandidatin die Mehrheit.
"Das ist ein Vorgang, den wir im Deutschen Bundestag zur Wahl von Richterinnen und Richtern zum Bundesverfassungsgericht noch nie erlebt haben", sagte Haßelmann während der Unterbrechung der Bundestagssitzung. "Die Verantwortung dafür tragen in allererster Linie Sie, Jens Spahn, und auch Sie, Herr Merz", ergänzte sie anschließend im Plenum.
Die Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht ist vorerst gescheitert. Nach Vorbehalten der Union gegen eine SPD-Kandidatin mussten alle Abstimmungen verschoben werden.11.07.2025 | 1:42 min
SPD-Fraktionsgeschäftsführer kritisiert Union
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, warf der Union im Bundestag vor, von den gemeinsamen Absprachen abgerückt zu sein. Auch er verwies auf die Mehrheit im Richterwahlausschuss für die drei Kandidaten. Er sagte mit Blick auf die CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
Ich erwarte zukünftig, dass bei solchen schwierigen Entscheidungen auch andere stehen.
„
Dirk Wiese, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD
Unionspolitiker: "Intensive öffentliche Debatte"
Steffen Bilger, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, beklagte dagegen "eine intensive öffentliche Debatte", die sich seit der Entscheidung des Wahlausschusses entwickelt und "zum Teil auch jegliches Maß verloren" habe.
Die Wahl eines Richters oder einer Richterin am Bundesverfassungsgericht sollte nicht Gegenstand einer aufgeheizten politischen Debatte sein.
„
Steffen Bilger, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion
Bilger weiter: "Wesentliche Voraussetzung für eine Beruhigung einer solchen Situation ist, dass die jeweiligen Kandidaten für das Amt eines Richters oder einer Richterin am Bundesverfassungsgericht über jeden fachlichen Zweifel erhaben sind. Und das ist aus unserer Sicht nun nicht mehr vollständig gegeben." Die Union sei bereit gewesen, die beiden anderen Verfassungsrichter-Kandidaten an diesem Freitag zu wählen. "Leider war es nicht mehr möglich, das heute zu vereinbaren", so Bilger.
Die Bundestagssitzung zur Wahl neuer Richter des Bundesverfassungsgerichts wurde unterbrochen. Hauptstadt-Korrespondentin Andrea Maurer berichtet aus Berlin.11.07.2025 | 1:24 min
AfD: Ansehen des Verfassungsgerichts "massiv beschädigt"
Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, griff die schwarz-rote Koalition scharf an: "Was wir heute hier sehen ist die absolute Instabilität dieser Regierung", sagte er. Das Bundesverfassungsgericht als "höchste Macht im Lande" müsse über jeden Zweifel erhaben sein.
Sie haben heute, mit der jetzigen Aussetzung, mit dieser Richterwahl das Ansehen des Verfassungsgerichts bereits massiv beschädigt.
„
Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion
Auch Reichinnek attackiert Spahn
Wie Haßelmann griff auch die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek den Unionsfraktionsvorsitzenden Spahn scharf an. "Immer, wenn man denkt, die Union kann nicht noch tiefer sinken, dann kommen Sie, Herr Spahn, und packen Ihre Schaufel aus", sagte sie im Bundestag.
Beim Bundesverfassungsgericht gehe es um eine "zentrale demokratische Institution, die unser Handeln hier im Parlament und auch das Handeln der Regierung kontrolliert".
Deswegen, Herr Merz, bin ich wirklich froh, dass wir hier sind und sehen, wohin Ihre Partei gerade treibt. Das ist wenigstens mal ein deutliches Zeichen von Ihnen.
„
Heidi Reichinnek, Linken-Fraktionsvorsitzende
Rehlinger: Eklat beschädigt auch Richter-Kandidatin
Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) kritisierte derweil den Umgang mit der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf scharf. "Ich finde es auch ausdrücklich bedauerlich, wie man hier mit einer Richterin und einer Frau umgeht", sagte Rehlinger am Rande einer Bundesratssitzung. Rehlinger nannte den Eklat um die Richterwahl "ein außerordentlich missliches Verfahren".
Und beschädigt ist ein Stück weit auf jeden Fall auch schon durch dieses Verfahren die Person, um die es geht.
„
Anke Rehlinger, Bundesratspräsidentin
Es gehe aber auch um die Reputation eines Verfassungsorgans, des Bundesverfassungsgerichts.
Bei der Wahl der Bundesverfassungsrichter, werde um Frauke Brosius-Gersdorf "in eine Richtung intoniert, die beschädigend wirkt", so Alexander Hoffmann, CSU-Landesgruppenchef.11.07.2025 | 5:05 min