Bundestagswahl: Wie die Wirtschaft auf das Ergebnis reagiert

FAQ

Folgen der Bundestagswahl:Kommt jetzt die Wirtschaftswende?

von Richard Luttke und Florian Neuhann
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Ein Aufatmen - und doch viel Skepsis: Wie die Wirtschaft auf das Ergebnis der Bundestagswahl reagiert. Und was sie von einer möglichen Koalition zwischen Union und SPD erwartet.

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Zwei Jahre in Folge ging das Wachstum zurück. Dazu steigt die Arbeitslosenzahl wieder an. Jetzt hoffen viele, dass die neue Regierung möglichst schnell den Kurswechsel bringt.24.02.2025 | 1:53 min
Es ist logisch: Die Frage, wer in den nächsten Jahren über die größte Volkswirtschaft Europas entscheidet, treibt auch Anleger um. Und offenbar ist man hier beruhigt, dass eine Zweier-Koalition weiterhin möglich ist: Zumindest stieg der deutsche Leitindex Dax zu Eröffnung am Montagmorgen um 0,8 Prozent auf knapp unter 22.500 Punkte.

Wie reagieren die Märkte?

Insbesondere Rüstungswerte profitierten von der Aussicht auf höhere Verteidigungsausgaben unter einer neuen unionsgeführten Koalition.
Denkbar, dass der Dax nun von einem neuen Bündnis aus CDU, CSU und SPD profitiert - zumindest tat er das in der Vergangenheit, wie eine Analyse des Family Office HQ Trust vom Montag zeigt. Demnach schnitt der Dax von 1960 bis heute nur in den Zeiten einer großen Koalition aus Union und SPD besser als die Weltmärkte ab. Wichtiger für den Dax aber bleibe die Entwicklung der weltweiten Wirtschaft, so die Analyse.
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Worauf hoffen die Wirtschaftsverbände?

Eine Hoffnung eint am Tag nach der Wahl alle Wirtschaftsverbände: dass Deutschland in diesen Zeiten möglichst schnell eine handlungsfähige Regierung bekommt. Dafür fordert Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger "Mut, aber auch Kompromissbereitschaft auf allen Seiten".
Dem schließt sich auch Peter Leibinger an, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI):

Der Entscheidungs- und Handlungsstau in vielen für die Wirtschaft existenziellen Fragen wie etwa des Bürokratierückbaus, staatlichen Investitionen, der Energieversorgung und der Sicherheitspolitik gehört dringend aufgelöst.

Peter Leibinger, BDI-Präsident

Yasmin Fahimi, Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), fordert am Tag nach der Wahl eine "Investitionsoffensive" und "aktive Standortpolitik". Für sie ist eine Reform der Schuldenbremse hierfür unerlässlich.

Was müsste als erstes geschehen?

Nach zwei Jahren der Rezession sind die wirtschaftspolitischen Herausforderungen enorm: Die Kosten des Standorts Deutschland sind an vielen Stellen zu hoch. Der Absatz auf wichtigen Exportmärkten wie China bricht ein, und der wichtigste Handelspartner USA droht mit Zöllen.
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Kein Wunder, dass die Stimmung der Unternehmen im Keller bleibt. Das zeigt der am Montag veröffentlichte Ifo-Geschäftsklima-Index. Das wichtigste Konjunkturbarometer verharrt auf einem niedrigen Stand von 85,2 Punkten. Ein Wert unter 100 bedeutet eine schlechte konjunkturelle Lage. "Die deutsche Wirtschaft wartet ab", sagt ifo-Präsident Clemens Fuest dazu.
Eine neue Bundesregierung müsste diesen Wartezustand möglichst bald beenden - und für positivere Stimmung sorgen. Was helfen würde: das wirtschaftspolitische Hin und Her der Ampel-Regierung zu beenden.

Was könnte eine neue Koalition aus Union und SPD liefern?

Im Wahlkampf waren Union und SPD mit unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Ideen angetreten: Während die Union eine Senkung der Unternehmenssteuer in Aussicht stellte, versprach die SPD einen "Made in Germany"-Bonus bei Investitionen in Deutschland. Was beiden Konzepten gemeinsam ist: dass der Staat Geld in die Hand nimmt, um Unternehmen zu Investitionen anzuregen. Ein Kompromiss hier dürfte nach Ansicht der meisten Ökonomen möglich sein.
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Größer waren die Unterschiede bei der Frage der Finanzierung - und größer wird hier auch die Herausforderung sein, nötige Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung zu finanzieren.

Wie könnte es mit der Schuldenbremse weitergehen?

Eine Reform der Schuldenbremse, für die sich Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Wahlkampf eine Hintertür offengelassen hatte, wird schwieriger umzusetzen sein. Denn Union und SPD fehlt dafür die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Neben der Zustimmung der Grünen wäre die neue Bundesregierung auch auf Zustimmung der Linken angewiesen. Theoretisch denkbar wäre auch die Zustimmung der AfD.
CDU-Chef Merz kündigte nun am Montag in Berlin an, noch vor dem Zusammentritt des neuen Bundestags Gespräche mit SPD, Grünen und FDP über Möglichkeiten zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben vorbei an der Schuldenbremse führen zu wollen.
Merz wies darauf hin, dass diese Parteien im alten Bundestag über eine Zweidrittelmehrheit für Grundgesetzänderungen verfügten, die bis zum Zusammentritt des neu gewählten Parlaments im März genutzt werden könnten.

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Quelle: Mit Material von AFP

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