Schwere Artillerie:Nordkoreanische Truppen bald in der Ukraine?
von Christian Mölling, András Rácz
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Nordkoreanische schwere Artillerie wird über die Krim verlegt, was auf einen bevorstehenden Kampfeinsatz in den Regionen Cherson und Saporischschja hindeutet.
In der Region Cherson könnte ein schwerer Kampfeinsatz bevorstehen.
Quelle: dpa
Am 26. März tauchte ein Video auf, das einige nordkoreanische schwere Artilleriegeschütze vom Typ "Koksan" zeigte, die auf Schienen in den nördlichen Teil der Krim transportiert wurden. Diese 170 mm schweren Geschütze spielten eine wichtige Rolle bei den Angriffen auf die ukrainischen Truppen im Kursker Vorposten.
Die große Reichweite der "Koksan"-Systeme ermöglichte es den nordkoreanischen Truppen, ukrainische Stellungen zu beschießen und gleichzeitig praktisch immun gegen ukrainisches Gegenfeuer zu sein, da außer den HIMARS und GLSDB keine ukrainische Waffe die Reichweite hatte, um sie erfolgreich anzugreifen.
Die Ukraine konnte einige "Koksan"-Geschütze mit Drohnen treffen, aber bisher wurde nur die Zerstörung von fünf dokumentiert, während Pjöngjang Berichten zufolge etwa 200 dieser Geschütze entsandt hat.
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Nordkoreas Soldaten kämpften bislang nur innerhalb Russlands
Bislang kämpften die nordkoreanischen Bodentruppen nur innerhalb der international anerkannten Grenze Russlands, dass heißt hauptsächlich in der Region Kursk. Zwar wurden sporadisch ballistische Raketen des Typs KN-23 (Hwasong-11) aus nordkoreanischer Produktion auf ukrainische Städte abgefeuert, doch noch ist nicht klar, von wo aus Russland sie abgeschossen hat, also von russischem oder von besetzten ukrainischen Gebieten.
Quelle: DGAP
... ist Senior Advisor beim European Policy Centre. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Präsenz Nordkoreas in der Ukraine bedeutet neue Qualität
Die jetzt dokumentierte Präsenz der "Koksan"-Geschützsysteme auf ukrainischem Boden ist jedoch ein Vorbote einer politisch bedeutsamen Eskalation, also des wahrscheinlich bevorstehenden Kampfeinsatzes nordkoreanischer Bodentruppen in der Ukraine.
Sobald diese zu kämpfen beginnen, wird Pjöngjang eindeutig zum Aggressor gegen die Ukraine. Von da an wäre es unmöglich zu behaupten, dass die Nordkoreaner Russland nur bei der Wiederherstellung seiner eigenen territorialen Integrität helfen, indem sie die Ukrainer aus der Region Kursk vertreiben.
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Vorteil der nordkoreanischen Systeme
Die "Koksan"-Systeme haben mit normalen Artilleriegeschossen eine Reichweite von etwa 40 Kilometern. Wenn sie jedoch raketengestützte Geschosse verwenden, können sie sogar bis zu 60 Kilometer weit schießen.
Das heißt, wenn Russland die "Koksan"-Geschütze in der Region Saporischschja einsetzt, also ganz in der Nähe des Punktes, an dem ihre Anwesenheit visuell dokumentiert wurde, sind die Nordkoreaner in der Lage, die Stadt Saporischschja und insbesondere Cherson in Reichweite schwerer Artillerie zu bringen.
Die Belagerungen von Kiew, Charkiw und Mariupol haben gezeigt, welch verheerende Wirkung anhaltender Artilleriebeschuss auf jede größere Stadt hat.
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Vorboten einer neuen russischen Offensive?
Die Ukraine hat bereits mehrfach davor gewarnt, dass Russland wahrscheinlich eine große Frühjahrsoffensive vorbereitet, die an mehreren Abschnitten der Frontlinie parallel durchgeführt werden soll. Die laufenden Verlegungen der "Koksans" durch die Krim sind wahrscheinlich bereits Teil der Vorbereitungen für diesen Effekt.
Sobald die "Koksans" in der besetzten Ukraine stationiert werden, ist es zudem sehr wahrscheinlich, dass auch nordkoreanische Bodentruppen sehr bald dort auftauchen werden.
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Alles in allem bereitet sich Russland nun, da der Kursker Vorposten praktisch vollständig zurückerobert ist, offenbar darauf vor, das nordkoreanische Bodentruppenkontingent auch auf besetzten ukrainischen Gebieten einzusetzen. Die Verlegung der "Koksans" ist höchstwahrscheinlich ein vorbereitender Schritt.
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