Sahra Wagenknecht bei "Lanz":"Ich verurteile diesen Krieg, aber …"
von Bernd Bachran
Sahra Wagenknecht zweifelt bei "Markus Lanz" an der westlichen Deutung des Ukraine-Kriegs. Pussy-Riot-Mitgründerin Maria Aljochina nennt das russische Propaganda.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 30. Oktober 2025.
30.10.2025 | 74:13 min"Es gibt ein einziges Hindernis in diesem Krieg, und das ist Russland." Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München, machte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" deutlich, dass Moskau kein echtes Interesse an einem Frieden mit der Ukraine habe.
Laut einem aktuellen Bericht amerikanischer Geheimdienste könne Wladimir Putin den Krieg nicht beenden, da er einen militärischen Sieg brauche, um die enormen wirtschaftlichen und menschlichen Kosten im eigenen Land zu rechtfertigen.
Das wollte die Vorsitzende des BSW Sahra Wagenknecht "so nicht stehen lassen". Sie betonte, dass für sie entscheidend sei, ob ein Waffenstillstand oder ein Friedensvertrag die strittigen Fragen, etwa zur Gesamtukraine, regle. Sie wies darauf hin, dass Russland einen Waffenstillstand stets an einen vorherigen Friedensvertrag knüpfe.
Russlands Armee attackiert laut UN-Ermittlern systematisch Zivilisten in der Ukraine. Das Ziel sei deren Vertreibung. Die Vereinten Nationen sprechen von Kriegsverbrechen.
28.10.2025 | 0:21 minWagenknecht: Russland bekämpft Nato-Osterweiterung
Wagenknecht bekräftigte, dass sie den Krieg verurteile, argumentierte aber zugleich, "Russland hat ja diesen Krieg (…) nicht begonnen, um Territorium zu gewinnen. Russland ist das größte Land der Welt."
Sie haben diesen Krieg begonnen, weil sie keine Nato-Soldaten, keine Nato-Raketen an ihrer Grenze haben wollen.
Sahra Wagenknecht, BSW-Chefin
Darauf reagierte der Militärexperte Masala fassungslos und stellte klar: "Es gab nie Nato-Raketen in der Ukraine!" und betonte, es habe auch nie einen Plan gegeben, Nato-Raketen in der Ukraine zu stationieren.
Nach einem heftigen Wortgefecht mit Moderator Markus Lanz, Carlo Masala und der ebenfalls anwesenden Journalistin Kerstin Münstermann zog Sahra Wagenknecht einmal mehr die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Zweifel.
"Das Traurige ist, dass wir uns inzwischen so daran gewöhnt haben, dass Russland diesen Krieg verbrecherisch führt", so Marcus Keupp, Militärexperte, zum UN-Bericht über russische Drohneneinsätze in der Ukraine.
29.10.2025 | 5:34 minWagenknecht: "Das deutsche Fernsehen ist wirklich der einzige Ort der Welt, wo man den Leuten immer noch erzählt, der Ukraine-Krieg hätte nichts mit der Nato-Osterweiterung zu tun. Natürlich hat er damit zu tun."
Wagenknecht: Kritik am ÖRR
Später begrüßte Lanz Maria Aljochina in seiner Sendung, die Mitgründerin des russischen Künstlerinnenkollektivs Pussy Riot. Diese wurde 2012 nach einer Protestaktion in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale gegen Wladimir Putin zu zwei Jahren Straflager verurteilt. Seither gilt sie als Symbolfigur des Widerstands gegen das autoritäre System in Russland.
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Im Mai 2022, wenige Wochen nach Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine, gelang ihr trotz Hausarrests eine spektakuläre Flucht von Moskau über Belarus nach Litauen - und weiter in den Westen.
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26.10.2025 | 2:43 minRussische Aktivistin: Wagenknecht spricht wie russische Propagandasender
Aljochina wandte sich direkt mit einem Vorwurf an Sahra Wagenknecht: "Drei Jahre lang bin ich schon in Europa, und ich hatte bislang noch nie eine Vorstellung davon bekommen, dass ich mich so nah an zu Hause befinde."
Sie wiederholen in fast jedem Wort genau das, was in Russland von den Propaganda-Sendern zu hören ist.
Maria Aljochina, russische Aktivistin
Sie berichtete von ihren Erfahrungen mit dem russischen System: sie habe zwei Jahre im Straflager verbracht und eineinhalb Jahre eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Immer wieder sei sie festgenommen, zeitweise eingesperrt und an der Ausreise gehindert worden; sogar ihre Papiere seien ihr entzogen worden. Mehrfach sei sie zudem von Rechtsextremen angegriffen und verprügelt worden.
Vergewaltigt im Krieg – ein Kriegsverbrechen, über das lange geschwiegen wurde. Immer mehr ukrainische Frauen brechen ihr Schweigen und fordern Gerechtigkeit für die Taten russischer Soldaten.
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Erst kürzlich wurde sie in Russland in Abwesenheit zu einer 13-jährigen Haftstrafe verurteilt, weil sie in Deutschland Anti-Kriegslieder gesungen hatte.
Maria Aljochina: "Es gibt viele solcher Künstlerinnen, Künstler und andere Russen in Europa. Über eine Million von uns sind hier in Europa. Das ist dieses Russland, das sie vielleicht nicht kennen, aber so etwas gibt es trotzdem. Wir alle sind ausgereist, um die Wahrheit zu sprechen, die Wahrheit, die in Russland so drastisch bestraft wird."
- Protest in Russland: Junge Menschen gegen das System Putin
Noch einmal direkt an Sahra Wagenknecht gewandt, sagte die russische Aktivistin:
Ich weiß nicht, ob Sie in Russland gewesen sind. Und wenn Sie dort gewesen sind, wann waren Sie denn da? Ich glaube, wenn man Sie jetzt in Russland hören würde, würde man die russische Hymne hören …
Maria Aljochina, russische Aktivistin
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