Ukraine-Krieg:Experten: US-Friedensplan ist Scheidungspapier für die NATO
von Bernd Bachran
Roderich Kiesewetter (CDU) warnt bei "Lanz" vor einem "Kapitulationsplan": Der Plan der USA für die Ukraine stößt in Europa auf Skepsis und große sicherheitspolitische Sorgen.
In der Sendung "Markus Lanz" vom 25. November 2025 diskutierten die Gäste über den US-Friedensplan für die Ukraine.
Quelle: Markus HertrichDer von den USA vorgelegte 28-Punkte-Friedensplan für die Ukraine sorgte weltweit für Schlagzeilen: Während Washington ihn als realistischen Weg zum Waffenstillstand präsentierte, stieß er in Kiew und in Europa auf große Skepsis. Russland reagierte zurückhaltend, zeigte aber zunächst partielles Interesse.
Nach ersten Gesprächen in Genf zwischen den USA und der Ukraine wurde der US-Friedensplan auf einen 19-Punkte-Plan eingekürzt.
Am Dienstagabend kritisierte der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter bei "Markus Lanz" den US-Friedensplan vehement, da dieser unter anderem vorsieht, dass Russland jene Gebiete erhielte, in denen die Ukraine ihre wichtigsten Verteidigungsstellungen habe. Diese Regionen würden nach seiner Darstellung dann auch als russisches Territorium anerkannt, einschließlich der dortigen Bodenschätze, die Russland - teils mit US-Beteiligung - ausbeuten wolle.
International laufen die diplomatischen Bemühungen für einen Friedensplan für die Ukraine. Ungeachtet dessen attackiert das russische Militär weiter die Ukraine.
25.11.2025 | 1:42 minKiesewetter: "Es ist ein Kapitulationsplan"
Kiesewetter sprach davon, dass diese Punkte "völkerrechtlich natürlich (…) absolut fragwürdig und falsch sind."
Es ist ein Kapitulationsplan.
Roderich Kiesewetter, Oberst a.D. der Bundeswehr
Für den Oberst a. D. der Bundeswehr ist jedoch nicht nur die Ukraine der große Verlierer des aktuell verhandelten US-Friedensplans, sondern auch Europa komme dabei sehr schlecht weg. "Was wir da jetzt gerade erleben, ist ein Kapitulationsplan - auch Europas -, weil wir nicht in der Lage waren, den Amerikanern zu zeigen, dass das ein Krieg auf europäischem Boden ist, den wir bewältigen können."
Der Militärexperte Christian Mölling betonte, dass Europa in dem gesamten Verfahren keine starke Ausgangsposition habe.
Das Interessante ist, dass die Europäer jetzt mit den Amerikanern zusammensitzen und sich quasi runterverhandeln.
Christian Mölling, Militärexperte
Um die Ukraine-Friedensverhandlungen soll ein Machtkampf in der US-Regierung toben. Wer dabei um Einfluss auf Donald Trump kämpft, erklärt USA-Experte Rathke bei ZDFheute live.
25.11.2025 | 12:42 minMilitärexperte: Amerikaner haben die Scheidungspapiere eingeleitet
Mölling erklärte, noch bedeutsamer sei jedoch, dass sich die USA in dem von Donald Trump unterstützten Plan faktisch aus der NATO herausgenommen und als neutrale Vermittler präsentiert hätten. Dies stelle, so Mölling, eine grundlegende Veränderung gegenüber dem dar, was man bisher von den Vereinigten Staaten gewohnt gewesen sei - auch im Vergleich zu den zuletzt immer wieder betonten Zusicherungen, Amerika werde Europa weiterhin unterstützen.
Wenn man die Situation zu Ende denkt, muss man sagen, dass wir an dem Punkt sind, dass die Amerikaner damit wahrscheinlich die Scheidungspapiere eingereicht haben.
Christian Mölling, Militärexperte
So sah es auch die Leiterin des Parlamentsbüros der "Rheinischen Post", Kerstin Münstermann:
Das ist ein Scheidungspapier für die NATO. Es ist ein Scheidungspapier für den Westen.
Kerstin Münstermann, Journalistin
Münstermann, die gerade erst mit Bundeskanzler Friedrich Merz beim G20-Gipfel in Südafrika war, berichtete, dass diese Einschätzung auch bei anderen europäischen Regierungsvertreterinnen und -vertretern vorherrsche. "Die Stimmung unter den Europäern in Johannesburg beim G20-Gipfel war auch so. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni soll auch so etwas gesagt haben wie: Das war es jetzt."
Christian Mölling wies darauf hin, "dass mit den Russen darüber erst mal noch gar niemand gesprochen hat". Daher kritisierte Mölling scharf, dass einige Experten von zwei fragwürdigen Annahmen ausgehen würden.
Erstens, die Russen könnten den Vertrag unterschreiben, was schon interessant ist und zweitens glauben wir noch, die halten sich da dran. Was für mich der absolute Wahnwitz ist.
Christian Mölling, Militärexperte
Cyberangriffe auf Energieversorger, Ausspähversuche gegen Rüstungskonzerne - Unternehmen berichten von hybriden Angriffen und verdächtigen Russland. Wie viel wirklich passiert, ist unklar.
25.11.2025 | 9:30 minMölling: US-Friedensplan verschlechtert Sicherheitslage Europas
In diesem Zusammenhang nannte Mölling Wladimir Putin "einen notorischen Vertragsbrecher" und warf den Amerikanern gleichzeitig vor, einen Plan vorgelegt zu haben, "der letztendlich die Sicherheitslage Europas so verschlechtert, dass wir einem Krieg nähergekommen sind".
Der Militärexperte warnte, dass man im Falle einer Zustimmung zu dem Plan damit rechnen müsse, dass sich die USA zurückzögen, da sie den Konflikt dann nicht mehr als ihren Krieg betrachteten. Damit würden sie Europa in dieser Situation im Grunde genommen alleinlassen.
Mölling: "Ob das ein Deal ist, weiß ich nicht. Ich glaube erstens, der Deal kommt gar nicht zustande und wenn er zustande kommt, ist er extrem fragil."
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