Grönland und die USA: Verdacht auf Spionage durch Trump-Regierung

Spionageverdacht auf Grönland:Furcht vor Spionage durch Trump-Regierung

Porträt von Henner Hebestreit, ZDF-Landesstudioleiter Kiel und damit zuständiger Korrespondent für Skandinavien
von Henner Hebestreit
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Die Spione, die in die Kälte kommen, gelangen vielleicht über Facebook nach Grönland. Diesen Eindruck teilen zuletzt viele Menschen in der ehemaligen dänischen Kolonie.

US-Flagge vor Arktischen Kommando auf Grönland
Grönland und Dänemark befürchten Einflussnahme durch US-Geheimdienste. Über Soziale Medien wie Facebook sollen die USA Spionage betreiben.
Quelle: epa

Seit sich US-Präsident Donald Trump wie eine Kettensäge durch die Nachkriegsordnung fräst, trauen selbst die treuesten Verbündeten den USA dunkle Absichten zu. Vor allem das Verhältnis mit dem kleinen, aber stolzen Dänemark ist anfällig geworden für große Nervosität. Der Grund: Trumps Ansprüche auf die ehemalige dänische Kolonie Grönland.
Jüngster Anlass: seine angebliche Order, US-Geheimdienste in Grönland von der Kette zu lassen.
Grönland
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Dänischer Verdacht: USA spionieren über Soziale Medien

Die Spione, die angeblich in die Kälte kommen, könnten vielleicht schon über Facebook Grönland erreicht haben. Diesen Eindruck teilten in den letzten Tagen viele Menschen in der ehemaligen dänischen Kolonie.
Kaum hatte die angesehene US-Zeitung Wall Street Journal darüber geschrieben, dass die Vereinigten Staaten ihre Geheimdienstaktivitäten in Grönland hochfahren wollten, da tauchten auf der Social Media Plattform des Meta-Konzerns Anzeigen eines neu gegründeten Facebook-Accounts auf, der sich als Fanseite bezeichnete und Grönlands Fahne als Porträt-Foto führte. Inzwischen hat der Account ganze 115 Follower und 69 "Gefällt mir"-Angaben.

Das Ziel: US-Sympathisanten identifizieren?

Trotz dieser überschaubaren Gefolgschaft im Netz hat "Deine Stimme ist wichtig", wie sich der Account übersetzt nennt, drei bezahlte Werbeanzeigen platziert. Sie alle wurden in grönländischer Sprache formuliert und drehen sich um das Verhältnis Grönlands zu den USA.
Gefragt wird zum Beispiel ganz unschuldig, ob der geneigte Leser der Meinung sei, Grönlands militärische Zusammenarbeit mit den USA sei verbesserungswürdig.
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Kritik an Inseraten auf Facebook

Für Signe Ravn-Højgaard, Gründerin und Direktorin des dänischen Thinktanks "Digital Infrastructure", sind die Anzeigen sehr ungewöhnlich: "Diese Inserate auf Facebook, das auf Grönland das meistgenutzte Soziale Netzwerk ist, erreichen für wenig Geld die Mehrzahl der aktiven Facebook Nutzer dort", sagte sie dem dänischen Sender TV2.
Es sei zwar völlig unklar, wer dahintersteckt, aber man müsse es ernst nehmen, so Ravn-Højgaard, denn der Zeitpunkt so kurz nach ersten Berichten über verstärkte US-amerikanische Spionageaktivitäten sei schon eine Provokation.

Meinung der Grönländer ist wichtig

Ziel der Geheimdienstaktivitäten der Trump-Regierung auf Grönland sei - so das Wall Street Journal - Mittel und Wege zu finden, den Grönländern eine Zuwendung Richtung USA schmackhaft zu machen. Donald Trump hatte mit seinem Imponiergehabe der letzten Monate eher das Gegenteil erreicht: Auf der Insel schlossen die Parteien nach der Parlamentswahl im Frühjahr ihre Reihen und betonten Grönlands Eigenständigkeit und den Wunsch nach weiterer Zusammenarbeit mit dem Mutterland Dänemark.
Vizepräsident JD Vance gestikuliert bei der Besichtigung der Weltraumbasis Pituffik
Inmitten des Streits um den von US-Präsident Trump erhobenen Gebietsanspruch auf Grönland besucht sein Stellvertreter JD Vance mit seiner Frau eine US-Militärbasis auf der Insel.28.03.2025 | 2:49 min

Dänemark empört über angebliche Spionage

Dort reagierte man auf die jüngsten Medienberichte, angeblich vom großen amerikanischen Nato-Partner auf Grönland ausspioniert zu werden, entsprechend aufgeregt. Dänemarks Regierungs-Chefin Mette Frederiksen wetterte auf einem Gipfeltreffen der nordischen und baltischen Staaten in Oslo:

Freunde bespitzeln einander nicht!

Mette Frederiksen, Ministerpräsidentin Dänemark

Auch wurde Jennifer Hall Godfrey, die Geschäftsträgerin der US-Botschaft in Kopenhagen, ins Außenministerium zitiert, wo sie der Abteilungsleiterin Jeppe Tranholm-Mikkelsen Rede und Antwort stehen musste. Um ganz klarzumachen, dass man in Kopenhagen nicht ohne Grönland über Grönland zu reden geneigt sei, saß auch noch ein Abgesandter von der Eisinsel mit am Tisch.

König Frederik besucht Grönland
:Mit Krone und Charme gegen Donald Trump

Dänemark hat im Kampf um Grönland etwas, worauf der US-Präsident neidisch sein dürfte: einen auf Grönland beliebten König. Und der spielt die Verbundenheit demonstrativ aus.
von Winnie Heescher
Dänemarks König Frederik und Grönlands Premierminister kommen in Nuuk, Grönland an.
mit Video

Bündnis zum Schutz gegen US-amerikanische Aktivitäten

Das immer nervöser werdende Dänemark macht sich jetzt groß, kümmert sich um diplomatischen Rückhalt gegenüber den fremd gewordenen US-Freunden: An den Gesprächen der Regierungschefs aus Skandinavien und den baltischen Staaten wurden erstmals auch die Premierminister aus Grönland, den Faröer Inseln, der Niederlande und Großbritanniens beteiligt. Es ging allgemein um Sicherheit und Stabilität auf Nord- und Ostsee - vor allem aber um die Einbeziehung der beteiligten Staaten in die Vorgänge im hohen Norden und der Arktis.

Diskussion um US-Konsulat auf Grönland

Angesichts einer solchen Phalanx befreundeter Staaten konnte es sich die Regierung ins Kopenhagen leisten, weiterreichende Forderungen einzelner Parlamentarier erstmal auf Eis zu legen: Diese hatten verlangt, Washingtons Konsulat auf Grönland umgehend zu schließen.
Dänemarks König Frederik X. auf Grönland
König Frederik zu Besuch in der grönländischen Hauptstadt Nuuk: Dort wird er - anders als US-Vizepräsident Vance - offiziell empfangen.30.04.2025 | 2:01 min
Das bekommt gerade einen Neubau, der die schmucke, aber dezente Holzbude ersetzen soll, von der aus jahrelang die US-Interessen vertreten wurden. Das neue Konsulat im Regierungsviertel von Grönlands Hauptstadt Nuuk wird deutlich größer und bietet wohl auch reichlich Platz für Spione, die angeblich in die Kälte kommen.

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